Alle Beiträge von Craggan

Der Fall Hoeneß

Ich bin Anhänger des Vereins, den im Wesentlichen Uli Hoeneß von einer überschuldeten Gurkentruppe zum derzeit fußballerisch wie wirtschaftlich erfolgreichsten Verein der Welt gemacht hat. Eben der Uli Hoeneß, der nun auch zugegeben hat, Steuern in einer Höhe hinterzogen zu haben, die so abstrakt ist, dass man sie sich irgendwie in greifbare Größen umrechnen muss – etwa 600 Lehrerstellen können mit 27-28 Mio. EUR z.B. ein Jahr lang finanziert werden.

Dieser dialektische Zwiespalt ist es auch, der die mediale wie private Diskussion in den vergangenen Monaten wesentlich geprägt hat. Die Diskussion war stets untrennbar mit der Person Uli Hoeneß verbunden, dem – wie auch dem FC Bayern – kaum jemand neutral gegenübersteht. Man liebt ihn, oder man hasst ihn. Oder beides gleichzeitig. Man steht ihm aber einfach nicht neutral gegenüber. Für die Einen ist er das Gesicht des FCB, der stille Wohltäter, der generös spendet, ohne das an die große Glocke zu hängen, der volksnahe Präsident. Für die Anderen ist er der geifernde Besserwisser, Repräsentant des unsympathischsten Vereins der Liga, die Hassfigur schlechthin.

Generell und unabhängig vom Fall Hoeneß finde ich das Strafmaß für Wirtschaftsdelikte im Vergleich zu Gewaltverbrechen deutlich zu hoch. Ein Strafmaß von 3-5 Jahren wird häufig auch für Totschlag oder Vergewaltigung ausgesprochen und das steht meines Erachtens in keinerlei Relation zur Steuerhinterziehung, auch wenn durch diese das Gemeinwohl erheblich geschädigt wird. Ich persönlich würde für Wirtschaftsdelikte symbolische Haftstrafen (etwa 1/2 Jahr) in Verbindung mit sehr empfindlichen Geldstrafen verhängen. Aber nach mir geht es nicht, sondern nach der für alle – auch für Hoeneß – geltenden Rechtslage.

Vor diesem Hintergrund scheint das gesprochene Urteil absolut gerecht und angemessen. Trotzdem kann ich mir einen Uli Hoeneß nur schwer hinter Gittern vorstellen. Begründen mag das an meiner Stelle Heribert Prantl, der heute in der SZ den mit Abstand besten der vielen Artikel zum Fall Hoeneß veröffentlicht hat, die ich gelesen habe:

H. Prantl, Süddeutsche Zeitung 14.3.14

Was ist der Sinn der Haftstrafe? Die Erziehung des Uli Hoeneß zur Steuerehrlichkeit? Dafür hat diesem wohl schon das vergangene Jahr mit all seinen Anfeindungen gereicht. Die Abschreckung der Bürger vor ähnlichen Taten? Den Allermeisten bleibt da der Schnabel ohnehin sauber, da sie kein Geld zum Zocken haben. Was also ist der Sinn so einer Bestrafung? Diese Strafe demonstriert, dass die strafrechtlichen Verbote wirklich gelten – sie gelten für Hoeneß ebenso wie für Hans Mustermann. Das ist positive Generalprävention. Sie ist der einzig gute Sinn von Strafe.

Gewiss: Auch Geldstrafe ist Strafe. Das Gericht hätte – theoretisch – eine Haftstrafe auf Bewährung mit der Zahlung von viel, von sehr viel Geld kombinieren können, mit einer hohen Millionensumme also. Eine Demonstration der Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung wäre das nicht gewesen. Im Gegenteil. Es hätte geheißen: Da darf sich ein Millionär freikaufen. Es wäre, in Abwandlung eines alten Spruchs, gesagt worden: „Wenn das Geld im Kasten klingt, der Hoeneß aus der Zelle springt.“ Das wäre nicht eine Verteidigung der Rechtsordnung, sondern deren Infragestellung gewesen. Ohne Verteidigung funktioniert eine Fußballmannschaft nicht. Der Rechtsstaat auch nicht.

Ich kann es nicht nur nicht besser ausdrücken, sondern nicht einmal halb so gut. Danke Herr Prantl!

Hoeneß Schritt, nun die ja doch nicht geringe Strafe zu akzeptieren und sehenden Auges für mindestens 1 Jahr und 9 Monate in den Knast zu gehen, hat meine volle Hochachtung. Selbst wenn es so sein mag, dass eine Revision nur geringe Chancen auf Erfolg gehabt hätte, dass die Zeit bis zur Revision eine einzige Mediale Tortur gewesen wäre, dass weitere Details an die Oberfläche kommen können – es besteht auch immer eine berechtigte Chance auf ein besseres Urteil. So, wie ich Hoeneß einschätze, meint er das, was er veröffentlichte, genauso, wie es da steht. Er ist ein Quadratschädel und steht nun in vollem Umfang zu dem, was er da getan hat. Viele, mit denen ich darüber diskutiert habe, meinten, er sei nun wohl endlich „aufgewacht“. Mir tut er nun zuvorderst auch leid. Wenn er die 50-60 Mio. nachgezahlt hat, wird er pleite und vorbestraft sein. Ein trauriges Ende einer bis dato unvergleichlichen Karriere…

Tja, und wer wird nun Präsident des FC Bayern? Als AR-Vorsitzender ist ja nun der ADIDAS-Chef nachgerückt. Nicht unbedingt der Traum eines Fußballfans, aber wohl eine solide Kiste. Die diversen gehandelten Namen für das Amt des Präsidenten halte ich bis auf einen für Schwachsinn. Weder Stoiber noch Rummenigge oder Scholl werden das übernehmen können und wollen. Präsidenten des FCB waren bis dato immer langjährige Interne, die den Verein und seine Strukturen aus dem FF kennen. Ein Kahn käme vielleicht infrage, ist aber viel zu jung für das Amt und außerdem anderweitig tätig. Beckenbauer wird sich das nicht noch einmal antun. Er wäre auch keine gute Wahl nach seinen leider letzthin eher häufiger vorkommenden idiotischen Statements („ich habe in Quatar noch nie einen Sklaven gesehen“). Ich gehe davon aus, dass Karl Hopfner das Amt übernehmen wird. Dem geht es gesundheitlich wieder hervorragend und er ist extrem eng mit dem alten/neuen Vorstand verwoben. Er wäre interimistisch auch ein guter, solider Präsident, bis wieder jemand mit fußballerischer Erfahrung nachrückt. Wichtig ist es jetzt ja auch, wieder Ruhe in den Verein und seine Gremien zu bekommen. Da sind sicherlich ein AR-Vorsitzender Herbert Hainer (Vorstandsvorsitzender der adidas AG) und ein Karl Hopfner als langjähriger solider Kaufmann des FCB ein gutes Team.

Tja, bleibt nur zu hoffen, dass all das Bohei nicht noch Unruhe in die Mannschaft bringt, an der Hoeneß ja stets sehr nach dran war. Überhaupt war es Hoeneß, der in bester Gutsherrenart Trainer wie Guardiola oder Spieler wie Ribery an Bord geholt hat. Da entsteht nun schon eine Lücke. Der Rückzug von Hoeneß aus dem Vorstand verlief ja schon etwas holperig (Nehrlinger als Nachfolger hat sich ja nicht lange gehalten und war auch nicht sonderlich erfolgreich), ich hoffe, dass der Rückzug aus dem Präsidentenamt (der ja spätestens mit der gestellten Selbstanzeige abzusehen war) nicht wieder zu Verwerfungen führt.

10 Dinge, die ich im Stadion überhaupt nicht brauche

Ein Fußballstadion ist das letzte Refugium des Homo Dinosauricus, des einfach gestrickten, geerdeten Menschen, der mit sich im Reinen ist, wenn er eine Stadionwurst in der einen Hand und ein einigermaßen trinkbares Bier in der anderen Hand hält und seine Mannschaft sich da unten auf dem Rasen den Arsch aufreißt, auch wenn sie dann mal nicht gewinnt. Die 135 Minuten im Stadion (der Homo Dinosauricus ist übrigens 45 Minuten vor Anpfiff im Stadion, um sich mit der Mannschaftsaufstellung vertraut zu machen, seine Wurst und sein Bier zu kaufen, mit den anderen Homini Dinosaurici über das Team zu fachsimpeln und lautstark die Nachnamen bei der Mannschaftsaufstellung der eigenen Mannschaft, sowie irgendwas Unschönes bei der Mannschaftsaufstellung des gegnerischen Teams zu skandieren – nicht etwa, um an irgendwelchen Buffets Scampis zu fressen), also die 135 Minuten im Stadion sind für den H.D. so etwas wie ein Kurzurlaub, möglichst frei von Bevormundung durch Dritte.

Dies vorausgeschickt hier die 10 Dinge, die ich im Stadion überhaupt nicht brauche:

  1. Zuspätkommer, die mir genau während eines vielversprechenden Freistoßes die Sicht versperren und mein Bier ausschüten, während sie sich in Richtung ihres Platzes vorbeidrängeln
  2. Ältere Damen, die sich auch mal das Stadion ansehen wollten und mir auf die Schulter tippen, wenn ich stehe, um meinen Verein anzufeuern
  3. Leute, die nicht in der Lage sind, sich eine Stadionwurst zu kaufen, ohne in dem Moment, wenn sie an der Reihe sind, noch einmal ausführlich die aushängende Karte zu studieren – um dann bar zahlen zu wollen
  4. Eventottos, die erst 5 Minuten nach Anpfiff der zweiten Halbzeit auf ihre Logenplätze zurücktröpfeln
  5. Klatschpappen, Vuvuzelas und werbetragendeWinkelemente
  6. Leute, die mit mir über aktuelle politische Themen, bzw. generell über irgendetwas anderes als Fußball reden wollen
  7. Inkontinente und Garagenparker – kurz: Zufrühgeher, die mir genau während eines vielversprechenden Freistoßes die Sicht versperren und meinen Bierbecher umwerfen, während sie sich in Richtung der Toilette oder des Ausgangs an mir vorbeidrängeln
  8. Gelangweilte Freundinnen (Freunde), die ihren Freund (ihre Freundin) ins Stadion begleiten, um ein Pfund in der Hand zu haben, wenn sie demnächst Begleitung selbiger zum Kinostart von Sex and the City 3 einfordern und die ganze Zeit nur dämliche Fragen stellen oder ihre Nägel feilen
  9. Grantler, die auch dann noch etwas am Spiel auszusetzen haben, wenn die Mannschaft 17:0 vorne liegt und gerade alle Ligarekorde bricht
  10. Law and Order Deppen, die mir auch im Stadion noch irgendwelche bescheuerten Regeln an den Hals hängen oder meine Fußballkumpelclique auf unterschiedliche Blöcke verteilen wollen

 

András Schiff erklärt Goldberg und Diabelli

Gestern war ich in Begleitung eines Freundes in der Carl-Friedrich von Siemens-Stiftung, piekfeiner Laden sag ich euch. Es gab Schnittchen und Sekt und viele Mumien waren da. Aber das war alles nebensächlich. Wichtig war:

András Schiff stellte im Vergleich Bachs Goldberg-Variationen und Beethovens Diabelli-Variationen vor. Zwei Werke, zwischen denen man erst einmal keinerlei Zusammenhang vermutet, zumal vollkommen unklar ist, ob Beethoven die Goldberg-Variationen jemals gehört (oder vielmehr gelesen – er war ja dann taub) hat. Schiff vermutet aufgrund diverser Anspielungen, die er auch anspielte, dass dem so sein muss und meinte, dass Baron Gottfried van Swienten, bei dem sich Ludwig van öfter aufhielt, sicherlich eine Kopie der Variationen besaß und er dort in Kontakt damit kam.

Schiff hat jetzt gerade zu seinem 60. Geburtstag in London beide Werke hintereinander aufgeführt. Bach – Pause – Beethoven. Die Euse ist wohl die einzige, die zu beurteilen weiß, was das bedeutet.

Schiff hat sowieso eine fantastische Kondition. Das Programm gestern war auf 2 Stunden angesetzt. Er wollte bewusst auf eine Pause verzichten, um die Werke in direktem Zusammenhang zu erklären. Nun ist er aber so ins Fachsimpeln gekommen (auf höchstem Niveau! Akkordlehre, Quintenzirkel & Co hat er einfach mal so vorausgesetzt) und hat immer mehr Querreferenzen von A nach B und C aufgezeigt, dass alleine die Goldberg-Variationen schon 2 Stunden brauchten. Er hat wohlgemerkt alle 30 Variationen angespielt und erläutert. Dann stand er auf, nahm einen Schluck Wasser und sagte „Und nun zu Diabelli – jetzt benutze ich dann auch das Pedal!“ (Zitat vorher „Für das rechte Pedal ist bei Bach kein Platz! Die Benutzung des Pedals fängt erst mit Beethoven an“). Er hat dann eben noch eine kurze 10-minütige Parenthese über die Entwicklung vom Cembalo ohne Pedale über das Cembalo mit Pedalen („dienen rein der Registerverschiebung“) und das Hammerklavier bis hin zum modernen Klavier eingeschoben.

Nun, es gibt 30 Goldberg-Variationen (plus Thema, plus Reprise) und 33 Diabelli-Variationen (plus dem – ziemlich doofen, wie ich finde – von Diabelli seinerzeit vorgegebenem Hauptthema). So hat die Veranstaltung – ohne Pause – dann mal locker etwas über 3 1/2 Stunden gedauert. Die Zeit ging aber vorüber wie im Flug

Meine Highlights:

  • „ich habe mühsam gelernt, dass man die Goldbergvariationen NIE mit Manschettenknöpfen spielen darf!“ (Bach schrieb für das Cembalo mit 2 Manualen, so dass sich dort die Hände problemlos kreuzen konnten. Wenn man das heute auf einem Manual spielt, muss man also die Hände teilweise über kreuz spielen, was zu Kollisionen führen kann)
  • bei der 15. Goldbergvariation hat er diverse Stellen aus den großen Messen Bachs angespielt und es war erstaunlich, welche Themen sich wo wiederfanden
  • seine Interpretation und Darstellung der dramatischen 25. Goldbergvariation („die schwarze Perle“)
  • die Erklärung der Volkslieder, die Bach in der 30. Variation anspielt, obwohl an dieser Stelle eigentlich der Kanon in der Dezime hätte kommen müssen (jede 3. Variation ist ein Kanon in aufsteigenden Intervallen, also erst in der Sekunde, dann in der Terz usw.): „Bach will, dass der Hörer wieder mit beiden Beinen zu hause ankommt!“
  • die Erklärung der ganzen Querreferenzen bei den Diabelli-Variationen zu Bach, Mozart und Haydn (speziell das Don Giovanni Zitat „Notte e giorno faticar“ als ausgestreckter Mittelfinger Beethovens ins Gesicht Diabellis)

Das war ein ganz fantastischer Abend und falls András Schiff die beiden Werke in Eurer Nähe aufführen sollte, geht am Vorabend zur Werkseinführung, das lohnt sich (geht aber vorher aufs Töpchen und trinkt wenig).

Kleine Orientierungshilfe für heimatsuchende Neuberliner

Diesen Beitrag schrieb ich vor einiger Zeit für eine Freundin, die nach Berlin zog. Vielleicht hilft er ja auch dem/der einen oder anderen Neuberliner(in) bei der Orientierung

Kieze sind in Berlin sehr wichtig. Berlin spiegelt die föderale Bundesrepublik in seinen Bezirken wieder. Jeder Bezirk hat so etwas wie einen eigenen Ortskern mit eigenen Geschäften, manchmal einer Fußgängerzone, oft einem Springbrunnen und gelegentlich den unvermeidlichen Malls. Innerhalb der Bezirke gibt es dann wieder Kieze, das sind so 3-4 Straßenblöcke mit einer eigenen Sub-Subkultur und mindestens 3 Eckkneipen mit Molle und Korn oder Futschi bis 13:00 für 1 Eur.

Bis auf die Bewohner der absoluten Innenbezirke fährt der Berliner „in die Stadt“, wenn er sich in einen der inneren Bezirke begibt, die Spandauer sind eigentlich keine Berliner und dokumentieren das damit, dass sie „nach Berlin“ fahren, sobald sie Spandau verlassen.

Folgender Farbcode soll Dir dabei helfen, Dich mal grundsätzlich zurechtzufinden, wobei Du immer im Hinterkopf haben musst, dass nicht der (farblich markierte) Bezirk, sondern der Kiez das eigentlich ausschlaggebende Kriterium ist. Jule wohnte z.B. im Wedding und fand es gut da, obwohl es eigentlich ein Problembezirk ist. Ich habe auch nicht genau die Bezirksgrenzen markiert, denn das nördliche „kreuzberger“ Neukölln Höhe Herrmannplatz ist eigentlich gut zum Wohnen, ebenso wie der ganz südliche und südöstliche Wedding.


Rot sind die „inner Circle“ Partybezirke. 1.000 Kneipen überall, viel Szene und Künstler und so, aber z.T. auch extreme Gentrifizierung und Juppiezuzug. Das merkt man leider an den Mieten! Mitte selbst ist eher Geschäftsbezirk, sehr zentral, die Mitte eben, aber nicht wirklich sexy. Prenzelberg ist die Partymeile für die Touristen. So eine Art zentraleuropäische Kao San Road. Die Szene zieht gerade wieder da weg, weil die Preise steigen. Oder um es mit Rainald Grebe zu sagen: „Die Mieten hier sind bezahlbar, denn ich kann sie ja zahlen“. Friedrichshain ist die Partymeile für die Einheimischen, gefällt mir sehr gut. Leider ist die Gentrifizierung aber dort auch schon In vollem Gange. Mein Favorit hier ist die Grenze zwischen Kreuzberg und Mitte. Südlich von der Museumsinsel. Friedlich, aber trotzdem ganz viel Infrastruktur. Alles in Fußnähe. Kreuzberg selbst finde ich nach wie vor sehr geil. Die Szene kehrt gerade wieder hierher zurück, weil die Mieten bezahlbar sind – Ich persönlich würde (wieder) nach Kreuzberg ziehen. Die Türken sind gut etabliert in der 3. Generation, tolle Kneipen. Kreuzberg unterteilt sich in 36 (mehr Szene) und 61 (etwas bürgerlicher).

Gelb sind die Problembezirke mit einer Tendenz zu abendlicher Straßenunterhaltung durch Messerstechereien. Dort ziehen gerne einmal marodierende Horden von Arabern (Neukölln) oder Glatzen (Marzahn) durch die Gegend. Da würde ich nicht hinziehen. Allerdings ist der nördliche Zipfel von Neukölln, den ich rot markiert habe, gerade dabei, in zu werden. Da kommt es jetzt sehr auf den richtigen Straßenzug an, wenn man da hinziehen will.

Hellblau sind die alten Westberliner Innenstadtbezirke, als noch die Mauer stand, ist die Szene in Kreuzberg gewesen und im hellblauen Bereich war das restliche Berlin unterwegs. Gutbürgerlich, Altbauwohnungen, Eckkneipen, Theater, Programmkinos, aber eben alles andere als „hip“. In Tiergarten sitzt die Regierung, entsprechend teuer kann es da sein. In Charlottenburg gibt es das KaDeWe, entsprechend wenige Parkplätze. Charlottenburg und Schöneberg sind die alte City, als noch die Mauer stand. Da gibt es tolle Altbauwohnungen, meist mit Alt-68ern bewohnt, die sich die Mieten da leisten können.

Zartrosa sind Wohnbezirke mit Infrastruktur. Relativ zentral, aber sterbenslangweilig. Ich bin zwar in Wilmersdorf geboren, würde da aber nicht wieder hinziehen. Im Musical „Linie 1“ gibt es ein schönes Lied über die Wilmersdorfer Witwen.

Hellgrün ist Pampa. Nada. Da kann man wohnen, aber ansonsten auch nicht viel. Speziell Reinickendorf und Pankow haben fast schon wieder dörfliche Infrastrukturen. Steglitz ist zum wohnen ganz OK, aber total nichtssagend. Tempelhof ist eher urban, so ein typischer lower middle class Wohnbezirk. Die nördliche Ecke von Tempelhof, der Zipfel zwischen Kreuzberg und Schöneberg ist allerdings ganz schön zum Wohnen.

Die FU liegt im hier dunkelgrün markierten Zehlendorf, genauer gesagt im sehr noblen Villenviertel Dahlem. Das ist ein sehr bürgerlich gutsituierter Bezirk, da wird immer CDU gewählt, dicke Autos, im Grunewald ist Holzauktion, Badeseen. Reiner Wohnbezirk. In Zehlendorf gibt’s nahe der Uni auch Studentenwohnheime, die ganz OK sind. In der Nähe der FU gibt es keine echte Szene. Du musst also als erstes mal die Entscheidung treffen, ob Du einen kurzen Weg zur Uni haben willst und dafür Abends etwas länger unterwegs bist, oder ob Du in der Szene wohnen willst und dafür etwas früher aufstehst. Die Verkehrsmittel in Berlin sind klasse, Du kommst also immer gut von Überall nach Überall hin.

Dann gibt es noch Spandau. Tja, Spandau. Vermeide Spandau einfach, außer zu den Open Air Konzerten in der Zitadelle.

In die Ost-Berliner Randbezirke würde ich nicht gehen. Zu denen kann ich auch wenig sagen, da bin ich zu selten.

Das ist jetzt natürlich alles sehr sehr grob. Du wirst in jedem Bezirk, sei er auch noch so gelb markiert, sehr schöne Ecken finden. Orientiere Dich grob an den vielen Parks, Kanälen und Plätzen. Da wohnt es sich sehr schön. Ich habe bspw. mal in Neukölln am Herrmannplatz gewohnt. Da zuckt erstmal jeder zusammen, aber das war direkt gegenüber vom Jahnpark, da würde ich jederzeit wieder hinziehen.

Meine Favoriten noch mal zusammengefasst: Kreuzberg, nördliches Neukölln, Friedrichshain, nördliches Tempelhof und Schöneberg. Viel Spaß beim Suchen!

Biffy Clyro im Zenith

Drei halbnackte junge Männer auf der Bühne und ein sehr sehr textsicheres Publikum haben gestern Abend das Zenith zum Kochen gebracht. Zwei Vorgruppen. Die erste war ganz grausam und ich habe den Namen verdrängt. Danach die Walking Papers aus Seattle, die hatten schon gut was drauf, die werde ich mir mal in Ruhe anhören.

Gegen 21:30 fingen dann Biffy Clyro an, die Halle auseinanderzunehmen. Alle drei Musiker mit nacktem Oberkörper, dann hatten sie im Hintergrund noch ganz in Schwarz gekleidet, damit man sie nicht sieht, einen Gitarristen und einen Keyboarder. Das fand ich ein wenig armselig, die so zu verstecken, damit sie einem auch ja nix vom Ruhm klauen.

Im Publikum viele Vollbärte. Sehr viele Vollbärte. Man kam sich rasiert schon fast eigenartig vor.

4 von 5 Hot Whisky!

Wikipedia sagt übrigens, ich war gestern auf einem Prog-Konzert. Kann ich aber nicht bestätigen

Everlast (Dan Patlansky) – Backstage

Dan Patlansky. Was für ein Gitarrist!! Südafrikaner, hat da schon 6 Studioalben herausgebracht. Epic Blues mit rauchiger Stimme. Hat Everlast an die Wand gespielt, als Solo-Opening act.

Everlast diesmal mit einem (sehr nerdigen und sehr netten) Keyboarder. Bryan Velasquez. Lief hinterher noch durchs Backstage und hat mit den Leuten gequatscht. Patlansky stand beim Stand (Merchandising) und hat auch ewig Zeit zum Quatschen gehabt. So gehört sich das!

Hier die 3 während der Zugabe beim Jammen

Lance Lopez, oder: Wie ich durch Zufall eines der besten Konzerte meines Lebens sah

Seit einiger Zeit recherchiere ich, ob es in München irgendeine brauchbare Location für 70-80 Leute und eine Band gibt. Irgendwas leicht angeranztes (für die Bayern: „was oreidig’s“), wo man richtig die Sau rauslassen kann, ohne dass irgendwelche Nachbarn im Carré springen. Nichts holzgetäfeltes und keine Wirtschaft mit angeschlossenem Tanzsaal – damit fallen gefühlt 2/3 der Räumlichkeiten schon einmal weg. Und etwas bezahlbares. Damit entfällt ein weiteres Drittel. Ich war schon ziemlich verzweifelt, bis mir ein Hilferuf in meiner verlotterten Twitter-Timeline den entscheidenden Hinweis brachte:

Nunja, ein paar mal mit einer/m Romy hin- und hergemailt und das klang auch alles ganz gut, die Location machte auf den ersten Blick im Internet auch einen brauchbaren Eindruck, also habe ich auf ein interessant klingendes Konzert gewartet, um mir den Laden einmal persönlich anzusehen. Vorgestern war es dann so weit. Ein gewisser Lance Lopez war angekündigt. „Texas Blues“ – genau mein Ding. Leider regnete es bereits auf dem Weg zum Bahnhof – am Ostbahnhof angekommen schiffte es aus Eimern. Nach 20 Minuten Fußmarsch standen wir dann komplett durchnässt vor der Garage. Und die war zu. Mein Kumpel „was stand denn da auf der Ankündigung?“ – Ich: „naja – Lance Lopez. 16.10.“. Nagut. Vorgestern war der 15.10. und der Abend endete in einer versifften Currywurstbude in den Optimolwerken mit 2 Augustinern und 2 mal extrascharf.

Gestern abend dann der erneute Versuch. In Begleitung des Kumpels und eines sehr gut gelaunten Juniors, der am Vorabend wegen eines Schultheaterbesuchs nicht gekonnt hätte. Bei blendendem Wetter. Der Fußmarsch auf direktem Wege war auch 15 Minuten kürzer. Insgesamt also deutlich bessere Vorzeichen als noch vor 24 Stunden. Die Location betraten wir dann stilecht unter einem über der Tür angebrachten Cadillac, innen Autoteile und Konzertplakate (Motörhead, Black Metal & Co an den Wänden). Zeitreise in die frühen 80er. Sehr amtlich. Hätte ich nicht in München vermutet, hat auch was gutes, den Hintern mal wieder hochzubekommen!

Kurz – der Laden entsprach genau meinen Vorstellungen – musste ich nur noch den Besitzer finden und die Bude klarmachen. Hinter dem Thresen eine hübsche Brünette und direkt neben ihr am Zapfhahn ein älterer Typ in Lederjacke. Ich zur Brünetten: „Ist Romy da?“, Brünette: „Muss mal gucken. Was willste denn von dem?“. Ich: „wir haben gemailt, wegen Anmietung“. Daraufhin kommt die Hand der Lederjacke über den Thresen: „Wir machen das immer so. Hier kommen so viele Typen rein, die mir ein Ohr abkauen wollen.“ (wenn, wie in diesem Fall, zwei Herren in Lederjacke und über 1,92 m lichter Höhe vor dem Tresen stehen, ist das vielleicht auch eine ganz brauchbare Strategie. Man weiß ja nie, wer gerade so Schulden oder Schutzgelder eintreibt). Romy hat uns dann die Garage präsentiert. Beim Rundgang kamen wir auch im Backstage-Raum vorbei. Da saß die Band in einer dicken Wolke gesunden Rauches sehr relaxt. Auf dem Tisch stand ein Cooler mit einer Flasche Jack Daniels. Vielversprechend! Als ich zu Romy meinte, dass ja am gleichen Abend auch Ten Years After (yepp – die gibt’s noch!) im Backstage aufträten, kam nur ein knappes: „Die hatte ich auch schon, aber Lance ist besser. Der spielt sich den Arsch ab. Bei jedem Konzert. Wart’s mal ab!“.

Der Laden füllte sich langsam. Insgesamt waren dann wohl so um die 80 Leute da. Das Publikum war mir ganz überwiegend 2-3 Lebensphasen voraus und musste sich über globale Erwärmung keine Sorgen mehr machen. Sehr hoher Sam Elliott-Anteil. Wir senkten den Altersschnitt (na gut. In erster Linie senkte Junior den, aber Chris und ich waren auch noch drunter). 2-3 Halbe später kam die Vorgruppe. Blues Company aus Straubing. Eine Coverband, aber sehr gut unterwegs. Ein bisschen Richtung Cream. Kurze Pause, dann kam Lance Lopez mit Cowboyhut mit einem Bassisten und einem Schlagzeuger auf die winzige Bühne. Und es begann eine religiöse Erfahrung.

Ich erwähnte hier ja schon öfters, dass ich fast ausschließlich noch in möglichst winzige Locations gehe, um mir Konzerte anzusehen (bzw. -hören). Gründe galore:

Du reist ganz entspannt an, keine Einlassschlangen, keine Körperkontrolle. Es gibt keine bulligen Security-Typen, die ihren Testosteronüberschuss irgendwo am Publikum auslassen müssen. Du drängelst nicht schon Stunden vor dem Konzert in irgendwelchen Menschentrauben rum. Du stehst selbst in der hintersten Ecke noch näher an der Bühne, als im Olympiastadion in der allerersten Reihe. Es gibt Bier aus Gläsern und keinen Becherpfand. Die Akustik ist meistens besser und wenn Du dem Mann am Mixpult streng in die Augen blickst und den Daumen hebst, dreht er lauter. Und vor allem: An magischen Abenden verschmelzen Band und Publikum zu einer magischen Einheit. Die Luft glüht, du bist nicht auf einem Großkonzert Teil einer manischen Rinderstampede, die durch die Halle trampelt, sondern da sind nur die Musik, die Band und du. Und Gleichgesinnte. Und das war bei diesem Konzert der Fall.

Bevor ich zur Musik komme, vielleicht noch ein paar Worte über Lance und seinen Hintergrund:

©LastFM über Lance Lopez

Geboren 1977 in Shreveport, Louisiana.
Mit 10 Jahren sah Lance zusammen mit seinem Bruder sein erstes Live-Konzert. Es war in Austin ein Auftritt vom Texas-Hero STEVIE RAY VAUGHAN. Das war der Auslöser für Klein-Lance mit der Guitarre anzufangen.
In kürzester Zeit brachte ihm sein Bruder die nötigen Grundbegriffe bei und bereits mit 12 Jahren spielte Lance mit seiner eigenen Band in der Umgebung von Shrievenport / Louisiana, wo die Familie Lopez wohnte. Mit 14 Jahren war er Louisianas Top-Act, der alle Clubs, Hallen und Festivals bespielte. Seine Familie zog dann zuerst nach Florida, wo er die Schule abbrach um sich nur der Musik zu widmen und auch von ihr zu leben. Nach der Trennung seiner Eltern, zog die Mutter wiederum mit ihren zwei Söhnen weiter nach Texas. Mit 16 Jahren bekam LANCE LOPEZ seinen ersten Plattenvertrag mit GROOVEYARD RECORDS, einem Label, welches sich nur auf Guitarristen spezialisiert hatte.
In der Zwischenzeit sind 10 Jahre vergangen und LANCE LOPEZ hat bisher 5 CD’s eingespielt. Darunter auch eine mit DOUBLE TROUBLE, dem Begleitduo seines Idols STEVIE RAY VAUGHAN. Auch mit BUDDY MILES und JAMES COX, die mit JIMMI HENDRIX die legendäre Silvester Live-LP BAND OF GYPSIS einspielten, nahm LANCE LOPEZ eine CD auf.
Mit 18 Jahren war er dann zum ersten Mal in Europa. Leider hatte er sich mit einem betrügerischem Management eingelassen und wurde von diesem auch völlig ausgebeutet. Mit 20 Jahren heiratet er und bekommt schnell 3 Kinder. Wie viele Musiker ist er vom Musik-Business ziemlich frustriert. Er beginnt zu trinken und zu kiffen. Es folgen die härteren Drogen. Verhaftungen und Knast. Das berüchtigte Gefängnis in Texas, wo die Gefangen vom Wachpersonal gedemütigt werden. Sie müssen dort in rosa Kleidung rumlaufen und als sog. „Chain-Gangs“ aneinander gekettet im Steinbruch schuften. 2007 wurde er wieder „auf Bewährung“ freigelassen. Das Gefängnis und die Schufterei haben ihm geholfen „clean zu werden“ und zu bleiben.
Im Mai-Juli 2009 kam er zur etwas ausgedehnten Tour nach Europa. Er spielt da kleine Clubs aber er ist auch als Support für ZZ TOP auf Tour. BILL GIBBONS von ZZ TOP betont, dass sie sich dabei verdammt anstrengen müssen, um nicht von Klein-Lance von der Bühne weggefegt zu werden.
LANCE LOPEZ wird nicht umsonst „the Killer Guitar from Texas“ genannt. 

Wenn man sich eine Biografie für einen Texanischen Bluesrock-Gitarristen mit street-credibility ausdenken müsste, wäre es wohl diese, oder?

Lance und seine beiden Jungs brauchten genau 4 Takte und 2 Licks, und sie hatten mich. Aber wie. Erdiger Texas-R’n’B, wunderbare Bassläufe, perfektes Schlagzeug. Dazu eine rauchige Raspelstimme und kein näselndes Falsette wie beim frühen Clapton oder bei Bonamassa. Und diese Gitarre. Diese perfekte Technik gepaart mit Gefühl – er spielt den Blues nicht, er hat ihn. Und wie. Derartige Gitarrensoli habe ich bislang nur einmal gehört. Von Bill Gibbons, als der noch 20 Jahre jünger war (und falls jetzt wer um die Ecke kommt und oberklug meint: „Du hast doch auch Brian May in seinen besten Zeiten erlebt“ – das ist nullkommanull vergleichbar, das ist ganz andere Musik). Der Absatz in der Last FM-Biografie schmeichelt ZZ Top – Lance spielt die an die Wand. Ohne Lightshow. Ohne Backgroundvideos. Ohne langbeinige GoGoGirls. Nur der Cowboy und seine Gitarre. Gänsehaut!

Wir haben zweieinhalb (!) Stunden durchgerockt. Er da auf der Bühne und ich hier im Publikum. Wobei das nur 20 cm auseinander war.

Einen Vorteil der kleinen Locations habe ich oben vergessen: Nach dem Konzert sitzt Du mit der Band am Tresen und trinkst ein Bier. Oder auch mehrere. Ein feiner Typ ist das!

Und offensichtlich hat ihm die Show auch gefallen…

Ich bin nicht in der Lage, die Konzerte, die ich so im Laufe meines Lebens bislang sah, in irgendeine Art von Ranking zu bringen. Aber ich bin sehr überzeugt davon, dass dieses Konzert einen Platz in den Top10, wenn nicht Top5 einnimmt.

ZZ Top – Tollwood

ZZ Top habe ich jetzt bestimmt schon 7 oder 8 mal gesehen. Bei denen habe ich ja noch als Security gearbeitet, so lange gibts die schon. Gestern dann auf dem Tollwood. Da spielen ja alle immer an der oberen Grenze. Magisches Veranstaltungsgelände.

Vorgruppe Ben Miller. Mit Gitarre, Waschbrett, Banjo, mal mit Posaune, und immer ein Zinkzuber mit ner Holzstange und nem Gummiband als Bass. Sehr hörenswerter New Orleans Südstaaten Shuffle Bluegrass. Tobende Menge beim Opening Act. man stelle sich das mal vor. Von denen wird man noch hören! Die CD gibts momentan nur als Download. Und a bisserl was auf Myspace – danke fürs zeigen, ZZ!

Dann die ZZ’s, die in diesem Falle wirklich top waren. Ich meine, Bill Gibbons ist an der Rentengrenze, da weiß man ja nie. Aber die einzige Musik, die man bis in die Achtziger noch auf der Bühne vortragen kann ist eben Chicago Blues (najagut, und Jazz natürlich und vielleicht Country) . Die jungs haben viele alte Sachen gespielt, also die richtig guten, ihre größten Ballermann-Hits (Sharp Dressed Man, Gimme all your loving) und ein paar Sachen von der ganz neuen „La Futura“, die ja wieder zurück zu den Wurzeln kehrt. Einzig störend war die übertriebene Bühnenshow, mit den ganzen Videos. Mir hätten da ein paar Lampen gereicht, die an- und ausgehen. Bei den Blues-Nummern haben sie sich darauf beschränkt und dann war das auch plötzlich viel intimer und besser und passender fürs Tollwood-Zelt.

Leider nur 80 Minuten, die dafür aber vollgepackt mit hervorragendem Texasblues. Thanks ol‘ men!

Days Of Glory

Abflug um 09:15 mit dem Sonderflug des Club 12. Kein einziger Passagier NICHT im Trikot. Gegen die Jungs (und Mädels) muss man mich eindeutig als Eventotto einstufen (wenngleich ich natürlich auch komplett in kaiserliches Rot gewandet war). Und uns alle im Flieger muss man wiederum als lächerliche Würmer bezeichnen, wenn man sich die Jungs und Mädels ansieht, die 18 Stunden einfache Strecke mit dem Bus unterwegs waren

Dann erstmal mit der Twitterclique im Pub getroffen. Sonder #tpmuc. Vom #tpmuc (der losen Vereinigung twitternder Münchener Fußballfans) waren immerhin 20 in London. Hier der harte Kern (der Pub ist übrigens sehr empfehlenswert)

In ebendiesem Pub sind dann später auch zwei mit mir bekannte BVB-Fans eingelaufen. Trotz der unterschiedlichen Farben war das insgesamt sehr harmonisch. Überhaupt gab es keinerlei das übliche Gefrotzel übersteigendes Anmachen der Fans untereinander. Das war letztes Jahr beim Pokal aber noch ganz anders. Da merkte man schon viel gegenseitigen Respekt

Dann gegen 16h auf ins sehr beeindruckende Stadion. Sollte man für 1,5 Mrd. EUR Baukosten auch erwarten. Aber im Ernst: Man hat von überall aus toll gesehen. Ausreichend Toiletten. Einlass über Drehkreuze mit Barcode (vor mir haben sich mit 1 Ticket 2 Dünne durch ein Drehkreuz geschoben. So gehts natürlich auch  )

Fantastische Plätze, in der 1. Reihe Oberrang. Tolle Sicht auch (Der Dortmunder Block wurde vor dem Spiel extra von einem Todesstern aus aufgeheizt!)

Diese Pre-Game-Show war a bisserl grenzwertig, aber ganz unterhaltsam. Schwatzgelbe und Rotweiße, die Pfeile aufeinander abschießen. Kannte man ja schon von vor dem Spiel…

Dann endlich endlich das Spiel. Die Spannung war ja nicht mehr auszuhalten! Ihr habt es ja selbst gesehen: Es war ja nun wirklich alles dabei, was man an Dramatik brauchte: Ein Traumstart der Dortmunder und in den ersten 20 Minuten supernervöse Bayern, grandiose Torwartparaden auf beiden Seiten, dann die bayern, wie sie sich ins Spiel reingearbeitet haben. Robben mit Vergebenen 100%ern, die Traumgrätsche von Subotic und dann schließlich der im letzten jahr ausgepfiffene Buhmann Robben, der das erste Tor auflegt und das zweite genialst selbst macht. Und dann noch 3 Minuten vor Abfiff, das kennt man als Bayernfan allzugut, wie sich das von der anderen Seite aus anfühlt, der Siegtreffer.

Die letzten 5 Minuten habe ich betend auf den Knien verbracht, das hat sich aber gelohnt!

Nach der Pyro ist im Ultra-Block gar nix passiert. Keine reinstürmenden Ordner, kein Ordnungskräfteeingriff. Lediglich unten rund ums Feld wurden die Ordnungskräfte verstärkt, mit Ferngläsern und Blick auf die Ränge. Überhaupt: Die englischen Security- und Polizeikräfte sind ein leuchtendes Vorbild für jeden Bayerischen Jungbullen oder Katalanischen Policia-Macho. Immer freundlich, nett, höflich, aber bestimmt. ganz ganz toll organisiert. Großes Kompliment!

Tja – und dann war Party ohne Ende angesagt

Ich weiß nicht, was im TV so rüberkam, aber die gesamte Kurve und die Mannschaft waren noch eine geschlagene Stunde da und haben gemeinsam gefeiert und gesungen. Nach 3-4 Liedern (Stern des Südens und so) haben sie dann die Musik ausgemacht (gottseidank) und dann ging es los mit „Europapokalsieger FCB“, „Superbayern“ etc. – toll, wie die Mannschaft da mitgemacht hat. Singen und Tanzen auf jedem Fußballplatz.

Irgendwann fing das Team dann an, sich Souveniers aus dem Tornetz zu schneiden

Im Stadionabgang wurde dann auch noch gesungen.

Am Rückweg zu den Bussen dann vorbei an Sir Bobby vor dem Logo des besten Vereins der Welt

An den Bussen dann noch ein paar Bier mit den Coachies, die sich dann wieder auf den Weg machen mussten. Wir zurück zur Victoria Station, von wo aus um 02h der Zug nach Gatwick abging. Rundherum haben alle Pubs dichtgemacht. Es war gerade mal Mitternacht

Also rein ins Taxi – „ya know an open Pub close around“? „Hm – you got me with this one…“. Ins Westend wollten wir nicht, also meinte der Cabby „There’s a 24h venue at Waterloo“. Wir also dahin. Mann war das ein abgeranzter Schuppen. Ein ausgeräumtes Wohnzimmer mit Bier aus der Dose in Plastikbechern. Aber gegenüber – halleluja – ein offener Pub, wenn auch mit Karaoke. Dort sehr freundlicher Empfang. Schulterklopfen der anwesenden Engländer (da war nicht ein einziger Deutscher außer uns). langes Gespräch mit einem englischen Groundhopper, der schon mehr deutsche Stadien gesehen hat, als ich, und dessen Frau. Die kannte sich erstaunlich gut aus und meinte auf meine Rückfrage: „hier in England ist das anders, hier gehen wir Frauen mit ins Stadion“

Der Karaokechef hat uns dann noch übers Mikro gratuliert und kam zum quatschen rüber  Überhaupt – ich habe bislang ja nur die Londoner Polizei gelobt. Seid gelobt auch, all ihr Londoner! Eine Freundin hat ja auf Facebook geschrieben, sie kenne keinen Engländer, der nicht dem BVB die Daumen drücken würde. Ich habe gestern ganz viele spontane entgegengereckte High5-Hände abgeklatscht. Schön auch einer (als wir vor der Wohnzimmerbar standen), der gratulierte – ich meinte „Thanks Mate!“ Und er zu seiner Freundin: „Oh – he’s not even German!“

Naja, der Karaokemann, den ich auf die BVB-Sympathien der Engländer ansprach, meinte, es gäbe eben ganz viele (die Mehrheit), die immer für den Underdog sind. Andererseits aber auch eben viele „Sportsmen“, die der Meinung sind, dass Bayern jetzt einfach dran war nach den letzten Jahren.

However! Der Wahnsinn wars – auch danach im Pub (die Holde war währenddessen auf der Leopold unterwegs, wie ich heute morgen erfuhr).

Im übervollen Zug weiter zum Airport. Dort ganz viele SEHR müde Menschen

Der Flieger mit 1/2 h Verspätung, weil einige der Helden dann nicht mehr kamen. Einer kam etwas zu spät und entschuldigte sich mit Verweis auf die Handschellenstriemen an seinen Unterarmen.

Joa. Und seit heute morgen 09:30 bin ich wieder hier.

Und feiere

Und feiere

Und feiere

Gute Nacht!