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Cluburlaub. The Horror!

Nachdem ich mich jahrelang – ach was: jahrzehntelang erfolgreich dagegen gewehrt habe, hat meine Holde nunmehr einen so fantastischen Freundschaftspreis in einem dieser Clubs ergattert, dass ich nurmehr qualitative, jedoch keinerlei quantitativen Gegenargumente mehr aufbringen konnte, und mich letztlich geschlagen gab. Cluburlaub also. Nach einer sehr (!) relaxten Woche auf einem kleinen Schiff entlang der Türkischen Küste (ich kann Schiff und Kapitän nur wärmstens empfehlen und gebe gerne die Kontaktdaten weiter) landeten wir also schlussendlich im Robinson Club Sarigerme.

Meine festgefahrenen Vorurteile: In Clubs gehen dir gutgelaunte Ronald Mac Donalds so lange auf die Nüsse, bis du dir entnervt eine Poolnudel schnappst und die Aquagymnastik mitmachst. Um es vorwegzunehmen: Das war nicht der Fall. Es war nicht so schlimm, sondern anders schlimm.
So ein Club ist ein kleines Stück Deutschland in der großen weiten Welt. Man spricht Deutsch, trinkt deutsch und verhält sich deutsch. So werden bspw. die ersten Handtücher gegen 06 Uhr morgens ausgeworfen – ab 07:30 ist der Strand mit TUI-blauem Frottee gepflastert.
Der typische Cluburlauber sucht sich das Urlaubsziel nicht nach der Attraktivität des bereisten Landes aus, sondern nach dem Sportangebot seines Clubs – oft weiß er nach 2-3 Tagen gar nicht mehr, in welchem Land er sich eigentlich befindet, weil er ausschließlich in Clubs Urlaub macht, und die sehen ja alle gleich aus. Gewiefte Clubberer können allerdings aus den Namensschildchen des einheimischen Putz- und Buffetpersonals immerhin Rückschlüsse auf den Kontinent ziehen, auf dem sie sich gerade befinden.

In „unserem“ Club gab es zweierlei Besucherkategorien:

1.: Die Älteren: Die Älteren waren so zwischen 40 und 70 Jahre alt. Die Männer überwiegend Chefarzt, Steuer- oder Unternehmensberater. Golf und Tennis. Oder Katamaran. Die Frauen jeweils die Ehefrauen der Männer (bei sehr großem Altersunterschied vermutlich Sprechstundenhilfe oder Assistenzkraft).

2.: Die Jüngeren: Extrem durchtrainierte, gutaussehende, smarte Männer in Begleitung von Top-Models in Stringtangas oder Fitnesstrainerinnen in Hot Pants. Der bloße Anblick ließ mich verschämt den Blick auf meine Wampe richten und rot anlaufen. Nicht schön!

Altersunabhängig kleidet der Herr sich durchgängig in unglaublich sympathiegeladene Marken wie Hollister, Camp David, Ralph Lauren oder Abercrombie&Fitch. Wichtig jeweils der aufgestellte Polohemdkragen. Die Marken der von den Ladies getragenen Stringtangas konnte ich ohne Lesebrille leider nicht identifizieren.

Der Cluburlauber fährt in den Club, um im Urlaub keine Sehnsucht nach dem heimischen Fitness-Center aufkommen zu lassen. Unser Club hatte 9 Stockwerke und erinnerte ein wenig an die sozialistischen Prachtbauten entlang der Frankfurter Allee. Neben den Wohnetagen gab es eine „Wellfit-Ebene“, eine „Body und Soul Ebene“, eine „Spa Ebene“, eine „WWF Mudwrestling & Fight Club Ebene“, eine Bogenschießanlage, 20 Tennisplätze, ein riesengroßes Wassersportcenter und eine Poolnudelcorner. Dumm nur, wenn man, wie wir, am falschen Tag anreist und die entsprechenden Einweisungskurse verpasst. Dann darf man nämlich weder am Bogenschießen, noch am Wassersport teilnehmen und muss 2-3 Tage warten, bis der nächste Kurs beginnt. Cluburlaub ist Fitnesstraining bei 40 Grad im Schatten! Und anschließend: Essen!

Das Essen! Die vielen verbrannten Kalorien wollen ja wieder irgendwie zurückkehren. Deswegen kann man im Club den ganzen Tag essen: Frühstück von 7:00-11:00, Mittagessen ab 12:00 im Hauptrestaurant, an der Poolbar und an der Strandbar, dann der Nachmittagssnack, das Abendessen, der Mitternachtssnack. Buffets so groß, dass sie sich am Horizont verlieren. Schade nur, dass das Hauptrestaurant im 4. Stockwerk des Plattenbaus liegt und Charme und Akustik einer Aussegnungshalle hat. Will man in einem der kleineren Restaurants unter freiem Himmel essen, zahlt man zum eh schon happigen All Inclusive-Preis noch einmal um die 25 Euro (pro Person) dazu. Selbst auf die zum Hauptrestaurant gehörige Terrasse kommt man nur, wenn man eine Flasche Wein ordert (und bezahlt), obwohl recht gute Weine im Preis inbegriffen sind.

Überhaupt: „All Inclusive“ ist nur so eine Halbwahrheit. Nicht nur bei den Restaurants zahlt man auf, wenn man es netter haben möchte, auch die morgendliche Radtour wird nur gegen Geld angeboten. Surfboards und Katamarane darf ich zwar kostenlos leihen, aber nur wenn ich einen offiziellen VDWS-Schein vorweisen kann. Falls nicht, muss ich einen Kurs mitmachen, der mich wieder ca. 200 EUR kostet. Fährt einer der „Robins“ vom Wassersportzentrum mit einem aus, so kostet das 30 EUR. Und zwar nicht für den Kat, sondern pro Person! Trainerstunden beim Tennis kosten happig extra. Ein kostenloses Gruppentraining gibt es nicht. Usw. Usw. Nutzt man diese kostenpflichtigen Angebote ausgiebig, kommt schnell noch mal ein vierstelliger Betrag auf den „All Inclusive“ Preis oben drauf.

Ein Bericht über einen Cluburlaub wäre natürlich vollkommen unvollständig ohne eine kurze Bemerkung über das Abendprogramm. Die freundlichen Animateure sind ja alle auch Tänzer, Schauspieler, Sänger und Akrobaten und jeden Abend wird eine Show aufgeführt. Wir waren nur bei einer Show, die war aber erstaunlich gut (angelehnt an Stomp, Blue Man Group & Co). Nach Beendigung der Showtime wird auf dem „Schachbrett“ (die türkische Übersetzung gefiel mir besser: „Dans Pisti“) der Clubtanz vor- bzw. aufgeführt. Den kann man nicht beschreiben. Den muss man gesehen haben. Ich werde das jetzt morgens in der Firma einführen, fürs Wir-Gefühl.

Nach dem Clubtanz ist man dann dem freundlichen sächsischen Chefanimateur Patrik ausgeliefert. Club heißt ja Wir-Gefühl, deswegen ist es absolut nicht vorgesehen, sich der Party zu entziehen und irgendwo nett ein Glas Wein zu trinken, mit den Kids Karten zu spielen oder zu lesen. Vielmehr soll man sich rund um die Tanzpiste scharen, auf der jeden ! verdammten ! Abend ! irgendwann Helene Fischer mit „Atemlos durch die Nacht“ gespielt wurde. Psychoterror!

Fazit: Wer gerne reist, um Land und Leute kennen zu lernen, wer auch einmal mit unvorhergesehenen Geschehnissen umgehen kann und möchte, wer kleine, schnuckelige lokale Restaurants und Cafés kennen lernen möchte, der ist im Club falsch. Wer gerne Sport treibt, isst und jeden Abend Party machen möchte, es dabei schön warm haben will und auf jeden Fall Deutsche Sitten und Tugenden nicht daheim lassen möchte, der ist im Club sicherlich gut aufgehoben.

Istanbul united

Weil es überall ja derzeit nur um Fußball geht, schreibe ich gegen den Trend einmal eine Filmrezension. Derzeit laufen nämlich die Filmfestspiele in München, und da war ich heute bei der Deutschlandpremiere von Istanbul United, einem Film von Farid Eslam und Olli Waldhauer

Ein Dokumentarfilm über Kameradschaft in schwierigen politischen Zeiten, über Hass zwischen rivalisierenden Gruppen, über den türkischen Frühling, Taksim und die Protestbewegung. Und über Ultras. Ein beeindruckender Film.

Die erste halbe Stunde des Films zeigt fast nur Bilder aus den Kurven der 3 großen türkischen Vereine Besiktas, Galatasaray und Fenerbahce, das Zusammenhaltsgefühl, die gemeinsamen Emotionen, Corteos, Fangesänge. Man sieht nie etwas vom Spiel, die Kamera ist immer mitten in der Kurve zwischen den Ultras. Führende Mitglieder der jeweiligen Ultragruppierungen werden vorgestellt und berichten über ihren „Werdegang“ vom Kind, das mit dem Vater zum Fußball ging hin zum fanatischen Fan.

Die zweite halbe Stunde zeigt den ungebremsten Hass zwischen den Anhängern der Vereine. Krasse Aussagen und Zitate. Ein türkischer Sportjournalist berichtet über eine Messerstecherei zwischen Ultras, bei der ein 17-Jähriger ums Leben kam. Üble Jagdszenen auf den Straßen werden gezeigt.

Und dann der eigentliche Aufhänger des Films – die Proteste auf dem Taksim Platz und im Gezi Park. Das menschenverachtende, faschistoide Vorgehen der Polizei und des (immer noch regierenden) Türkischen Ministerpräsidenten Erdogan. Die Filmemacher waren live dabei und haben in den Tränengaswolken gefilmt.

Und dann ein kleines Wunder: Die drei verfeindeten Fangruppen marschieren gemeinsam auf dem Taksim ein und unterstützen die Protestierenden. Schulter an Schulter. Tränengas- und Polizeiprügelerfahren. Ein typischer Fangesang aller drei Vereine wird immer wieder skandiert: „Nehmt Eure Helme ab, werft eure Schlagstöcke weg, und dann sehen wir, wer gewinnt!“. Ein bisschen wie bei John Wayne, wenn die Kavallerie einreitet. Echte Gänsehautmomente. Gegen die Feindschaft der Vereine in Istanbul sind Schalke und BVB ein Liebespaar – und dann singen die gemeinsam.

Nun, das Ende der Geschichte ist ja bekannt. Herr Erdogan hat seine Truppen forciert und die Demokratie vom Taksim vertrieben – aber in der Türkei hat sich etwas verändert. In den Stadien wird von allen Anhängern immer wieder „Überall ist Taksim, überall ist Widerstand!“ skandiert.

Der Film endet mit dem ersten Derby zwischen Besiktas und Galatasaray nach dem Protest, ein Derby, das im Chaos endete. Besiktas lag mit 1:2 im Rückstand, es war die dritte Minute der Nachspielzeit, als der Galatasaray-Spieler Felipe Melo ein Foul beging und die Rote Karte sah. Während das Publikum Slogans der Gezi-Protestbewegung brüllte, stürmten Hunderte mit Plastikstühlen und Fahnenstangen das Spielfeld. Spieler und Schiedsrichter flüchteten in die Kabinen. Polizei zog auf und schoss (wieder einmal) mit Tränengas. Die Besiktas-Ultras („Carsi“) sind die einzigen der drei Fangruppierungen, die sich offiziell zum Gezi-Protest bekannten und werden von Erdogan seitdem als Terroristen verfolgt. Der im Film gezeigte Capo wurde mit als erster verhaftet.

Farid Eslam und Olli Waldhauer haben hinterher noch ausgesprochen interessant aus dem Nähkästchen geplaudert. Darüber, dass man schlechterdings nicht mit Gasmasken in Istanbul einreisen konnte und deswegen mit Taucherbrillen und Lackierermasken gefilmt hat. Die Brillen halfen, die Masken nicht. Man hört im Film öfters mal Eslam hinter der Kamera kotzen. Man gewöhne sich aber mit der Zeit an das Tränengas, sagte er. Regisseur Eslam musste selbst filmen, weil der istanbuler Kameramann am ersten Tag bereits verhaftet wurde und dann vier Tage hinter Gittern saß. Auf die Frage aus dem Publikum, ob die Polizei denn nicht versucht hätte, zu verhindern, dass die Gewaltszenen gefilmt werden meinte Waldhauser trocken: Doch, wir sind eben sehr viel gerannt in den Tagen vor Ort.

In der Q&A-Runde berichteten die beiden Filmemacher auch über ihre jeweilige Motivation, den Film zu machen. Eslam (deutschstämmiger Türke, der allerdings nie in der Türkei lebte) ging es darum, die Protestbewegung aus einer ungewöhnlichen Perspektive zu zeigen. Waldhauer ist hardcore Fußballfan (eines Kölner Vereins) und ihm ging es darum, die Geschichte aus Sicht der Ultras zu zeigen (als die Moderatorin der Fragerunde dann berichtete, dass er FC-Fan ist, erklärte sich mir auch der FC-Wimpel, der am Arbeitsplatz des Galatasaray-Capos hing 😉 ).

Last not least: Das Publikum passte zum Film. München United. Die Cosa Nostra saß friedlich hinter der Schickeria.

Wer sich für gute Dokus (nagutttäh – und vielleicht ein kleines bisschen für Fußballszene) interessiert, sollte da hingehen. Der läuft im Herbst hier an!

Concerts to Come (Punk Rulez OK!)

+++kleiner Werbeblog+++

In meiner kleinen Rezension über die Barb Wire Dolls schrieb ich ja schon mal kurz über den Stefan Lampertius und seine kleinen aber feinen Konzerte.

Nachdem jetzt das Programm für 2014 weitgehend steht, hier eine kurze Übersicht. Ich kann nur sagen: „Hingehen!“ – das sind alles kleine Juweleninseln im Mainstreamozean. Ihr werdet mich dann auch beim überwiegenden Teil der Konzerte treffen:

Donnerstag, 4. September um 20:00
(Die Band, die bei den Dolls als Vorgruppe gerockt hat! Unbedingt anhören)

Mittwoch, 10. September um 20:00

Mittwoch, 24. September um 20:00

Kein Lampertius-Konzert, sondern präsentiert von Visions & Vice, aber trotzdem ein Sahneschnittchen:
THE OFF @ STROM
Dienstag, 21. Oktober um 21:30

Montag, 27. Oktober um 20:00

Freitag, 31. Oktober um 20:00

Samstag, 8. November um 20:00

Donnerstag, 13. November um 20:00

Donnerstag, 4. Dezember um 20:00
(darauf freue ich mich schon besonders! The Old Farts Are united 🙂 )

Also raus aus dem Sofa und rein in den Mosh Pit! Unterstützt die Bands, die leben davon. Und unterstützt den Veranstalter, der trägt das Risiko privat

* Die Links verweisen alle auf die Münchener Facebook-Veranstaltungsseite MUFT (Musik -und Filmtreff); wird Zeit, dass sich Stefan mal eine Domain schnappt und eine eigene Website aufbaut. Das sieht ja konzerttechnisch durchaus nach Wachstum des Kommunikationsbedarfs aus

Ich mag mein Haar – mein Haar mag Guhl!

Black Label Society 24.6.2014 im Backstage

You can’t kill the metal
Metal will live on
Punk Rock tried to kill the metal
But they failed as they were smite to the ground
New Wave tried to kill the metal
But they failed as they were stricken down to the ground
Grunge tried to kill the metal
They failed as they were thrown to the ground
No one can destroy the metal
The metal will strike you down with a vicious blow
(TenaciousD, The Metal)

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Ein Metal Konzert also. Eigentlich so gar nicht mein Ding. Immer, wenn mir etwas bei einer Metal Band gefällt, sagen die eingefleischten Metalheads mir, das sei das schlimmste Stück der Band und eigentlich gar kein Metal. Mein Lieblingsstück von Motörhead ist der Whorehouse Blues, und das ist ganz definitiv kein Metal.

Aber man soll ja immer nach allen Seiten schön offen bleiben und nachdem Zakk Wylde der spirituelle Führer meines alten Kumpels Chris ist, und der auch gleich noch Tickets für die ganze Familie organisiert hat (danke, Chris!), war es eher so eine Art Familienausflug mit Vorglühen im Augustiner, da kann man schon auch mal Metal anhören, zumal der Zakk ja mal beim Ozzy gespielt hat und irgendwie sterben die alten Headbanger ja alle aus und werden von diesen AC-100BPM-Fuzzis verdrängt; von diesen austauschbaren Typen mit Föhnfrisur.

Womit wir beim eigentlichen Thema wären: Haare! Überall! Bei Allen! Im Publikum und auf der Bühne! Sie fliegen in wunderschönen Bögen zu den dröhnenden Rhythmen durch die Luft und wirbeln sprühnebelgleich kleine Schweißtropfen durch den Raum. Ganz wunderbar und überaus beeindruckend und besser als jedes künstlich hereingerauchte Trockeneis.

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Der Leadsänger und Gitarrist natürlich an allererster Stelle, aber auch sein Bassist und die zweite Gitarre standen ihm kaum nach. Nur der Drummer verweigert sich mit seinem Stoppelschnitt. Drummer scheinen da ganz eigen zu sein! Ist ja zum Beispiel bei ZZ Top auch so. Kurzhaarschnitt my Ass! Geht doch gar nicht, das zerstört die ganze Stimmung! Schämen sollten die sich!

Am besten wirken die Haare, wenn sie dekorativ wie ein Wasserfall vor dem Gesicht hängen. Ein Haarfall statt Haarausfall!

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Ob Metaller auch Extensions tragen? Ob Zakk sich von Heidi Klum umstylen ließe, um ein Foto zu kriegen? Sicher nicht! Das sind noch so knarzige Urgesteine, bei denen die Tattoos nicht aus Henna sind und in den Bärten Lebensmittelvorräte für 4 Wochen eingelagert sind.

Und diese Posen! Wahnsinn! Da sind Männer noch Männer und sie führen ihren Clan ins Konzert und geben dort alles bis zum letzten Bluts- nein Schweißtropfen.

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Gegen Ende des Konzertes, wenn die Luftfeuchtigkeit im kleinen Raum und die Ausdünstungen von Publikum und Musikern das ihre getan haben, hat man dann sogar Gelegenheit, in die erschöpften Gesichter dieser hart kämpfenden Krieger zu blicken. Wem es da nicht eiskalt den Rücken herunterläuft, der ist ein gefühlskalter Eisbrocken!

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Es war ein ganz wunderbar archaischer Abend, an den mich seit gestern 22 Uhr auch ein permanentes Pfeifen im rechten Ohr erinnert. Der Mensch am Mischpult arbeitet nämlich ganz offensichtlich nebenbei in der Kartoffelbreiküche von Pfanni und hat erfolgreich versucht, seine beiden Arbeitsplätze miteinander zu kombinieren. Hauptsache laut. Nach dem glasklaren Sound bei Rodrigo Y Gabriela vor einigen Tagen war ich schon erstaunt, was für einen Akustikquark man in exakt dem gleichen Venue produzieren kann. Chapeau!

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Zur Musik kann ich nicht so viel sagen. Das wäre unfair,  Metal ist eigentlich so gar nicht mein Ding. Ihre Instrumente haben die auf jeden Fall alle tippitoppi beherrscht und mein alter Metalhead-Kumpel Chris hatte nach dem Konzert Tränen in den Augen und beschimpfte noch auf der Heimfahrt in der S-Bahn solche Poser wie Jim Morrison und Kurt Cobain. No one can destroy the metal…

Rodrigo Y Gabriela 30.5.2014 Backstage Werk

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Habt ihr schon einmal eine Haarnadel in eine Steckdose gesteckt und euch einen tierischen elektrischen Schlag eingefangen? Ich schon. Im Alter von 4 Jahren im Badezimmer meiner Oma. Erzählungen meiner Mutter zufolge standen mir die Haare zu Berge und ich hatte Gänsehaut am ganzen Körper.

Ich hatte dieses energetische Gefühl schon fast vergessen, bis es sich gestern abend wieder einstellte. Bei Rodrigo Sánchez und Gabriela Quintero, den beiden Mexikanern, die das Gitarre Spielen neu erfunden haben. Während andere Gitarristen ihre Instrumente als Saiteninstrumente verstehen bzw. verwenden und entsprechend Akkorde greifen, ihr im Fingerpicking Style oder mit dem Bottleneck Klänge entlocken, hat man bei Rod Y Gab das Gefühl, da stünde eine Metal Band mit Percussion auf der Bühne (was wenig verwundert, spielten die beiden doch einst gemeinsam in der Thrash-Metal-Band Tierra Acida).

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Gabriela Quintero spielt nicht einfach Rhythmusgitarre – sie webt einen unglaublich kreativen Klangteppich aus Akkorden und Percussion auf dem Gitarrenkörper in einer Geschwindigkeit, die es einem unmöglich macht, zu verfolgen, was sie da eigentlich tut. Sanchez bearbeitet die Saiten ebenfalls in atemberaubender Geschwindigkeit, zupft, spielt Barré-Akkorde, bringt die Gitarre nicht nur zum Singen, sondern zum Hüpfen und Jubeln.

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Pünktlichst um 20:30 betraten die beiden die Bühne und zündeten ein zweistündiges Feuerwerk ab. Zunächst überwiegend von der neuen Scheibe, 9 Dead Alive, später auch von den älteren Alben. Glasklarer Sound (was bei zwei Gitarren wenig verwunderlich ist), laut ausgesteuert. Letzteres notwendig, um die Guitar Percussion wirken zu lassen, ohne auf Dauer die Gitarren zu zerstören. Besonders nett war es, die Interaktion der beiden untereinander zu sehen. Die hatten ganz offensichtlich sehr viel Spaß beim Spielen, haben immer wieder kleine Späßchen in ihre gemeinsamen Impros eingebaut. Das genaue Gegenteil von den derzeit gehäuft tourenden alten Säcken aus den 80ern und 90ern, die ihr Repertoire abdudeln, um die Kasse zu füllen.

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Das Münchner Publikum, über das ich ja immer wieder einmal gerne schimpfe, zeigte sich ebenfalls von seiner besten Seite. Da wurden 6/8 Rhythmen mitgeklatscht und die Akteure auf der Bühne von Song zu Song getrieben. Und in 30 Minuten Zugabe. Und Rodrigo dazu, auch einmal zu singen. Angestachelt von Gabriela und dem Publikum wurde gemeinsam Creep von Radiohead angestimmt.

Highlight der Bühnenshow für alle Gitarren-Afficionados: Über den Stegen der beiden Gitarren waren kleine Kameras angebracht, die das Fingergewusel live auf die Leinwand projiziert haben.

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Wie man in dieser Geschwindigkeit 2 Stunden non-stop Gitarre spielen kann, wird mir als Tastenquäler immer ein Geheimnis bleiben. Ich ziehe meinen Sombrero und verneige mich vor den besten Live-Solo-Gitarristen seit Di Meola, Mc Laughlin, und De Lucia

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Barb Wire Dolls in der Garage, 8.5.2014

Am Donnerstag war ich seit einer gefühlten Ewigkeit wieder einmal in einem fantastisches Punkkonzert! (dass ich das noch einmal im Jahr 2014 schreiben darf! Ein gutes Punk(!) Konzert im neuen Jahrtausend). Die Barb Wire Dolls sind so etwas wie die Zukunft des Punk, oder mindestens die Gegenwart. Hier in der OX wurde 2013 ein instruktives Interview mit der Band veröffentlicht, die zwar nicht unbedingt eine politische Mission verfolgt, aber definitiv eine musikalische: Den Punk wiederbeleben!

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Auch die Location hierfür war perfekt gewählt: Die Garage Deluxe, deren Besitzer, Romy, sich auf die Fahnen geschrieben hat, gute, viel zu unbekannte Bands nach München zu holen, für die Backstage, Strom oder Firewerk bereits zu groß sind (er hat sich natürlich auch auf die Fahnen geschrieben, guten alten, leider in der Vergessenheit versunkenen Bands wieder eine Plattform zu bieten, aber das tut hier nix zur Sache).

Nach München geholt hat die Dolls dankenswerterweise wieder einmal Stefan Lampertius, der Self-Made-Konzertveranstalter, der vor einigen Jahren noch braver Banker war und heute tolle Punk-Bands wie vor einigen Wochen 999 oder vorgestern die Dolls nach München holt. Stefan (herzlichen Glückwunsch zum im Konzert gefeierten Geburtstag noch einmal!) verfolgt die gleiche Mission, wie die Dolls: Den Punk wiederbeleben.

Gestern ist der Zusammenarbeit von Band, Location und Veranstalter genau dies gelungen! Ein ganz tolles, druckvolles Konzert, so wie es sich gehört. Pogo vor der Bühne und Bands mit sichtlichem Spaß am Spielen. Mit Isis Queen haben die Dolls eine sehr charismatische Frontfrau mit Spaß am Performen und einer kräftigen Stimme. Dass sie in ihrem kurzen Punk-Outfit zudem noch sehr gut aussieht (kennt noch jemand die Replikantin aus Blade Runner?) ist dem Gesamtbild sicherlich auch nicht abträglich. Im Vordergrund stand dennoch ganz eindeutig – auch wenn einige der Jungs mit ihrem Iro gestern wie paralysiert dastanden und die Sängerin anstarrten – die Musik!

Als Vorgruppe spielte eine stark von The Clash beeinflusste Band aus Argentinien – The Argies. „Vorgruppe“ ist hier sicherlich der falsche Ausdruck. Die Jungs spielten deutlich über eine Stunde und haben eine Bombenshow abgezogen.

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Tja: 250 EUR für die Rolling Stones Dinosaurier? 100 EUR für Black Sabbath? 4 Wellenbrecher und Light-Bier aus Pappbechern? Nein Danke! Eine ordentliche Halbe bei Romy am Tresen und dann nach dem Konzert noch mit der Band quatschen und sich die CD signieren lassen. So gehört sich das!

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Und zum Schluss noch einer für meinen Kumpel Chris: Glückliche Gäste mit glücklichen Musikern (Dolls-Gitarrist Pyn Doll)

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Du schaffst das, Lance!

Lance Lopez ist einer der besten lebenden Blues-Gitarristen (siehe meinen Konzertbericht hier im Blog). Er hatte – so steht es in seiner Biographie – lange Zeit immer wieder mit Drogenproblemen zu kämpfen, ich dachte allerdings, er habe diese nun endgültig überwunden. Falsch gedacht!

Lance ist auf Facebook und Twitter recht aktiv und lässt uns dort an seinen Konzerten und an seinem Familienleben (Frau und Kinder) teilhaben. Auf Facebook erschien heute nun folgendes Posting:

LanceFB-Post

Musik und Drogen. Eine wohl nie enden wollende traurige Beziehung. Gottseidank hat er wohl ein stabiles Umfeld, das ihn unterstützt. Ich drücke Lance beide Daumen, dass er diesen schwierigen Kampf gewinnen und uns noch viele musikalische Highlights bescheren möge!

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Update (Mai/2014): Lance ist wieder da, er hat abgenommen, sieht 5 Jahre jünger aus und spielt wieder. Ich drücke sämtliche verfügbaren Daumen, dass er jetzt die Finger von Drugs und Booze lässt. Nachdem die Summe aller Laster ja immer eine Konstante ist, kann er dann mehr Energie in Rock’n’Roll – und was auch immer noch so Spaß macht – investieren 😉

Falsches Urteil, UEFA!

Man stelle sich folgendes vor: In der Schulklasse – heutzutage in München nicht unter 35 Schülern zu haben – wird wenige Tage vor der lang geplanten und heiß ersehnten Klassenfahrt der Lehrer mit heruntergelassenen Hosen an die Tafel gemalt, untertitelt mit dem Wort „Schwul!“. Der/die Täter(in) lässt sich nicht ermitteln – es ist nicht einmal klar, ob es sich beim Täter um einen Schüler der entsprechenden Klasse handelt. Der Rektor beschließt darauf zunächst, sämtliche Klassenfahrten der Jahrgangsstufe zu verbieten, lässt sich dann jedoch davon überzeugen, „nur“ alle Schüler der entsprechenden Klasse zu bestrafen, indem er die Klassenkasse einzieht und die Klassenfahrt absagt.

Abstrus? Zu Hart? Nun – genau so hat heute die UEFA den FC Bayern bestraft. Einige Hohlköpfe hatten beim Hinspiel gegen Arsenal im Block 124 ein vielleicht 2,00 m x 1,50 m kleines handbemaltes Leinentuch hochgehalten, auf dem ein Londoner Spieler mit heruntergelassenen Hosen vor einer Kanone zu sehen war. Untertitelt war das Machwerk mit den Worten „Gay Gunners“ und „Tirol“. Um in einem Fußballstadion mit einem Fassungsvermögen von 70.000 Menschen aufzufallen, war dieses Handtuch – im Nachhinein muss man wohl sagen „leider“ – zu unscheinbar, so dass Ordner und Verein (die in Zeiten des Hoeneß-Urteils derzeit schon akribisch genau prüfen, welche Banner mit welchen Inhalten wo aufgehängt werden) nicht reagiert haben. Überhaupt kenne ich niemanden, dem das fragwürdige Transparent während des Spiels aufgefallen wäre.

Delikat ist die Tatsache, dass es sich bei Block 124 nicht etwa um einen Block der Südkurve handelt, deren eigenartigen schalbehangenen, hoodietragenden, fanatischen Gestalten man derlei ja latent stets zutraut, sondern vielmehr um einen sog. Sponsorenblock – den Block, in dem sonst während der Bundesligaspiele mehrere Angestellte eines Telekommunikations-konzerns ein weißes „T“ bilden. Einen Block, für den man i.d.R. Karten über diesen Sponsoren bekommt. Einen Block, in dem i.d.R. Geschäftspartner und Firmenfreunde sitzen, aber wohl nur sehr sehr selten echte Fans.

Die UEFA hat nun wie folgt geurteilt:

UEFA-Urteil zum „Gay Gunners“ Plakat
UEFA Champions League round of 16 second leg: FC Bayern München 1-1 Arsenal FC, 11 March 2014Discriminatory behaviour of Bayern supporters (Article 14 UEFA Disciplinary Regulations) and the displaying of an illicit banner (Article 16(2e) DR).The UEFA Control and Disciplinary Body has decided:

To order the partial closure of the Fußball Arena München. In particular, the closure of sector 124 for Bayern’s next UEFA competition home match, namely their UEFA Champions League quarter-final second leg against Manchester United FC on 9 April.

To fine the German club €10,000 for the displaying of an illicit banner.

Quelle

Im Gespräch soll angeblich sogar die gesamte Sperre des Unterrangs der Gegengerade gewesen sein.

Nun ist es durchaus richtig, dass es sich hier nicht um ein Kavaliersdelikt handelt. Das Transparent war (einmal abgesehen davon, dass es extrem schlecht gezeichnet und umgesetzt war. Ich kann den angeblich dargestellten Özil nicht wirklich erkennen) ebenso dumm wie homophob und gehört weder ins Stadion, noch zu einem Spiel der UEFA, die sich aktiv gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzt. Deswegen jedoch einen kompletten Stadionblock zu sperren ist abstrus und schießt – bleiben wir beim Bild der Gunners –mit Kanonen auf Spatzen.

Erst durch die Medien erhielt das Machwerk überhaupt die Öffentlichkeit, die es nie verdient hätte (Daily Mail, Mirror).

Angemessen wäre es gewesen, dem FC Bayern Gelegenheit zu geben, die Täter zu ermitteln und anzuklagen. Auch eine Geldstrafe als Spende an eine schwule oder lesbische Organisation wäre denkbar gewesen. Aber eine komplette Blocksperre? Die Bestrafung von 100% unschuldigen Zuschauern (die ja bereits ein Ticket für den Block erworben haben, zumal es unwahrscheinlich ist, dass die Täter im Viertelfinale wieder im Block anzutreffen sind) und die Bestrafung eines Vereins und einer Fanszene, die wohl weniger homophob ist, als die der meisten anderen Vereine – als Beleg möge die gute Zusammenarbeit des schwul-lesbischen Fanclubs Queerpass mit der gesamten sonstigen Fanszene dienen – ist schlicht eine wenig durchdachte und falsche Reaktion.

Queerpass hat auf den Vorfall meines Erachtens übrigens angemessener reagiert, als die UEFA!

Queerpass

Die Debatte ist auf Twitter derzeit noch in vollem Gange. Die Befürworter der harten Strafe argumentieren mit der abschreckenden Wirkung des Urteils und mit der ausgebliebenen Reaktion des Vereins/der Ordner während des Spiels. Das lässt sich nicht von der Hand weisen, ist aber etwa so, als würde ich mein Haus in die Luft sprengen, um endlich das Ungeziefer loszuwerden.

Die zentrale Frage ist wohl, ob der Verein, bzw. die Ordner als dessen Exekutive, das kleine, ekelhafte Plakat überhaupt bemerkt und dennoch nicht reagiert haben. Nachdem das UEFA-Urteil nun heute verkündet (und bislang vom Verein nicht angefochten) wurde, dürfte diese Frage wohl aber unbeantwortet bleiben.

It’s not a blog – it’s a failure!

Nein. Nicht noch ein Bayernblog. Auch kein Musikblog. Im Moment auch noch nicht ein einziger Beitrag über Single Malts. Und für ein Spreeblick 2.0 fehlt mir eindeutig das Potential eines Johnny Häusler. Eigentlich also gar kein Blog. Eher so eine Art „Online-Buddelkiste“, ein html-Spielplatz.

Ich hatte gerade ein paar Minuten (na gut – Stunden) über, der Rasen war gemäht, Bayern spielte gerade nicht, was zu twittern war, war getwittert und es gab keine aktuellen Marschbefehle von der Holden. Da meldete sich dieser kleine Teufel, der irgendwo in der hintersten Hirnrinde meine interne To-Do-Liste verwaltet: „Craggan“, sagte er, „Du wolltest seit Jahren mal eine Website bauen, um zumindest mal wieder auf Bauchnabelhöhe mit dem Rest deiner bloggenden und programmierenden Nerdfreunde zu sein. Das wäre doch jetzt die Gelegenheit!“. Anfangs habe ich mich noch ein wenig geziert. „Ach was, lass mich in Ruhe! Meine letzten html-Programmiererfahrungen liegen fast 20 Jahre zurück, und ich weiß auch gar nicht, was ich dann da schreiben soll!“. Das konnte den Todolisten-Plagegeist allerdings nicht überzeugen. „Du bist den ganzen Tag online. Du schreibst z.T. ellenlange Beiträge in irgendwelchen Foren und die 140 Zeichen bei Twitter reichen dir oft hinten und vorne nicht. Und du wolltest mal eine Website programmieren. Remember?“. Tja, da hatte er wohl Recht.

Hier bin ich nun. Dank einiger freundlicher Hinweise aus dem Geek-Umfeld habe ich jetzt einen ziemlich gut funktionierenden, beeindruckend leicht zu verwaltenden (und vor allem kostenlosen) Hostinger-Account für Lau, meine eigene .de-Domain für nen schlappen Zehner und einen kleinen Zeh in der großen WordPress-Tür. Wenn schon, denn schon! Nach den ersten Gehversuchen auf Zeta Producer (einem ebenfalls kostenlosen und viel viel komfortabler zu bedienenden html-Editor) habe ich mich dann doch schließlich für WordPress entschieden. Wenn auf dem Haufen schon so viele Bloggerfliegen sitzen, kann er ja nicht ganz verkehrt sein und der angestrebte Lerneffekt ist höher. Aber, wie gesagt, ich kratze noch an der Oberfläche, also stört euch bitte nicht am noch sehr rumpeligen Design. Wie gerne hätte ich ein passendes Bild über jeder Menu-Kategorie, wie gerne würde ich das Twenty Fourteen-Grün in ein amtliches Rot verwandeln, aber das wird sicherlich noch.

Zu den Inhalten, die ihr hier jetzt bereits findet (was ja für ein neues Blog eher ungewöhnlich ist) stehen 2 Zeilen im WTF.

Viel Spaß – ich freue  mich auf Feedback!