Alle Beiträge von Craggan

Et Resurrexit

Mit Verwunderung stelle ich fest, dass mein letzter Beitrag hier bereits ein halbes Jahrzehnt alt ist. mein Gott, was ist in dieser Zeit alles passiert…

Diese Site hier habe ich seinerzeit ja nicht als Blog (sendungsbewußt) aufgebaut, sondern eher, weil ich diverse Inhalte irgendwo sichern wollte und mal sehen wollte, ob ich das mit diesem WordPress hinbekomme. Gesendet habe ich eher auf Twitter (heute X – da musste man ja leider seine Zelte abbrechen – danke für nichts Elon!) und heute auf Bluesky.

Ich denke aber mal drüber nach, ob ich das hier nicht doch irgendwie wieder revitalisiere. Wenn Euch was produktives einfällt, meldet Euch!

Work. Life. Balance?

Heute ist Karfreitag. Ich habe soeben ein WebEx Meeting beendet und bearbeite jetzt bis Ostermontag mit meinem Kundenteam auf einem Shared Doc einen Vertragsentwurf (ja, der ist schon eilig – wir haben uns alle nicht darum gerissen, um 08:00 am Rechner zu sitzen). Ich möchte nicht behaupten, dass so etwas vor Corona nicht vorgekommen ist, üblicherweise war es allerdings ein kleiner Kreis von Top-Level Leuten, die so gearbeitet haben.

Nach 2 Wochen Lockdown kontaktieren mich meine Kunden – und zwar auf allen Hierarchieebenen – mehr oder minder 24/7.

Was ist passiert?

Die arbeitstätige Bevölkerung sitzt zu Hause. Das Homeoffice ist am Küchentisch eingerichtet (sprich: Das Laptop steht da und ist online). Die Grenzen zwischen „Jobtime“ und „Private Time“ verschwimmen zunehmend. Niemand steht hinter Dir und schaut Dir über die Schulter, ob Du auch wirklich arbeitest, etwas „Produktives“ tust und ob Du das, was Du machst, auch gut genug machst.

Es ist vollkommen egal, ob Du am Wochentag mit einem Glas Wein auf dem Balkon sitzt, oder am Feiertag arbeitest. Das, was erledigt werden muss, muss in der richtigen Qualität zum richtigen Zeitpunkt erledigt sein. Der Rest ist egal. Man hört auf, zu arbeiten, wenn man merkt, dass man mental unproduktiv wird und macht stattdessen Sport. Man setzt sich mit seiner Aufgabe auch am Abend oder am Wochenende an den Tisch, wenn man gerade eine gute Idee zum Thema hat. Weil man die Freiheit hat, sich seine Arbeit und sein Privatleben zeitlich einzuteilen.

Uns langsam dämmert es einem, dass „Work Life Balance“ nicht bedeutet, dass man „schon“ um 18h das Büro verlässt, um die Kinder noch kurz zu sehen, bevor sie im Bett liegen, sondern dass es auch bedeuten kann, dass man sich seine Zeit freier und sinnvoller einteilt. Dass man ausreichend Freizeit hat und dennoch vielleicht sogar mehr und produktiver arbeitet als jemals zuvor. Und vielleicht sogar noch mehr Spaß an der Arbeit hat, als jemals zuvor.

Viele meiner Kunden – speziell große Unternehmen – haben bislang „Homeoffice“ strikt abgelehnt. Meine Hoffnung ist, dass gerade diese Unternehmen ihre Sicht auf den „produktiven Einsatz der Ressource Mensch“ zukünftig einmal grundsätzlich auf den Prüfstand stellen.

Vielleicht hatte Corona neben all dem Schrecklichen dann auch etwas Gutes.

Tartifletterezept

Oi! Soulfood! Oder eher nourriture d’âme? Auf jeden Fall Kalorien en masse! Danke, Joel, für den Tipp. Es geht um einen französischen Kartoffelauflauf namens Tartiflette und handelt sich damit um ein Tartifletterezept. Selbiges benötigt nur wenige, aber dafür sehr hüftintensive Zutaten

1kg Kartoffeln festkochend
3 Becher Créme fraiche
100 ml Weißwein (nicht zu viel Säure!)
500g Reblochon
2 Zwiebeln
500g Schinkenspeck

Das Rezept ist erschreckend einfach dafür, dass man nach Genuss einer mittleren Portion etwa 1/2 Tag paralysiert wie ein Maikäfer auf dem Rücken liegt und nach Schnaps wimmert:

Die Kartoffeln schälen und in dünne Scheiben (etwa 5mm) schneiden. Es gibt verschiedene Rezepte. Die einen kochen die Kartoffeln kurz, die anderen braten sie an, wieder andere lassen sie roh. Ich habe mich für letzteres entschieden, weil das a) einen Arbeitsgang spart und b) die Stärke aus den Sartoffeln dann gleich die Sauce bindet.

Die Creme Fraiche wird gesalzen, gepfeffert und eine Knofizehe (mit der man vorher die Auflaufform ausgerieben hat) kommt fein gewürfelt dazu.

Die Kartoffelscheiben kommen dann in die mit Butter und der Knofizehe ausgeriebene Auflaufform. Immer, wenn eine Schicht Kartoffeln liegt, kommt eine dünne Schicht Creme Fraiche darüber. Bei mir ergab das 3 Kartoffel-CF-Schichten.

Die Form kommt bei 200C in den Herd und bleibt dort für 45 Minuten. Entgegen einiger Rezepte habe ich da nix umgerührt. Rechtzeitig vor Ablauf der Zeit, würfelt man die Zwiebeln und brät erst den Speck an und gibt dann die Zwiebeln dazu, bis sie glasig sind.

Sobald die Dreiviertelstunde rum ist, zieht man diese Mischung zusammen mit dem Wein unter den Auflauf. Aber vorsichtig, damit die Kartoffeln nicht zerbrechen. Darauf kommen dick die Reblochonscheiben, denn es ist ja eine Kartoffelreblochontartiflette.

Das ganze kommt wieder in den Ofen, diesmal ohne Deckel für nochmals so 10-15 Minuten.

Danach waren bei  mir die Kartoffeln genau durch, ohne zu zerbrechen und Wein, Creme Fraiche, Kartoffelstärke und Käse haben sich zu einer ziemlich genialen Mischung verbunden.

War sehr lecker!

(beim nächsten mal experimentiere ich hier wohl mit etwas Muskatnuss, einem Spritzer Zitrone und einigen Kräutern der Provence)

Burmese Days – Pt. 6 Heimreise, Fazit und Reisetipps

31.10.-3.11.
Life’s a beach

Am 31.10. ging es mit dem Taxi vom Lake Inle wieder nach Heho, von dort aus pünktlichst (Abflug und Ankunft jeweils 15“ vor Schedule) nach Thandwe, dem „Strand-Flughafen“. Im Südwesten von Myanmar gibt es tolle Strände. Ngapali ist einer der bekanntesten.

Dort haben wir uns 4 Nächte eingebucht und außer Baden, Essen, Trinken undwasmansonstnochsoamstrandmacht gar nix gemacht. Ein Strand aus superfeinem Zuckersand, ohne störende Steine, eine harmonische Mischung aus Touristen und burmesischen Urlaubern, kristallblaues warmes Wasser. Das ließ echt keinerlei Wünsche offen.

 

 

4.-6.11.
Heimweg in Etappen

Am 4.11. wurden wir viel zu früh am Hotel abgeholt und zum nahe gelegenen Airport gefahren. War aber ganz gut, denn als alle da waren, sind wir einfach losgeflogen (diesmal eine gute halbe Stunde vor ETD). Noch ein Abend in Yangon in der wunderbaren Atlas Rooftop Bar den Urlaub bei einigen gut gemixten Cocktails mit Blick über die Stadt ausklingen lassen. Am 5.11. nochmal kurz zum Kandgawy Lake spaziert, unser abgebranntes Hotel von Tag Eins besichtigt, etwas am Pool gechillt und abends dann von Yangon über Bangkok und Frankfurt nach München zurück.

Eine Abreise mit zwei Zwischenstops ist nur etwas für sehr sehr zähe und geduldige Menschen. Ich bin weder zäh noch geduldig, aber ich wollte nach Hause und da hat der Wille die Mimose überstimmt. Deswegen erspare ich euch auch das Gejammere über die Heimreise mit 1h Flug, 4h Zwischenstop, 11h Flug, weiteren 2,5h Stopover und noch einer Stunde Flug.

 

Fazit und Reisetipps

Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, nach Myanmar zu reisen! Ein wunderbares Land, das sich gerade mit viel Schwung dem Tourismus öffnet, dabei aber noch ausgesprochen ursprünglich geblieben ist und viele der üblichen Bequemlichkeiten noch nicht bietet: Kaum einer spricht verständliches Englisch, es gibt nicht an jeder Ecke einen Pub oder ein KFC, außerhalb der Tourismuszentren gibt es nur wenig Infrastruktur. Dafür wimmelt es, mit wenigen Ausnahmen, nicht überall vor Touristen, man sieht noch Ochsenkarren und Bananenblattdächer, die Händler sind nicht über Gebühr aufdringlich und nicht jeder, der einen anspricht, will einem etwas verkaufen.

Wir haben große Teile des Landes gar nicht gesehen (Myanmar ist etwa doppelt so groß wie Deutschland). Gerne wären wir z.B. Noch in den Chin State weiter in Richtung Norden gereist, oder hätten uns ganz im Süden das Mayk Atoll angesehen.

Im Großen und Ganzen würden wir wohl den Reiseablauf wieder so planen, wie wir ihn hier realisiert haben. Am ehesten kann man Mandalay auslassen. Das ist eine Großstadt und lediglich die Mahamouni-Pagode sowie das Teakholz-Kloster sind wirklich sehenswert und lohnen sich (man muss hier der guten Ordnung halber ergänzen, dass wir nicht im Süden im Ancient Kingdom und bei der U-Bein-Bridge waren. Wenn man den Reisestress etwas reduzieren will, kann man nach Mrauk U direkt von Yangon nach Bagan fliegen und die gewonnene Zeit lieber am Lake Inle investieren, da hätte es noch interessante Optionen gegeben.

Hier noch einmal für die, die es interessiert, unser Reiseplan:

Mein Highlight war bereits ganz am Anfang der Rundreise Mrauk U. So zeitraubend es war, mit Flugzeug und 5h den Fluß entlang dort hin zu reisen, so schön war die Flussfahrt. Die Tempel dort waren nicht weniger beeindruckend, als die in Bagan. Wirr waren die einzigen Touristen weit und breit und man fühlte sich wirklich in der Zeit 100 Jahre zurückversetzt. Fahrt da unbedingt hin, falls ihr mal nach Myanmar fahren solltet!

Die Reiserei an sich war überhaupt kein Problem. Wir haben ja alles selber geplant und z.T. vorab gebucht, z.T. auch vor Ort improvisiert. Von insgesamt 12 (!) Flügen in diesem Urlaub waren – mit Ausnahme der Lufthansa – alle Flüge absolut pünktlich und öfters auch überpünktlich (Abflug, wenn alle da waren, Landung dann eben 30 Minuten vor Plan). Der Sitzabstand war in allen burmesischen Airlines – Myanmar National, Yadarnapron, KBZ, FMI, … – so, dass ich mit meinen 1,92 superbequem überall sitzen konnte. Das Fluggerät war immer sehr neu (überwiegend Bombardier ATR-72). Die Taxipreise sind extrem niedrig, man sollte aber vorher den Preis vereinbaren (Yangon Airport in die Stadt 10.000 kyt, Mandalay Airport in die Stadt 30.000 kyt, Heho Airport zum See 30-40.000 kyt. Innerhalb der Städte immer zwischen 2.000 und 5.000 kyt. Mandalay ist teuerer, als Yangon).

Touren bucht man am Besten vor Ort. Im Lonely Planet steht für jeden Ort immer mindestens ein verlässlicher Tour Operator. Wir haben den Boots-Transfer nach Mrauk U über Onestop Myanmar gebucht – ich habe noch nie eine Agentur erlebt, die so schnell und kompetent arbeitet wie die. Kann ich uneingeschränkt empfehlen. Kurz: Es ist überhaupt kein Problem, sich in Myanmar auf eigene Faust durchzuschlagen und gleichzeitig den organisierten Touren der beflissenen Studiosusse und Dr. Tiggesse aus dem Weg zu gehen

Eine SIM Card bekommt man direkt am Flughafen für kleinstes Geld. 7,5 GB für 30.000 kyt. Ich hatte bei Abreise gerade mal 2 GB verbraucht, obwohl ich überall Netz hatte und viel online war (google Maps saves a lot of days!).

In den älteren Reiseführern wird darauf hingewiesen, dass man besser mit einer dicken Tasche voll Bargeld durch Myanmar reisen solle, weil es außerhalb der Großstädte keinerlei Möglichkeit gäbe, Geld abzuheben. Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Es gibt überall ATMs, selbst auf dem Lake Inle, oder in Hotelanlagen, so dass man seinen Geldbestand immer wieder auffüllen kann (ich erinnere mich ja noch an Zeiten, in denen man mit Reiseschecks unterwegs sein musste. Dagegen ist das heute der krasse Luxus!). Zu dünn darf das Geldpolster allerdings auch nicht sein, denn Karten werden selten akzeptiert, funktionieren nur in der Hälfte der Fälle (bei meiner MasterCard kam häufig „Format Error -30“) und werden regelmäßig mit einem Aufschlag von 3-3,7% bestraft.

Ein Hinweis für die Spiegeleifanatiker und Tischkulturisten: Es ist in Myanmar vollkommen unüblich, Eier glibberfrei „well done“ zu braten. Man muss daneben stehen und sein Ei bewachen, bis es well done ist. Abgeräumt wird zum Schluss. Man sitzt vor 10 leeren Bierflaschen, Vor- Haupt- und Nachspeisetellern, bis man das Restaurant verlässt. Alles andere wird als unhöflich betrachtet. Und man bestellt – wie überall in Asien – zu seinen Hauptspeisen den Reis und ggf. Gemüse extra. Wir haben öfters entrüstete Touristen beobachtet, die vor ihrem reislosen Curry saßen und die Bedienung strafend ansahen.

Last not least noch einige Gedanken zur politischen Lage in Myanmar: Die Demokratie ist noch ein junges Pflänzchen. Myanmar war über Jahrzehnte eine unschöne Militärdiktatur und die ersten seitens der UNO als „frei“ bestätigten Wahlen haben gerade einmal 2016 stattgefunden. Die Demokratisierung findet nur statt, weil sie vom Militär geduldet wird und das Militär spielt nach wie vor eine entscheidende Rolle im Land. Als Damoklesschwert schwebt es über der gewählten Regierung und kann jederzeit wieder die Macht übernehmen. Nicht zuletzt entzieht der Militärapparat dem Land auch heute noch Geld und Intelligenz. Die gut ausgebildete Jugend macht nach wie vor dort Karriere und nicht in der freien Wirtschaft.

Das zweite große Problem des Landes neben dem Militär ist die Vielfalt der konkurrierenden Volksstämme. In Myanmar werden hunderte von Sprachen gesprochen, gibt es die unterschiedlichsten Clans und Religionen, auch wenn Buddhismus die Staatsreligion ist. In dieser komplexen Gemengelage muss man Aung Sung Su Ki bewundern, wie sie unter komplettem Verzicht auf eigene Komfortzonen mit viel Fingerspitzengefühl das Land steuert. Die aktuelle Verfolgung der Rohinja kann sie aus meiner Sicht nicht ohne weiteres unterbinden, ohne den gesamten politischen Fortschritt der vergangenen 10 Jahre wieder aufs Spiel zu stellen.

Wir hoffen sehr, dass sich Myanmar weiter öffnet und demokratisiert. Ein wunderbares Land mit fantastischen Sehenswürdigkeiten und auf jeden Fall mehr als nur eine einzige Reise wert.

Burmese Days – Pt. 5 Lake Inle

29.10.
Off to Lake Inle

Abfahrt um 8:00, der Flughafen lag gottseidank nur eine Viertelstunde entfernt, und um 09:35 startete unser Flug von Bagan nach Heho. Wie alle Flüge bislang auf die Minute pünktlich. Passagiere raus, Passagiere rein und ab dafür. Umdrehzeit inkl. Tanken und Boarding keine halbe Stunde.

Heho liegt auf 1.300m im Norden des malerischen Lake Inle, der eingebettet zwischen Bergen auf ca. 500m liegt. Man fährt etwa 1h Serpentinen herab bis Nyaung Shwe, dem Backpacker-Zentrum dieser Region, die u.a. für interessante Hiking-Touren durch die Berge und einsam gelegene Dörfer bekannt ist. In Nyaung Shwe haben wir den Taxifahrer gebeten, kurz anzuhalten, um bei einem der Tour-Anbieter-Outlets die Bootstour für den kommenden Tag zu buchen. Die Hotels bieten genau die gleichen Touren auch an, verdoppeln aber immer die Preise (unsere Ganztages-Tour mit eigenem Boot kostete z.B. 25.000 ky =15€, im Hotel wurde die gleiche Tour für 35$ = 30€ angeboten).

Wir hatten ein Hotel direkt am See gebucht und mussten von Nyaung Shwe aus noch etwa 1/2h ein Stück weiter in Richtung Süden das Ostufer hinunter.

Am frühen Nachmittag angekommen, war es uns deutlich zu früh, um faul am Pool zu liegen, außerdem hatten wir hier (leider) nur 2 Nächte eingeplant. Deswegen haben wir uns einen der berühmten Lake-Inle-Einbeinruderer angeheuert, uns eine Stunde über den See zu fahren. Der kam, musterte mich und fuhr erst mal wieder ab, um ein etwas größeres Kanu zu organisieren, das dann auch etwas weniger wackelig war, als die Reispapierkonstruktion, auf der er da anfangs angerudert kam.

Man sieht überall auf dem See wirklich noch Fischer mit großen Reusen und Netzen, die auf einem Bein hinten auf ihrem Kanu balancieren, beide Hände zum Fischen frei haben und die Balance mit Hilfe des zweiten Beines, das um das Ruder geklemmt ist, halten. Stand Up Paddeling ist Kinderkacke dagegen!

Man beachte das FC Bayern Trikot

Kontrapunkt zu den idyllischen Einbeinruderern sind die Motorkanus – das Äquivalent zum ÖPNV. Es gibt regelrechte Highways auf dem See, auf denen sich die Boote mit beeindruckender Gischt hinter dem Außenborder aneinanderreihen. Leider machen die auch einen Höllenlärm. Jedes einzelne Motorboot klingt in etwa wie ein 20er Jahre Bulldog und gibt oft auch ähnlich schwarze Abgaswolken ab.

Unser einbeiniger Ausflug war auf jeden Fall schon einmal eine schöne Art, am See „anzukommen“

30.10.
Wir fahren übern See, übern See

Heute stand dann unsere Bootstour auf dem Programm. Die Tour, die jeder Reisende macht, wenn er an den Inle-See fährt:

Zunächst nach In Dein. Ein verschlafenes Nest im Südsüdwesten abseits des Sees. Man verlässt den See und fährt über ein enges Fluss-System weit in Richtung Westen quer durch schwimmende Gärten, in denen Gemüse aller Art angebaut wird.

Man durchquert Dörfer, die komplett auf Stelzen gebaut sind (es mutet ein wenig venezianisch an) und wird vom Fahrer erst einmal an einer Silberschmiede abgesetzt, wo man ja theoretisch etwas kaufen könnte, und dann an einer Weberei, wo man ja theoretisch ebenfalls etwas kaufen könnte. Sollte man aber nicht, denn den gleichen Kram bekommt man später auf den Märkten etwa 20-30% günstiger angeboten.

Der Lake Inle ist ein Schmelztigel vieler verschiedener Volksgruppen und in der besuchten Weberei arbeiteten zwei Frauen, deren Hälse mit Eisenringen auf eine beeindruckende Länge gestreckt wurden, an Tüchern mit einem ganz eigenen Design. War schon sehr interessant.

Dann ging es weiter nach In Dein. Erst einmal vor lauter Touristenbooten einen Anlegeplatz zu finden, war gar nicht so trivial. Haben wir aber auch geschafft.

Wir hatten Glück, denn der 5-Day-Market, ein Markt, der rund um den See rotiert und jeden Tag etwas weiter wandert, fand an diesem Tag genau dort statt. Der Markt besteht aus zwei Teilen: Ein großer Teil mit Tüchern, Silberwaren und Schnitzereien (Hauptprodukte der Region) – im Wesentlichen für die Touristen; sowie ein kleinerer Teil mit Lebensmitteln für die Einheimischen. Die Ansprache durch die Händlerinnen im Touristenteil ist im Vergleich zu anderen Ländern noch vergleichsweise dezent.

Eigentliche Attraktion von In Dein und Grund dafür, dass dieser Ort Pflichtprogramm ist, ist eine alte Tempelanlage, die z.T. Verfallen und überwuchert, z.T. gut in Schuss ist und sich z.T. noch im Bau befindet.

Mitten im Wald eine solche Ansammlung glänzender Stupas zu finden, ist schon überraschend.

Nach einer recht idyllischen Wanderung vom hoch gelegenen Kloster den Fluss entlang zurück zum Boot und einer kurzen Mittagspause, baten wir unseren Fahrer, uns noch zu einem Ceroot-Hersteller und zu einer Lotus-Weberei zu fahren.

Ich hatte von „Ceroots“, den einzigartigen burmesischen Zigarillos, zum ersten mal in Orwells Burmese Days (Namenspatron dieses Reisetagebuchs) gelesen und dann in meinem Lonely Planet gesehen, dass diese am Lake Inle hergestellt werden. Ganz im Süden des Sees gibt es ein „Artisan Village“ mit vielen Handwerksbetrieben, u.a. auch einer Ceroot-Manufaktur.

Der Herstellungsprozess ist anders, als bei klassischen Zigarren. Die Deckblätter werden erst gerollt und dann gestopft. Der Tabak wird u.a. mit Pfefferminze oder Banane versetzt. Ich habe Banane probiert und muss sagen: Das ist gar nicht schlecht!

Die Holde las in ihrem Führer, dass am Lake Inle Garn aus Lotusstengeln hergestellt wird und wollte das gerne einmal sehen. Wir also zum nächsten Handwerksbetrieb weitergetuckert. War hochinteressant!

Für ein Tuch aus Lotusgarn benötigt man Sage und Schreibe 8.000 bis 10.000 Lotusstengel. Diese werden alle 10-15cm aufgeschnitten und auseinandergezogen, dabei ziehen sie hauchdünne Fäden, die dann sorgsam entnommen, verdreht und verwoben werden.

Das Endprodukt ist weicher als Seide, leider aber auch teuerer als diese – ca. 300$ für ein Lotustuch war uns dann leider doch zu teuer.

Nach Silberschmiede, Weberei, Ceroot-Faktur und Lotusweberei ging es noch in eine Schmiede. Auch hier – wie überall – noch absolut archaische Produktionsprozesse. Kein Dampfhammer, sondern nur Vorschlaghämmer. Man fühlte sich in jeder einzelnen Manufaktur in längst vergangene, vorindustrielle Zeiten zurückversetzt.

Weiter ging es zu einem Tempel, in dem kleine Figuren von Buddha und seinen 3 Schülern verehrt werden. Durch die zentimeterdicken Blattgoldschichten sieht man von den ursprünglichen Formen der Figuren nichts mehr. Sie sehen eher aus wie aufeinandergeschichtete Knödel oder Nanas von Nicki de Saint Phalle.

Neben dem Tempel gab es die Royal barches zu besichtigen. Große Boote, die von Langbooten gezogen werden. Einmal im Jahr gibt es eine Parade. Fragt mich nicht, warum sie sich ausgerechnet für Hühner als Galeonsfiguren entschieden haben.

Zum Schluss dann nochmal ein Kloster auf einer Insel im See. Früher haben die Mönchen den vielen Katzen, die dort (immer noch) leben beigebracht, durch einen Ring zu springen. Nachdem im Volksmund das Kloster dann bereits „jumping cat monastery“ hieß, hat man damit aber wieder aufgehört. Ist ja schließlich immer noch ein Kloster und kein Zirkus.

War ein launiger Tag auf dem See. Sehr empfehlenswert!

Burmese Days – Pt. 4 Bagan

27.10.
The Early Bird Catches The Sun

Bagan muss man sich als weite grüne Ebene mit Wiesen und Bäumen vorstellen, in die diverse Herrscher rund um die erste Jahrtausendwende hunderte Tempelanlagen aus Ziegelstein gebaut haben oder besser haben bauen lassen. In Summe ergibt das heute ein sehr malerisches Gesamtbild in dem man – vollkommen unabhängig vom Standort – in allen vier Himmelsrichtungen Pagoden sieht.

Viele dieser Gebäude haben bemerkenswerte Geschichten, die sich bestens für ein Game Of Thrones Prequel eignen würden. Da wurden Königreiche erobert, Könige eingesperrt, Väter, Mütter, Schwiegersöhne und natürlich Ehefrauen ermordet oder Sklaven die Arme abgehackt, wenn sie beim Mauern zu große Lücken zwischen den Steinen ließen (eine Maßnahme, die mir seinerzeit beim Bau unseres Hauses auch schon einmal in den Sinn kam).

Die meisten Tempel sind ähnlich aufgebaut: Viereckig, innen ein Rundgang, in der Mitte ein Quadrat in dem in jeder Himmelsrichtung ein Buddha sitzt und einen anlächelt. Außen 1-2 Terrassen, die heute im Wesentlichen zum Betrachten von Sonnenauf- und untergängen genutzt werden.

Vor den wichtigeren Tempeln reihen sich Stände von Souvenirverkäufern, die zwar noch nicht so aufdringlich sind wie z.B. in Ägypten, aber einem doch zunehmend auf die Nerven gehen. Der Ablauf ist immer: „Where do you come from?“ „Germany? Guten Tag!“ „let me show you this temple“ (daraufhin kleben sie wie Pech an deinen Hacken und du wirst sie nicht mehr los) und schließlich „now you have a look at my goods“. Wir sind dazu über gegangen, auf die Frage „where are you from?“ mit „Kamchatka“ zu antworten. Das hat sie etwas verwirrt und man wurde nicht mit deutschen Brocken beworfen („langsam langsam“, „Achtung Kopf“ …).

Unter den Husslern sind sehr viele Kinder, die einen mit traurigen Knopfaugen anschauen und Postkarten und selbst gemalte Bildchen verkaufen wollen. Man hat natürlich Mitleid, aber wenn man dann kauft, unterstützt man es quasi, dass sie statt zur Schule zu gehen einen schnellen Kyat machen wollen. Also Hände weg.

Es sind zwar buddhistische Tempel, aber mir ging doch irgendwann eine Bibelstelle durch den Kopf:

Dann ging Jesus in den Tempel, jagte alle Händler und Käufer hinaus, stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenverkäufer um und rief ihnen zu: »Ihr wisst doch, was Gott in der Heiligen Schrift sagt: ›Mein Haus soll ein Ort des Gebets sein‹, ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus! (Matthäus 21,12)

Besonders berühmt ist Bagan für seine Sonnenauf- und Untergänge, die man sich entweder aus einem Heißluftballon (45 Minuten kosten pro Person 350 USD…) oder von einer der höheren Pagoden aus ansieht. Der Wecker klingelte also um 05:15 Uhr. Die als Geheimtip gehandelte Law Ka Oushong Pagode war um 05:40 bereits überfüllt, aber wir hatten Glück und ein einheimischer Junge aus der Gilde der Bilderverkäufer (s.o.) nahm uns mit zu einem „secret place“, eine namenlose Pagode mitten im Grünen abseits der ausgetretenen Pfade. Dort saß auch nur eine Handvoll Menschen.

Der Sonnenaufgang war fantastisch. Zuerst färbt sich der gesamte Himmel lila und rosa, dann erscheint ein glutroter Ball, der alles in rötliche Farben hüllt. Zwischen den Pagoden steigt der Nebel auf. Nach einer weile sprenkeln Heißluftballons den Himmel. Absolut einmalig.

Nach einem herzhaften Frühstück sind wir dann auf unseren E-Bikes so lange von Tempel zu Tempel gehüpft, bis uns der Kopf vor lauter Buddhas und Wandmalereien schwirrte. Nachmittags ein kurzer Abstecher an den Iryawaddy auf einen Drink.

Abends noch nach Nyaung U, das aber außer vielen Straßen-Restaurants und Hostels nicht viel zu bieten hat.

 

28.10.
Another Day in Pagodise

Ausgeschlafen und erst um 08h gefrühstückt. Das ist der pure Luxus auf so ner Bildungsreise. Die Tochter ist ja aktuell 4 Monate mit dem Rucksack in Asien unterwegs und hat ihre Aufstehzeiten hier drüben von 14:00 auf 05:30 verlagert. Abends wird es dunkel und wenn man nicht in irgendeiner Party Zone unterwegs ist (Full Moon auf Koh Phangan oder so), passt man sich relativ schnell dem Rhythmus der Einheimischen an, steht ziemlich früh auf, denn da ist es a. hell, b. noch angenehm kühl und c. das Licht ist gut zum Fotografieren (letzteres ist kein primäres Argument für die Einheimischen). Der Abend ist dafür so gegen 22-23h auch gelaufen.

Wir also in Richtung Westen nach Minnanthu, da haben wir einige der insgesamt 3.000 Pagoden noch nicht inspiziert. Mein Hauptziel war ein immer noch aktives buddhistisches Kloster, das in ein Höhlensystem hineingebaut ist. In maulwurfartig gegrabene Stollen, in denen ich nicht aufrecht stehen konnte, waren Nischen gehauen, in denen Pritschen standen. Irgendwo gab es eine Art Küche – es lag ein Haufen Zwiebeln herum und daneben ein schiefer Turm aus Steinguttellern. Willkommen im frühen Mittelalter! Relativ bald mussten wir Tag 2 abbrechen, weil 50% der 2-Personen-Reisegruppe akute Verdauungsprobleme hatten. Also Loo und Pool bis Nachmittags. War aber gar nicht so schlimm, weil wir damit der Mittagshitze gut ein Schnäppchen geschlagen haben. Gegen 16:00 dann nochmal E-Scooter gemietet und zum Sonnenuntergang-Schauen auf die Bulethi Pagode.

Als Tourist darfst Du hier – anders als überall sonst in Asien – keine 125ccm Mofas leihen, sondern nur elektrisch betriebene Scooter, die so ca. 60 km/h fahren, also ausreichend schnell, und keinerlei Lärm oder Abgase von sich geben. Damit, oder mit einem Mountainbike (kann man auch leihen, ist aber um einiges teuerer, als die E-Scooter) düst Du dann von Pagode zu Pagode. Man ist viel schneller, als in Pferdekutsche, Ochsenkarren oder auch Jeep (weil man besser um die Schlaglöcher kurven kann), hat Fahrtwind und kommt überall hin. Tolle Sache!

Wir also mit den Scootern zur Pagode, ca. eine Stunde vor Sonnenuntergang da, es war aber schon mächtig was los. Eine bunte Mischung aus Japanern, Italienern, Franzosen und anderen Nationalitäten saß harmonisch dicht an dicht. Die einzigen, die Stress gemacht haben, waren natürlich Deutsche („hey, ei waz hier först“, „ju kennot ztent zer!“, „Klaus, komm her, hier ist noch Platz!“ (da war kein Platz mehr…). Naja, ihr kennt das. Um es kurz zu machen: Der Sonnenuntergang war nix. Die Sonne verschwand vollkommen unspektakulär hinter einer Wolkenbank und ward nicht wieder gesehen.

Um den Tag abzurunden sind wir noch zu einer Pagode, die wir immer nur von oben gesehen haben und die interessant und anders aussah, als alle anderen, nämlich wie eine weiße Pyramide. Maha Bodi. Es sei „indischer Stil“ sagt Lonely Planet. Hat sich auf jeden Fall noch mal gelohnt.

Wir sind abschließend wieder auf unser Barboot, die Erawati Raft, und haben da das verdiente Feierabend-Myanmar getrunken.

Burmese Days – Pt. 3 Mandalay

 

24.10.
Road To Mandalay

Wieder ein Reisetag. Wie gesagt – der Ausflug ins Paradies muss teuer mit Reisezeit erkauft werden. Das Boot wartete pünktlich um 8 Uhr am Steg des Hotels. 13:00 Ankunft in Sittwe. Auf dem Weg zum Flughafen klingelt das Handy des Fahrers. Er dreht sich um: „did you forget something on the boat? Something small, like a telefone?“ – mein GPS wurde mir dann auf dem Moped hinterhergefahren. Ehrlicher geht’s nicht.

Es gibt keinen Flug von Sittwe nach Mandalay. Also müssen wir erst wieder in den Süden nach Yangoon, um dann wieder in den Norden nach Mandalay zu fliegen. Beide Flüge mit KBZ, Gepäck durchchecken ging aber dennoch nicht, wenn ich den Menschen am Check In Schalter richtig verstanden habe. Was schwierig war, denn 1. sprach er kein Englisch und 2. hatte er den Mund gestrichen voll mit Betelnüssen.

Der Sitzabstand in der burmesischen KBZ war deutlich weiter, als in der Deutschen Lufthansa. Meine Befürchtungen, die Flüge im Lotussitz verbringen zu müssen, war unbegründet. Ebenso wie die Befürchtung, die 90 Minuten Übergangszeit könnten knapp werden. Alles klappte wie am Schnürchen.

Um 21:00 dann endlich am Hotel. Ein gesichtsloser Bunker downtown 78. Ecke 31. Der erste Eindruck von der Stadt eher bescheiden. Beton, Verkehr, Lärm. Mal sehen, wie das bei Tageslicht wird. Burmese Days – Pt. 3 Mandalay weiterlesen

Burmese Days – Pt. 2 MraukU

21.10.
Der Weg ist das Ziel

Wer Goethes Italienische Reise gelesen hat, weiß, was ich meine. Auf einer Strecke, die unsereiner mittlerweile an einem guten halben Tag zurücklegt (außerhalb der Ferienzeit; wochentags) hatte er die Zeit, einen ganzen Bestseller zu schreiben. An unserem nächsten Zielort wird schon seit längerem ein Flughafen geplant. Bis zur Realisierung desselben ist der Ort nur beschwerlich erreichbar (nein, nicht Berlin). Deswegen besuchen Mrauk U (gesprochen etwa „Miau“) auch nur etwa 5.000 Touristen im Jahr, obwohl es eigentlich eine der Hauptsehenswürdigkeiten Myanmars ist. Immerhin war Mrauk U über lange Zeit Regierungssitz und damit auch Religionssitz des Landes, doch davon später.

Üblicherweise machen alle Myanmar-Touristen in etwa die gleiche Rundreise: Yangoon – Mandalay – Bagan – Lake Inle – Yangoon. Das ist alles touristisch einigermaßen erschlossen und man kommt recht kommod von a nach b. Alles, was abseits dieser Reise im Uhrzeigersinn liegt, wird schwierig. Mrauk U zu planen war SEHR schwierig. Es gibt nur einige Hostels (zu einfach) und ein Luxushotel (zu teuer). Die Anreise geht nur über Sittwe (Inlandsflug)und dann per Boot (Fähre nur Dienstag und Donnerstag) oder im Auto (keine befestigten Straßen). Wir haben dann zähneknirschend das Mrauk U Princess Resort gebucht (teuer, aber wie sich herausstellen sollte, sehr schön). Die bieten ab Sittwe auch einen Transfer in ihrem eigenen Boot an, der aber schlicht unbezahlbar ist (dafür aber mit Champagner…).

Um es kurz zu machen: Nach einiger Recherche habe ich eine nachgerade fantastische Agentur gefunden – Onestop Myanmar sei hiermit ausdrücklich empfohlen (ebendie, die auch auf den Brand hingewiesen haben). Diese haben uns einen Bootstransfer für weniger als 50% des Hotelbootpreises inkl. Abholung am Flughafen arrangiert (dafür aber ohne Champagner…).

Unser ursprünglich gebuchter Inlandsflug wurde erst einmal storniert („due to maintenance reasons the entire fleet will not operate in October“), wir haben dann auf die etwas solidere Myanmar Air umgebucht (es gibt hier um die 8 Airlines, von denen 6 in keinerlei Hinsicht Europäischen Sicherheitsanforderungen entsprechen. Flüge werden gerne storniert, verschoben oder fliegen früher. Reconfirmen der gebuchten Flüge ist Backpackerpflicht).

Die Myanmar Air verlangt, dass man für einen Inlandsflug ganze 2 Stunden vor Abflug am Flughafen sein muss. Also wieder einmal früh aufstehen, ohne Frühstück ins Taxi, am Flughafen gefrühstückt und rechtzeitig am Gate gewesen. Dumm nur, wenn man weder die burmesische noch die burmenglische Durchsage versteht. Wir wurden dann persönlich aufgefordert einzusteigen und hatten einen eigenen Bus zum Flugzeug, in dem auch schon alle Passagiere auf uns warteten. Geduldig. Wir sind in Asien.

Bei der Einreise in die Provinz Rakhine wartete trotz Inlandsflug bereits ein Immigration Officer auf uns, der Visum und Pässe prüft. Rakhine ist recht nah an den unsicheren und Nogo-Zonen, da behält man seine Reisenden lieber im Blick. Gottseidank wusste ich hier bereits, dass man unsere Destination komplett anders ausspricht, als man sie schreibt. Englisch spricht hier so gut wie niemand.

Transfer zum Boot. Abfahrt 14:00, Strecke ca. 60km flussaufwärts. Unser Boot hatte eine beeindruckende Größe und wir hatten den Kahn komplett für uns. Bilder von Bogart und Hepburn in African Queen standen vor meinem geistigen Auge, als wir majestätisch langsam den braunen Fluss hinauf entlang Kranichen, Wasserbüffeln und Reisfeldern fuhren. Nach 2-3 Stunden wurden die Holzstühle erstaunlich unbequem. 60 km Strecke und unser Boot fuhr im Schnitt ca. 12 km/h. Einfach zu errechnen, dass die angekündigten 3,5h Fahrtzeit nicht ganz realistisch waren. Um 18:00 wurde es stockfinster. Zum im Fluss schwimmenden Treibgut (Regenzeit…) und unmarkierten Untiefen gesellten sich unbeleuchtete Fischer in Kanus. Auch unser Boot war komplett unbeleuchtet. Vor dem geistigen Auge stand jetzt eher Martin Sheen in Apocalypse Now. Passt auch von der Region besser. Der Bootsjunge kletterte mit einer Taschenlampe aufs Dach, um die 50m vor dem Bug zu beleuchten. Dann endlich um kurz vor 20h der Steg des Hotels.

Man bekommt ein gutes Gefühl für Entfernungen, wenn man wie Goethe reist. Und der Hintern tut einem weh.

 

22.10.
A rainy day in Mrauk U

Der Oktober ist ein Risikomonat für Reisen nach Myanmar. Die alte Regenzeit in ihrer Schwäche zieht sich in raue Berge zurück, aber manchmal kommt eben doch ein Zyklon aus Indien um die Ecke, so zum Beispiel am 21. Oktober 2017. Bereits in der Nacht hat es gewittert, wie man das als Europäer höchstens noch vom Berg und von hoher See kennt. Es regnete dann auch mehr oder minder den ganzen Tag. Dumm gelaufen, denn genau heute war der Tag dessentwegen wir die beschwerliche Reise in den Nordwesten antraten. Hilft ja alles nichts, dann kommt zu Rucksack und Kameratasche eben noch der Regenschirm und man wünschte sich, man wäre eine hinduistische Gottheit und hätte 2 Arme mehr.

Über atemberaubend schlechte, von der Regenzeit zerfressene Lehmwege rumpelten wir im TukTuk zur Shittaung Paya, dem zweitgrößten erhaltenen Tempel (Übersetzt „Tempel der 80.000 Bilder“, weil dort 80.000 Buddhastatuen stehen/standen) – der größte Tempel (Kothaung Paya; Tempel der 90.000 Bilder. Competition my ass!) sei aufgrund der Straßenverhältnisse nicht erreichbar, hieß es. Die Tempelanlagen erinnern mit ihren dicken Wänden und schmalen Gängen an Zitadellen und manchmal auch an Bunkeranlagen. Nur mit mehr Buddhastatuen.

Mrauk U war vom 15. bis ins 18. Jahrhundert der Königssitz und das Machtzentrum im Großraum zwischen Indien und Burma. Wie auch in Europa gab es keine wirkliche Trennung zwischen Staat und Kirche und so überboten sich die Könige und deren Nachkommen beim Bau von Pagoden, Tempeln und Buddha-Statuen. Da kommt in 300 Jahren einiges zusammen.

Hunderte von Stupas – teils aus schwarz gewordenem Sandstein, teils goldverziert, teils noch überwachsen – schmiegen sich in die grüne Landschaft und stehen stolz vergoldet, restauriert, verfallen oder noch verschüttet in den grünen Hügeln und Tälern.

Die gesamte Szenerie wird belebt von bunt gekleideten Burmesen mit dreieckigen Hüten, die zu Fuß, auf Fahrrädern oder auf Mofas ihren täglichen Verrichtungen nachgehen. Durch den Regen und die vielen Spiegelungen und Lichtreflexe bekam das Ganze einen ganz eigenen Charakter. Zudem hatten wir seit 2 Tagen kein einziges westliches Gesicht gesehen. Ich fühlte mich zurückversetzt in eine längst vergangene Zeit.

Irgendwann waren wir dann nass und hatten keine Lust, noch nässer zu werden. Also zu Fuß zurück ins Dorf, weil die Taxidichte hier deutlich geringer ist, als in Yangoon; man könnte sagen, sie tendiert gegen Null. Kulturbeflissen auf dem Heimweg noch einen Abstecher zum alten Kaiserpalast, von dem allerdings nur noch die Grundmauern stehen. Dann im Moe Cherri (eines von 2 Restaurants hier) das verdiente Feierabendbier.

 

23.10.
I live by the river

Sonne! \o/

Um 8:00 wartete bereits der Minivan vor der Tür. Heute hatten wir ausnahmsweise einmal Guide, Fahrer und Boot vorgebucht, um den westlichen Arm des Irrawaddy (der einen eigenen Namen hat, den ich leider nicht notierte) zu erobern. Etwa 2 Stunden Nördlich von Mrauk U liegen einige Dörfer des Volksstammes der Chin, die wir besuchen wollten. Myanmar ist ein Schmelztigel aus unterschiedlichsten Völkerstämmen mit über 100 unterschiedlichen Sprachen, eigenen Traditionen und Physiognomien. Noch heute werden ethnische Minderheiten unterdrückt, können keine Staatsämter bekleiden und profitieren nicht an der Ausbeutung der reichen Bodenschätze ihrer Region.

Wir befinden uns aktuell im Rakhine State, nördlich davon liegt der sehr arme, an Bangladesh grenzende Chin State. Die Grenzlinien sind jedoch künstlich und so wohnen im nördlichen Rakhine auch bereits Chin. Wären wir auf dem Fluss konsequent weiter in Richtung Norden gefahren, hätten wir erst den Chin State durchquert, um dann nach gar nicht all zu langer Zeit in Indien anzukommen.

Die Chin-Dörfer sind ein beliebtes Ausflugsziel, denn hier wurden bis in die 50er Jahre die Mädchen im Kindesalter im Gesicht mit „tribal tattoos“ tätowiert. Im gesamten Gesicht, inkl. Augenlider, was sehr schmerzhaft sein muss, weswegen die Regierung bereits 1960 diese Tradition verbot.

Die Fahrt flußauf war malerisch und ging vorbei an Hügeln, Reisfeldern und Dörfern. Immer wieder sah man Menschen beim Wäsche waschen, baden, bei der Körperpflege oder beim Wasser holen. Frauen mit einem rund geformten Silberkrug auf dem Kopf, original so, wie man das von Mowglis Freundin aus dem Dschungelbuch kennt.

Männer mit Strohhut und nacktem Oberkörper beim Ernten, entgrünen und Bündeln von Bambus, der dann als Floß flußabwärts transportiert zum Verkauf angeboten wird.

Wir besuchten zwei Dörfer. Das erste war bereits auf Besucher eingestellt. Hier lebten noch 5 tätowierte alte Frauen, sämtlich Charakterköpfe mit teils erstaunlich nordeuropäisch anmutenden Gesichtszügen. Gegen ein kleines Entgelt darf man fotografieren. Auf einem Bambustisch werden selbst gewebte Decken zum Verkauf angeboten.

Alles wirkte hier sehr sauber, aufgeräumt und harmonisch. Myanmar gehört zu den wenigen weniger entwickelten Ländern, in denen absolute Gleichberechtigung herrscht und das merkt man überall auch am Umgang miteinander. Beim Überqueren einer kleinen maroden Holzbrücke ist eine morsche Planke unter mir zerbrochen und es war ein kleines Wunder, dass ich nicht mal einen Kratzer abbekommen habe.

Unser Highlight war das zweite Dorf, etwas weiter flußaufwärts. Hier war man noch nicht auf Touristen eingestellt. Als wir ankamen, kam eine tätowierte Frau auf uns zu und lud uns ein, mit ihr eine Pomelo zu essen und etwas zu ratschen. So saßen wir dann auf Plastikstühlen da, sie schälte die Frucht und wir unterhielten uns (der Guide übersetzte). Etwas später kam noch ihre Schwester dazu. Beide hatten einen herrlichen Humor und einen ausgeprägten Mutterwitz – um ein Haar wäre ich mit der Schwester (Witwe, 72) verkuppelt worden. Mehrfach wurde betont, wie wichtig die Schule im Dorf sei. Als ich sagte, dass ich eine Kleinigkeit für die Schule spenden wolle, geriet das halbe Dorf in Bewegung. Der Dorfälteste kam mit einem Donation book und feierlich wurden Name, Nationalität und Spende eingetragen.

Man kann nur hoffen, dass sich die Zivilisation verträglich und harmonisch an diesen entlegenen Winkel der Welt pirscht.

Wohlbehalten wieder im Dorf angekommen fragt uns unser Guide doch tatsächlich, ob wir noch eben zum Kothaung Paya fahren wollen. Das ist der Tempel, zu dem uns am Vortag der Fahrer aufgrund schlechter Straßenverhältnisse nicht bringen konnte. Nach der Fahrt dorthin hatten wir Verständnis, es lohnt sich aber auf jeden Fall, etwas durchgeschüttelt zu werden. Der größte Tempel der Region steht etwas abseits und wurde aufgrund der Weissagung eines Astrologen in nur 6 Monaten erbaut. Aus Mangel an Sandstein aus Ziegeln, weswegen er nun schneller zerfällt und bereits zu guten Teilen von der Natur zurückerobert wurde. Renovierungsarbeiten sind geplant und einerseits notwendig, andererseits werden sie leider auch etwas von der eigenen Magie dieses Ortes entfernen.

Fazit zu Mrauk U: Die Anreise ist eine beschwerliche und umständliche Tagesreise, aber gottseidank ist das so. Ganze 5.000 Touristen im Jahr, kaum einer davon im Oktober, weil es da noch regnen kann, und voraussichtlich aufgrund der Medienberichte über „Unruhen im Norden“ erst einmal noch weniger, auch wenn dieser Norden noch sehr weit entfernt von Mrauk U ist. Auch wir hatten ja kurzzeitig leichte Bedenken, die im Nachhinein vollkommen grundlos waren.

Bis auf zwei kurze Ausnahmen haben wir keine anderen Touristen gesehen. Entsprechend ursprünglich ist rund um Mrauk U alles noch und ich bin jetzt gespannt auf Bagan und Lake Inle, erwarte dort jedoch deutlich mehr touristische Infrastruktur, Taxis, laminierte Speisekarten und weniger „ursprüngliches Asien“, als hier im Norden.

Burmese Days – Pt. 1 Yangoon

18.-19.10.2017
München – Frankfurt – Bangkok – Yangon

Eine Anreise mit zwei Zwischenstops ist nur etwas für sehr sehr zähe und geduldige Menschen. Ich bin weder zäh noch geduldig, aber ich wollte nach Myanmar und da hat der Wille die Mimose überstimmt. Deswegen erspare ich euch auch das Gejammere über die Anreise mit 1h Flug, 2,5h Zwischenstop, 11h Flug, weiteren 2,5h Stopover und noch einer Stunde Flug.

Der letzte Zwischenstop in Bangkok erwies sich übrigens als wertvoll, denn beim Checken der Mails während der Wartezeit erhielt ich folgende Nachricht von einem Tour-Operator, mit dem ich mich zwecks Zahlung einiger Transfers am Abend in unserem Hotel, dem Kandawgyi Palace, treffen wollte:

Hi Craggan,
Kandawgyi Palace hotel was burnt down yesterday night and 70% were destroyed.
Hope you are safe.
Please advise how do we meet each other.
Regards,
Kyaw

Kurze Schockstarre, google, twitter und – ja, stimmt wohl. Auf youtube gibt’s Videos vom Löscheinsatz. Das Hotel, in dem wir einige Stunden später unsere geräderten Knochen zur Ruhe legen wollten, glimmte gerade vor sich hin.

Kurzerhand mit Booking.com telefoniert und eine Alternative gebucht (in der ich soeben sitze und diese Zeilen schreibe). Schöne neue Internet-Reisewelt. Noch vor nicht all zu langer Zeit hätte der Taxifahrer einen mit Gepäck sardonisch grinsend vor einem Häufchen Asche abgesetzt, weil man ihm natürlich partout nicht glauben wollte, dass das Hotel abgebrannt sei („jaja…“) und er aber eine gute Alternative wüsste („sicherlich!…).

Zum Runterkommen machten wir noch einen kurzen Spaziergang zur nahe gelegenen Rooftop-Bar des Sakura Tower auf einen Absacker. Die fantastische Sicht auf die Stadt und die beleuchtete Shwedagon Pagode machten die zu hohen Preise und die untalentierten asiatischen Karaoke-Sirenen mehr als wett. Im Vergleich zum nächtlichen Bangkok herrschte von oben betrachtet auf den Straßen Yangons ein geradezu dörflicher Verkehr. Wir waren gespannt, ob sich dieser erste Eindruck am nächsten Tag bestätigen würde.

Sofortiges Schlafkoma

20.10.
Yangon

Den 4,5 Stunden Zeitunterschied zum Trotz (wie kommt man bitte auf viereinhalb Stunden?) um 08:30 aus dem Bett gekugelt (also 4 Uhr nachts nach deutscher Zeit), raus aus dem Hotel und erst einmal gefrühstückt. Stilecht mit Fried Rice und mit Curry gefüllten Teigtaschen.

Auf direktem Weg sodann unverzüglich zur wichtigsten Sehenswürdigkeit Myanmars, der Shwedagon Pagode. Ich verzichte darauf, an dieser Stelle kulturhistorische Abhandlungen aus den diversen Reisführern zu kopieren, deswegen nur so viel: Das Ding ist ECHT beeindruckend! Eine ganze Tempellandschaft rund um eine sehr große und hohe vergoldete Stupa. Die erste Stupa übrigens, die von außen mit Blattgold verziert wurde. Was heutzutage fast schon die Regel ist, war damals absolut Neu. Eine Trendsetterin sozusagen. Die Landeshauptstadt München hat übrigens in Sachen Bauordnung auch von der Vergoldeten abgekupfert (pun intended): Kein Gebäude in Yangon darf die Shwedagon Pagode überragen.

Wir verbrachten viel Zeit mit und in dieser Ikone des Buddhismus. Teils aufgrund der vielen Sehenswürdigkeiten (ein kleiner Schrein für jeden Wochentag, eine tonnenschwere Glocke, die gewichtsbedingt im Zuge eines Diebstahlversuchs ein Schiff der Britischen Navy versenkt hat, dutzende Buddhas und kleinere Stupas), teils aufgrund der eigenen, schönen Stimmung auf dem Gelände mit vielen Einheimischen und Mönchen, teils aufgrund der immer wieder einsetzenden kurzen Regenschauer.

Die Pagode liegt recht nahe zum Lake Kandawgyi, an dem wir eigentlich hätten übernachten sollen. Deswegen haben wir noch den kurzen Abstecher gemacht, um uns wenigstens den See und die verkohlten Überreste unseres komplett aus Teakholz erbauten Hotels einmal anzusehen. Wirklich sehr sehr schade, das muss nett gewesen sein. Als wir dort waren, berichtete das örtliche Fernsehen gerade über den Vorfall.

An der Straße ein Taxi geschnappt, und ab nach Downtown. Taxen gibt es wie Sand am Meer. 4 von 5 Autos, die an einem vorbeifahren sind (gefühlt) Taxen. Die dreiviertelstündige Fahrt vom Flughafen in die Stadt kostet 10.000 Kyat – 1.000 Kyat sind ca. 60ct. Fahrten innerhalb Yangons kosten zwischen 2.000 und 3.000 KYT. Man kommt also für 1-2€ überall hin, was sehr angenehm ist. Und wenn wir schon bei der automobilen Fortbewegung sind: Autos mit Lenkrad rechts im Rechtsverkehr. Noch nie gesehen. Was soll das? Will man damit die ehemaligen britischen Besatzer ärgern?

Ein bisschen durch die von den Briten rechteckig angelegte Altstadt gewandert. Viele Märkte, die so sind, wie man sich Märkte in Asien vorstellt. Wie sie in Bangkok früher mal waren.  Keine Billigklamotten und Firlefanz, sondern Lebensmittel, Street Food (da wird bis hin zum Pansen alles verwertet) und praktische Haushaltsgegenstände.

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Kaiserschmarrn

Für den Herrn Vogel, der eben auf Twitter fragte, hier kurz der Signature-Kaiserschmarrn a la Priener Hütte. Ich habe die Mengenangaben (30 Eier, …) mal runtergerechnet auf 4 Personen

Muss:
120g Mehl
60g Zucker
4 Eier
viel (?) Butter
1 Vanilleschote

Kann:
Rosinen
Mandelblättchen oder -stifte

Die Eier Trennen. Alles mit Ausnahme des Eiweiß gut verrühren. Das Eiweiß separat sehr sehr steif schlagen und in diese Masse vorsichtig unterrühren, damit der Schmarrn fluffig wird. Dann sehr viel Butter in die Pfanne (keinesfalls sparen. Es gibt sogar Köche, die zerlassen Butter und packen die mit in den Teig). Dann den Teig hinein. Oben mit Zucker bestreuen (an dieser Stelle auch mit Rosinen, falls gewünscht. Sind nicht jedermanns/frau Sache). Keine Temperaturschlachten, sondern bei kleiner bis mittlerer Flamme goldbraun anbraten und dann wie ein Omelette wenden.

Jetzt den Schmarrn mit 2 Gabeln oder Holzschiebern zerfetzen und nochmals etwas Zucker mit einrühren und karamellisieren lassen.

Einfach, oder?

Dazu gibt es alternativlos nur und ausschließlich Zwetschgenröster.

Beliebteste Fehler:

  1. Teflonpfanne
  2. Eiweiß nicht separat sehr (!) steif geschlagen
  3. Zu hohe Temperatur (innen pampig, außen schwarz)

Enjoy, Bird!