Der Fall Hoeneß

Ich bin Anhänger des Vereins, den im Wesentlichen Uli Hoeneß von einer überschuldeten Gurkentruppe zum derzeit fußballerisch wie wirtschaftlich erfolgreichsten Verein der Welt gemacht hat. Eben der Uli Hoeneß, der nun auch zugegeben hat, Steuern in einer Höhe hinterzogen zu haben, die so abstrakt ist, dass man sie sich irgendwie in greifbare Größen umrechnen muss – etwa 600 Lehrerstellen können mit 27-28 Mio. EUR z.B. ein Jahr lang finanziert werden.

Dieser dialektische Zwiespalt ist es auch, der die mediale wie private Diskussion in den vergangenen Monaten wesentlich geprägt hat. Die Diskussion war stets untrennbar mit der Person Uli Hoeneß verbunden, dem – wie auch dem FC Bayern – kaum jemand neutral gegenübersteht. Man liebt ihn, oder man hasst ihn. Oder beides gleichzeitig. Man steht ihm aber einfach nicht neutral gegenüber. Für die Einen ist er das Gesicht des FCB, der stille Wohltäter, der generös spendet, ohne das an die große Glocke zu hängen, der volksnahe Präsident. Für die Anderen ist er der geifernde Besserwisser, Repräsentant des unsympathischsten Vereins der Liga, die Hassfigur schlechthin.

Generell und unabhängig vom Fall Hoeneß finde ich das Strafmaß für Wirtschaftsdelikte im Vergleich zu Gewaltverbrechen deutlich zu hoch. Ein Strafmaß von 3-5 Jahren wird häufig auch für Totschlag oder Vergewaltigung ausgesprochen und das steht meines Erachtens in keinerlei Relation zur Steuerhinterziehung, auch wenn durch diese das Gemeinwohl erheblich geschädigt wird. Ich persönlich würde für Wirtschaftsdelikte symbolische Haftstrafen (etwa 1/2 Jahr) in Verbindung mit sehr empfindlichen Geldstrafen verhängen. Aber nach mir geht es nicht, sondern nach der für alle – auch für Hoeneß – geltenden Rechtslage.

Vor diesem Hintergrund scheint das gesprochene Urteil absolut gerecht und angemessen. Trotzdem kann ich mir einen Uli Hoeneß nur schwer hinter Gittern vorstellen. Begründen mag das an meiner Stelle Heribert Prantl, der heute in der SZ den mit Abstand besten der vielen Artikel zum Fall Hoeneß veröffentlicht hat, die ich gelesen habe:

H. Prantl, Süddeutsche Zeitung 14.3.14

Was ist der Sinn der Haftstrafe? Die Erziehung des Uli Hoeneß zur Steuerehrlichkeit? Dafür hat diesem wohl schon das vergangene Jahr mit all seinen Anfeindungen gereicht. Die Abschreckung der Bürger vor ähnlichen Taten? Den Allermeisten bleibt da der Schnabel ohnehin sauber, da sie kein Geld zum Zocken haben. Was also ist der Sinn so einer Bestrafung? Diese Strafe demonstriert, dass die strafrechtlichen Verbote wirklich gelten – sie gelten für Hoeneß ebenso wie für Hans Mustermann. Das ist positive Generalprävention. Sie ist der einzig gute Sinn von Strafe.

Gewiss: Auch Geldstrafe ist Strafe. Das Gericht hätte – theoretisch – eine Haftstrafe auf Bewährung mit der Zahlung von viel, von sehr viel Geld kombinieren können, mit einer hohen Millionensumme also. Eine Demonstration der Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung wäre das nicht gewesen. Im Gegenteil. Es hätte geheißen: Da darf sich ein Millionär freikaufen. Es wäre, in Abwandlung eines alten Spruchs, gesagt worden: „Wenn das Geld im Kasten klingt, der Hoeneß aus der Zelle springt.“ Das wäre nicht eine Verteidigung der Rechtsordnung, sondern deren Infragestellung gewesen. Ohne Verteidigung funktioniert eine Fußballmannschaft nicht. Der Rechtsstaat auch nicht.

Ich kann es nicht nur nicht besser ausdrücken, sondern nicht einmal halb so gut. Danke Herr Prantl!

Hoeneß Schritt, nun die ja doch nicht geringe Strafe zu akzeptieren und sehenden Auges für mindestens 1 Jahr und 9 Monate in den Knast zu gehen, hat meine volle Hochachtung. Selbst wenn es so sein mag, dass eine Revision nur geringe Chancen auf Erfolg gehabt hätte, dass die Zeit bis zur Revision eine einzige Mediale Tortur gewesen wäre, dass weitere Details an die Oberfläche kommen können – es besteht auch immer eine berechtigte Chance auf ein besseres Urteil. So, wie ich Hoeneß einschätze, meint er das, was er veröffentlichte, genauso, wie es da steht. Er ist ein Quadratschädel und steht nun in vollem Umfang zu dem, was er da getan hat. Viele, mit denen ich darüber diskutiert habe, meinten, er sei nun wohl endlich „aufgewacht“. Mir tut er nun zuvorderst auch leid. Wenn er die 50-60 Mio. nachgezahlt hat, wird er pleite und vorbestraft sein. Ein trauriges Ende einer bis dato unvergleichlichen Karriere…

Tja, und wer wird nun Präsident des FC Bayern? Als AR-Vorsitzender ist ja nun der ADIDAS-Chef nachgerückt. Nicht unbedingt der Traum eines Fußballfans, aber wohl eine solide Kiste. Die diversen gehandelten Namen für das Amt des Präsidenten halte ich bis auf einen für Schwachsinn. Weder Stoiber noch Rummenigge oder Scholl werden das übernehmen können und wollen. Präsidenten des FCB waren bis dato immer langjährige Interne, die den Verein und seine Strukturen aus dem FF kennen. Ein Kahn käme vielleicht infrage, ist aber viel zu jung für das Amt und außerdem anderweitig tätig. Beckenbauer wird sich das nicht noch einmal antun. Er wäre auch keine gute Wahl nach seinen leider letzthin eher häufiger vorkommenden idiotischen Statements („ich habe in Quatar noch nie einen Sklaven gesehen“). Ich gehe davon aus, dass Karl Hopfner das Amt übernehmen wird. Dem geht es gesundheitlich wieder hervorragend und er ist extrem eng mit dem alten/neuen Vorstand verwoben. Er wäre interimistisch auch ein guter, solider Präsident, bis wieder jemand mit fußballerischer Erfahrung nachrückt. Wichtig ist es jetzt ja auch, wieder Ruhe in den Verein und seine Gremien zu bekommen. Da sind sicherlich ein AR-Vorsitzender Herbert Hainer (Vorstandsvorsitzender der adidas AG) und ein Karl Hopfner als langjähriger solider Kaufmann des FCB ein gutes Team.

Tja, bleibt nur zu hoffen, dass all das Bohei nicht noch Unruhe in die Mannschaft bringt, an der Hoeneß ja stets sehr nach dran war. Überhaupt war es Hoeneß, der in bester Gutsherrenart Trainer wie Guardiola oder Spieler wie Ribery an Bord geholt hat. Da entsteht nun schon eine Lücke. Der Rückzug von Hoeneß aus dem Vorstand verlief ja schon etwas holperig (Nehrlinger als Nachfolger hat sich ja nicht lange gehalten und war auch nicht sonderlich erfolgreich), ich hoffe, dass der Rückzug aus dem Präsidentenamt (der ja spätestens mit der gestellten Selbstanzeige abzusehen war) nicht wieder zu Verwerfungen führt.

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