Archiv der Kategorie: Glosse

Reisetagebuch Sumatra – Bali

Teil 1: Singapur – Sumatra

 

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15.8. – München-Dubai-Singapur

Relaxt, an einem Montag, der auch noch Feiertag ist, um 10:40 abzufliegen. Man kann das ganze Wochenende noch rumsandeln, am Samstag die fehlende Badehose kaufen und am Sonntag Koffer packen. Dank neu erworbener Light- Reisetasche nur 19,8 kg Gepäck inkl. 2x Schwimmflossen (ja, die der Tochter auch) für über 3 Wochen. Minusrekord!

Aufgrund meiner extrem negativen Oberschenkel : Unterschenkel Beinhebelwirkung haben wir uns Business Class gegönnt. Im A380 eine feine Sache. In der 777 dann schon fast etwas enttäuschend, wenn man vorher Airbus-Luxus genossen hat.

Die Zeitverschiebung gottseidank überhaupt kein Problem und immer wieder dieses geile Gefühl, wenn Du zum ersten mal die AC Zone verlässt und dich der Temperaturunterschied voll erwischt. Das Hotel in Singapur war ein Kompromiss in der Mitte zwischen Flughafen und Downtown. Katong heißt das Viertel. aber ganz OK soweit. Kleinen Ausflug an den Strand (in den East-Park) und da erst mal kalt von den Singapuriensischen Bierpreisen erwischt worden. 8 EURO für eine Miniflasche Heinecken. Oida!

Abendessen im Satay by the Bay. Das war nett, nur Einheimische. Ein Dutzend Buden (von Satay bis Dim Sum), Campingtische in der Mitte.

Früh ins Bett – der Wecker geht um 5:30 :-/

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17.8. – Singapur-Sumatra

05:30 aufstehen ist ja eigentlich die Hölle. Aber wenn man bereits jedes Gefühl für Raum und Zeit verloren hat und um 21:00 ins Bett geht, dann ist das machbar. Vor allen Dingen dann, wenn man die Nacht zu Viert in einem 20 qm großen Familienzimmer verbracht hat, und Frau und Tochter nicht völlig geräuschlos schlafen…

Silk Air war pünktlich (06:30), bequem und freundlich. Kann ich nur empfehlen. Am Flughafen in Medan (Hauptstadt von Sumatra – 4,5 Mio. Einwohner) wartete bereits ein freundlicher Taxifahrer auf uns. Er musste etwas länger warten, weil natürlich Vater, Tochter und Sohn erst einmal an den Telkomsel Schalter gestürmt sind, um sich dort mit 4,5 GB Internet für umgerechnet 8€ einzudecken.

Der Weg nach Bukit Lawang – etwa 100 km – hat uns 4 Stunden unseres Lebens gekostet. Der 17.8. ist indonesischer Independence Day, 1945 hat man sich von den Holländern befreit (etwas, was der A8 bis heute nicht gelungen ist). Unsere Vermutung, dass aufgrund des Feiertags die Straßen menschenleer sein würden, hat sich nicht nur nicht bewahrheitet, sondern wurde Lügen gestraft. Ganz Sumatra war auf den Beinen, oder besser Rädern. Die Straßen waren proppevoll mit in Schuluniformen herausgeputzten Kindern, jungen Mädchen mit Kopftüchern, Mopeds, noch mehr Mopeds, trillerpfeifenden Polizisten, Zweitaktern und uns. Teils war die (einzige) Hauptstraße gesperrt und wir wurden mit unserem Taxi durch wilde Schlaglöcher umgeleitet. Aber wir kamen an, und das ist ja irgendwie die Hauptsache.

In Bukit Lawang angekommen erwarteten uns bereits 3 Hotelangestellte (von denen, wie sich später herausstellte, einer zum Hotel gehörte, um uns unser Gepäck abzunehmen. Vom Parkplatz bis zum Bungalow waren nämlich noch etwa 2 km Strecke und etwa 250 Stufen zu erklimmen. Ich sage mal so: Hätte ich die Strecke vorher gekannt und gewußt, dass die Jungs aus dem Dorf dafür, dass sie unser Gepäck da raufasten, umgerechnet 3,50€ haben wollen – ich hätte das auch von vornherein wegdelegiert. Junior trug seine Tasche selbst und hyperventilierte bei Ankunft.

Das Hotel on the Rocks selbst ist wunderbar. Auf dem Berg, mitten im Regenwald, sehr (!) relaxt. Hier sitze ich gerade auf dem Balkon unseres Bungalows und schreibe diesen Text. Kein Warmwasser, keine Steckdose, der Duschkopf ist eine Kokosnuss – was will man mehr?!

Morgen geht es in den Dschungel!

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18.8. – Bukit Lawang, Sumatra

Dschungel! Deswegen fährt man nach Bukit Lawang. Heimat der Orang Utans (ein indonesisches Wort. Orang bedeutet Mensch und Utan Wald). Für heute haben wir also die Dschungel-Tour gebucht. Beginn 09:00. Nachdem wir direkt am Eingang zum Nationalpark wohnen, bedeutete das, dass wir „erst“ um 8:00 beim Frühstück sein mussten. Easy! Da brauchen wir keinen Wecker! Mitten in der Nacht im Halbschlaf dann auf die Uhr geschaut und gesehen, dass es schon 7:45 ist. Der deutlich hörbare Dauerregen entpuppte sich als Wasserfall neben dem Bungalow, so dass wir dann doch aufgestanden sind, um uns in den Regenwald zu begeben.

Die Tour war ganz wunderbar. Es ging steil bergauf und bergab, Luftwurzeln und Lianen dienten als Kletterseile. Anstrengende Sache insgesamt. Und – was ja das Wichtigste ist: Primaten über Primaten. Orang Utans existieren in der freien Wildbahn überhaupt nur in Sumatra und Borneo. Auf beiden Inseln wird nach wie vor ausgewildert, um die Population zu stärken. In Bukit Lawang war bis Mitte der 90er Jahre eine Auswilderungsstation, in der die Tiere mit der Flasche aufgezogen und dann schrittweise an die freie Wildbahn gewöhnt wurden. Aufgrund der dann doch recht dichten Population wurde die Station 2006 geschlossen. Bis vor einem Jahr wurde sie noch zum Anfüttern der Tiere für Touristen genutzt. Aber die Affen haben sich jetzt alle ausgiebig mit der freien Wildbahn vertraut gemacht, finden überall im Übermaß Futter und sind einfach nicht mehr an die Futterstelle gekommen.

Wenn der Orang Utan nicht mehr an die Futterstelle kommt, muss der Mensch eben zum Orang Utan gehen, und das haben wir dann ja auch gemacht. Erfolgreich, wie ich betonen möchte. Man unterscheidet zwischen „Semi Wild“ (ausgewildert) und „Wild“. Die Spezies „Semiwild“ ist manchmal etwas zu zutraulich und wird leicht ungehalten, wenn man sie nicht füttert. Wir sind an einer Stelle an eine Art Orang-Utan-Straßensperre geraten. Eine Mutter mit Kind, die brettelbreit auf dem schmalen Weg saß und die wandernden Gefährten erwartungsfroh ansah. Mein Video bekam einen authentischen Blair Witch Charakter, nachdem wir dem Füttern nicht wunschgerecht nachkamen und das Tier uns daraufhin recht rasant entgegenkam…

Die Orangs, auf die wir dann recht oft trafen, waren sicherlich überwiegend an Menschen gewöhnt. Nichtsdestotrotz wohnen sie autark im Dschungel und sind keine zahmen Tiere. Schon eine Erlebnis! Affen hatten wir dann im Überfluss. Menschen übrigens auch, denn der Nationalpark ist in der Hauptsaison ziemlich gut besucht. Erst, als wir die eingetretenen Pfade verließen und über ziemlich abenteuerlich anmutende Klettersteige weiterliefen, wurde es menschenleer. Lunch dann über dem Wasserfall und danach ein erfrischendes Bad darunter. Sehr schön.

Den Rückweg legten wir dann auf aneinandergebundenen LKW-Schläuchen auf dem Fluss zurück. Eine ebenso abenteuerliche, wie preisgünstige und stabile Konstruktion, die unterm Strich problemlos 8 Passagiere trug. Ein echter Tipp für Isar-Abfahrten. Ich habe Fotos gemacht!

Wie viele Höhenmeter wir heute gemacht haben, ist mir noch unklar (das GPS lief aber mit. Muss ich noch nachtragen). Aber es waren viele. Und unser Hotel heißt „On The Rocks“ und ist etwa 250 Stufen vom Fluß aufwärts. Kein Aufzug! Brennende Oberschenkel. Jetzt ein Bintang. Bis morgen!

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19.8. – Bukit Lawang, Sumatra

Immer noch Dschungel! Heute beim white water rafting auf dem Sei Wampu, dem größten Fluss hier unten, der leider nur etwas wenig Wasser in der Trockenzeit führt, so dass sich in den Stromschnellen der eine oder andere Flusskiesel ins verlängerte Rückgrat bohrt.

Geplante Abfahrt war 08:15 – no pun intended. Da der Sohn sich noch ein ausgefallenes indonesisches Frühstück bestellen musste, verzögerte sich das Ganze um 45 Minuten. Am Parkplatz erwartete uns ein Fahrzeug, das jedem Mad Max Film Ehre gemacht hätte. Ein japanisches Transportfahrzeug der ersten Baureihe, aus dessen Ladebereich offene Fenster geflext wurden und in dem wir dann face to face untergebracht wurden. Wir, das sind die Holde und ich. Der Nachwuchs kam sofort der Aufforderung nach, doch auf dem Dach platz zu nehmen. Das Dach war durch eine etwa 5 cm hohe Reling „gesichert“. Diese Art des KFZ-Transports ist hier durchaus gängig und man sieht häufiger Transporte mit 10 Personen IN und weiteren 10 Personen AUF dem Fahrzeug. Die Kids waren natürlich begeistert und kamen mit einem Sonnenbrand und leichten Abschürfungen durch herabhängende Palmwedel davon. Ein Schutzengel wäre damit verbraucht…

Nach eineinhalb Stunden Fahrt auf Sumatras Buckelpisten durch schier endlose Palmölplantagen an der Abfahrtstelle des Rafting-Trips angekommen, gab es erst einmal ein ausführliches Sicherheitsbriefing verbunden mit dem Hinweis, das wir auf jeden Fall unsere Helme aufbehalten sollen (der Hinweis, dass die Kids beim Höllentrip auf dem Dach keine Helme tragen mussten ist überflüssig, oder?).

Es folgen 5 sehr relaxte Stunden auf dem Schlauchboot durch wilde Urwaldgebiete (Filme, die mir aufgrund der Umgebung durch den Kopf gingen: African Queen – nur ohne Blutegel – und Apocalypse Now – nur ohne Vietcong) mit kreischenden Affen und Orchideen am Wegesrand a.k.a. Ufer.

Nach einigen hundert Metern lag plötzlich ein penetranter Schwefelgeruch in der Luft. Hinter einer Biegung des Flusses dann ein kleiner Wasserfall, über dem eine gelbliche Glocke lag. Darunter ein natürliches, mit dem Fluss verbundenes Becken, an dem wir zum Baden stoppten (wir waren, wie so häufig, die einzigen Menschen weit und breit. Man stelle sich vor, wie heiße Quellen in touristischeren Gegenden aussehen würden…). Die Temperatur des Wassers lag am Rand locker bei 35-40 Grad. Je näher man an den Wasserfall heranschwomm, desto unerträglicher wurden Temperatur und Geruch. Bei der Weiterfahrt stellten die Damen dann fest, dass sich sämtlicher Silberschmuck golden verfärbt hatte (unser Käptn hat das in der Mittagspause mit Hilfe von Asche dann wieder behoben).

Lunch wurde vor einem kleinen Wasserfall am Fluss eingenommen. „Indonesisches Buffet“. Es gab diverse Curries, hervorragende Tofu-Gerichte, Flussspinat (Wörter mit 3 s hintereinander \o/ ), geröstete Sojasprossen, roasted chicken und ganz viel frisches Obst. Wenn ich hier wohnen würde, würde ich wahrscheinlich zum Vegetarier werden, so gut ist das Zeug ohne Fleisch.

Die Rückfahrt war dann (natürlich) deutlich kürzer und da auf dem Dach das Schlauchbot thronte, auch insgesamt etwas sicherer.

250 Stufen nach Oben zum Hotel rundeten den Tag auf wie immer anstrengende Weise ab. Jetzt sitze ich hier bei einem Kaltgetränk, warte auf die Familie und das Dinner und freue mich auf den derzeit noch programmlosen morgigen Tag.

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20.8. –Bukit Lawang, Sumatra

Ausschlafen! Nach fast einer Woche on the road und täglichem Weckruf zwischen 05:30 und 7:00 war das mal fällig. Die beiden wichtigsten und im Voraus gebuchten Programmpunkte – Dschungeltracking und Rafting – hatten wir erfolgreich absolviert, also konnten wir es heute ruhig angehen lassen.

Nach ausgiebigem Frühstück und etwas Recherche vor Ort war dann Beschlusslage, dass wir die zu Fuß erreichbaren „Bat Caves“ erobern wollten. Ein 3-teiliges Höhlensystem im benachbarten Dschungel. Corinna, die deutsche Chefin von On The Rocks, gab uns noch den wertvollen Hinweis, festes Schuhwerk anzuziehen und Wasser einzupacken. Als wir das gerade besprachen kam ihr indonesischer Mann um die Ecke, sah mich in meinem C12-T-Shirt und ratterte erst einmal die komplette Aufstellung des FC Bayern herunter. „You know Kimmich? He’s from the same village close to Stuttgart as my wife!“. Die Tour verzögerte sich also um eine halbe Stunde Bundesligafachsimpelei im primären Regenwald, dann ging es aber stramm los.

Wieder einmal hat es sich bewährt, dass ich mein gutes altes Garmin GPS mit Open Streetmap bestückt habe. Während Google Earth die Höhlen nicht kannte, waren sie auf der GPS-Karte verzeichnet und erstaunlicherweise war sogar der schlammige Pfad durch die Kautschukplantagen auf den Meter genau angegeben.

Am Eingang der Höhle saßen einige sehr entspannte Einheimische und kassierten den offiziellen Eintritt von umgerechnet 1,80€ inkl. Taschenlampe und Guide. Beides sollte, wie sich bald herausstellte, von unschätzbarem Wert für uns sein. Im Gegensatz zu den beleuchteten, mit Drahtseilen und gesicherten Wegen versehenen Höhlen in Europa oder USA, waren die Bat Caves nämlich einfach Höhlen in ihrem ursprünglichem Zustand. Alleine wären wir voraussichtlich gerade einmal bis zur Mitte der ersten Höhle vorgedrungen und hätten uns nie im Leben durch den engen Felsspalt am Ende gequetscht, um dann später auf dem Hintern einen schlammigen Stein herabzurutschen und dann von Stein zu Stein über einen Abgrund zu springen. Junior und mir ging das eine oder andere Mal Uncharted (ein Videospiel) durch den Kopf. Wir waren die einzigen Besucher und hatten viele Fledermäuse (Bat Cave!), Schwalben, giftige Tausendfüßler, Spinnen, Skorpione, Stalagmiten und einen Höllenspaß.Und eine kleine Prellung am Fuß, aber so etwas muss man in Kauf nehmen.

Hinterher gab es einen kleinen Snack und ein Belohnungsbintang in der nahe gelegenen Eco Lodge (unter den kritischen Blicken einiger Langschwanzmakkaken, die auf dem Zaun saßen und auf Abfälle lauerten). Die 250 Stufen zur Lodge (habe ich die eigentlich schon erwähnt?) erklommen wir heute etwas schneller als sonst, weil es anfing zu regnen.

Jetzt Pause und morgen dann 8 Stunden Autofahrt zum Lake Toba, auf die wir uns alle schon mächtig freuen.

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21.8. – Bukit Lawang-Lake Toba

Wenn man abseits jeglicher Zivilisation mitten im Dschungel wohnt, hört man viele eigentümliche Geräusche: Kreischen, Zischen, Zirpen, Grunzen, Plätschern. Ein Urwaldkonzert. Zu den Geräuschen, die man nicht erwartet, zählen eine Doors-Coverband, gefolgt von Techno und Rave in Lautstärke „this one goes to eleven“ und Bässen, die das Moskitonetz zum vibrieren bringen. Nachdem wir heute eine frühe Abreise hatten, gingen wir gestern alle etwas früher ins Bett und fielen damit alle gleichzeitig aus demselben, als das wöchentliche Bukit-Lawang-Disco-Event begann. Unsere Behausung lag zwar relativ weit oben am Hang (etwa 250 Stufen…), aber direkt dem Tal zugewandt. Ziemlich genau unter uns wurde ab 22 Uhr ein Festival der Ravemusik abgefeuert und das bis 4 Uhr morgens. Man glaubt gar nicht, welche subtilen Foltermethoden einem zwischen 2 und 4 Uhr morgens durch den Kopf gehen können.

Nach 2 Stunden Schlaf ging dann heute unsere Fahrt von Bukit Lawang zum Lake Tabo los. 250 Kilometer, für die man auf Sumatra etwa 9-10 Stunden kalkulieren muss. Die Straßen hier bestehen zu guten Teilen aus Schlaglöchern, in denen ganze Basketballmannschaften auf Nimmerwiedersehen versinken können (Ursache: Palmölplantagenschwerkraftfahrzeuge i.V.m. klimabedingter Erosion). Streckenweise spielt sich der gesamte Verkehr – in beiden Richtungen – auf einer breite von 50 cm ab, weil der Rest der Straße einfach nicht mehr nutzbar ist; und diese 50 cm werden dann auch noch gerne von marodierenden Herden unterernährter Rinder bevölkert.

Die uns empfohlene Route führte über das malerische, auf 1.500m ü.N.N.gelegene Bergdorf Berastasi, auf dem wir nach etwa 5 Stunden Fahrt einen Stop zum Lunch eingelegt haben. Das malerische Bergdorf entpuppte sich leider als unspektakulärer Mix von Vergnügungsparks, Stundenhotels und schäbigen Restaurants. In einem solchen aßen wir dann auch übellaunig (2 Stunden Schlaf!) mit herrlichem Blick auf die Hauptstraße zu Mittag. Das Wetter passte zur Stimmung. Es war so bewölkt, dass man die 3 umliegenden Vulkane nur erahnen konnte.

Unser sehr bemühter Fahrer legte dann noch einen Zwischenhalt am berühmten Obst- und Gemüsemarkt von Berastasi ein, der auch wirklich bunt und sehenswert war (aufgrund des Höhenklimas wachsen da oben so ziemlich alle leckeren Sachen von Kaffee über Maracuja bis hin zur Jackfruit), führte uns zu einem spektakulären Wasserfall und einem ausgedienten Königspalast. Hier wie dort fiel wieder auf, wie untouristisch Sumatra ist: Es waren nur Indonesier unterwegs, die des öfteren kichernd auf uns zukamen, um mit einem von uns (bevorzugt der langbeinigen blonden Tochter, oder dem sehr hohen und breiten Vater) vor dem Smartphone zu posieren.

Nach insgesamt 10,5 Stunden kamen wir dann um 17:30 ziemlich erledigt am Fährhafen von Parapat an, von wo uns um 18:00 die Fähre nach Tuk Tuk, der „Hauptstadt“ von Samosir übersetzen sollte. Nach dem ruckeligen Tag und der schlaflosen Nacht, war es dann ganz angenehm, dass uns die Fähre direkt am Hotelanleger abgesetzt hat und dass wir hier keine 250 Stufen zu erklimmen hatten.

Der Lake Toba ist mit einer Gesamtfläche von 1.776,5 km2 mehr als 3 mal so groß wie der Bodensee (536 km2), der größte See in Indonesien und der größte Kratersee der Erde. Die 647 km2 große Halbinsel Samosir ist größer als der Staat Singapur. Um das zu erkunden, haben wir jetzt ganze 2 Tage Zeit. Bis morgen!

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22.8. – Tuk Tuk, Samosir Island, Lake Toba, Sumatra

Das Tabo Hotel am Toba See. Da hat jemand ganz viel Humor bewiesen (vielleicht ja die deutsche Betreiberin). Da wohnen wir jedenfalls zu viert in einem traditionellen Batak-Haus mit einem an beiden Enden zipfelartig nach oben geschwungenen Dach. Es ist etwas dunkler, als ein normales Haus und alle wohnen, typisch indonesisch, in einem großen Raum. Im Gegensatz zum On the Rocks gibt es hier warmes Wasser – hurra!

Nach dem ausführlichen Frühstück wurde der Beschluss gefasst, sich Scooter auszuleihen und einfach über die Insel zu düsen. Mopeds sind das indonesische Hauptverkehrsmittel, insofern ist das die beste Art und Weise, sich unter die Bevölkerung zu mischen. Gegenüber vom Hotel ist Erics Souvenir/Telefone/Internet/Scooter Rental/Grocery Laden und dort bekamen wir für 100.000 IDR (6,80€) sehr amtliche Fahrzeuge mit etwa 70 km/h Spitze.

Zum Ausprobieren sind wir damit erst einmal rund um unser kleines Halbinsel-Dorf Tuk Tuk gefahren, das funktionierte schon recht gut. Dann sind wir die Hauptstraße Richtung Norden gefahren, um dort eigentlich das Freilichtmuseum Huta Bolon zu besichtigen. Eigentlich, weil die Tochter dann krank wurde (die war die ganze Zeit schon irgendwie schlapp und kränklich) und wir alle deswegen umdrehen mussten. Auch die zurückgelegte Strecke war aber schon herrlich. Gut geteerte Straßen, kein Verkehr, freundliche Menschen und Horden von Schulkindern, die alle schon ganz ordentlich Englisch sprachen und stolz für die Fotos posierten.

Nachdem wir Tochter und Frau (als Krankenschwester) am Hotel abgeliefert hatten, fuhren Junior und ich dann noch einmal auf der Küstenstraße Richtung Ambarita, wo wir auf Dreiviertel der Strecke am Vormittag ein sehr nett aussehendes kleines Restaurant entdeckt hatten. Weit weg von jeglicher Zivilisation, mitten im Nirvana, aber herrlich gelegen mit fantastischer Sicht über den See. Dort gab es dann auch noch hervorragendes Essen und frisch gepresste Fruchtsäfte für umgerechnet 70 ct. Auf die Frage, ob die Säfte aus der Konserve, oder frisch seien, meinte der Besitzer nur: „Look around! It all grows beside our house.“

Für den abend hatten wir bereits „Batak Feast“ (eine Auswahl lokaler Spezialitäten) für 4 Personen in einem einheimischen Restaurant („Maruba“) vorbestellt, das auf travelwiki sehr gelobt wurde, aber recht schwer zu finden war. Leider waren wir aufgrund des Ausfalls der Tochter nur zu dritt und haben nicht alles geschafft. Aber toll war’s!

Morgen geht’s mit den Mopeds auf den Berg…

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23.8. – Samosir Island, Lake Toba, Sumatra 

Während ich dies hier schreibe, wird hinter mir in der hoteleigenen kleinen Kaffeerösterei gearbeitet und ein unbeschreiblich herrlicher Kaffeeduft zieht vorbei. Aufgrund des höhenbedingt angenehmen Klimas (Lake Toba liegt auf ca. 900m N.N.) wächst hier alles im Überfluss, auch Kaffee. Man pflückt ihn, röstet ihn und trinkt ihn, so wie wir in Deutschland eine Tomate aus dem Garten holen.

Plangemäß sind wir heute mit den Mopeds (amtliche 125 ccm Fahrzeuge mit ordentlich Schwung) so weit wie möglich den Ronggurnihuta, die höchste Erhebung Samosirs, hoch gefahren. Die Wege waren ausnahmsweise weder auf Google Maps, noch auf Openstreetmap verzeichnet, so dass man auf gut Glück erforschen musste, wolang man fuhr.

Nach Angabe des Hotels würde erst ein Stück gute Straße kommen, dann wieder ein Stück sehr schlechte Straße und dann wieder gute Straße. Dies als Maßstab nehmend, sind wir immer fröhlich den Berg hinaus, bis die Straße plötzlich wieder abwärts führte. Nachdem wir das kleine Stück zwischendrin mit den Schlaglöchern nach unserer Erfahrung aus Bukit Lawang nicht wirklich als „schlechte Straße“ wahrgenommen hatten, sind wir einen kleinen Feldweg bergauf gefahren, den wir schon eher als anspruchsvoll bezeichnet hätten. Zeitweise hatte das schon Motocross-Qualität. Irgendwo in the middle of nowhere (Laut GPS 1.500 m ü. N.N.) rumpelte uns dann ein 4W-LKW entgegen, dessen Fahrer uns entgeistert fragte, wohin wir denn wollten und uns ans Herz legte, doch besser umzudrehen, weil die Straße jetzt dann doch eher schlecht werden würde.

Das taten wir dann auch, kehrten an einem herrlichen Aussichtspunkt ein, fuhren zurück nach Ambarita und besichtigten dort den ‚Stone Chair Of King Siallagan‘. Bis ins frühe 19. JH gab es dort, am Sitz des Königs, Sitzungen des Gerichts. Im Falle von Mord, Ehebruch und Spionage wurde das Todesurteil ausgesprochen. Der Delinquent wurde nach Urteilsspruch noch eine Woche lang gemästet und dann zunächst gefoltert, danach mit Gewürzen eingerieben und schließlich geköpft, zerkleinert und verzehrt. Jeder Dorfbewohner musste ein Stück Verbrecher verzehren (wer sich weigerte, wurde selbst geköpft). Der Weg aus dem Freilichtmuseum führte durch ein Labyrinth aus Touristen-Nepp-Läden und war die eigentliche Herausforderung des Tages…

Danach fuhren wir noch einmal in das nette kleine Restaurant im Nirvana von gestern, tranken da einen Fruchtsaft, aßen ein Nasi Goreng und lieferten die nörgelnde Tochter im Hotel ab. Anschließend machten wir uns dann zu Dritt noch einmal auf den Weg zum Nordzipfel der Insel.

Schee war’s! Morgen geht’s dann schon wieder zurück nach Medan. Ich halte Euch auf dem Laufenden.

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24.8. – Samosir-Medang, Sumatra

Ein Relax-Urlaub ist das bislang nicht. Nach der Horrornacht im Urwald mit Rave-Party bis um 4 Uhr morgens, hatten wir jetzt 3 Nächte mit einem Haufen notgeiler Gockel, die ab 04:30 rausgehauen haben, was geht. Jaja, ich höre euch sagen „Natur, Hajo, Natur!“ – aber die Natur kann mich mal kreuzweise, wenn sie mich jeden Morgen im Dunkeln aus dem Bett schmeißt! Um es kurz zu machen: Direkt neben unserem Hotel in Medang, in dem ich hier gerade sitze, jodelt sich ein Muezzin die Seele aus dem Leib und ich weiß aus Erfahrung, dass die Jungs auch morgens im Dunkeln wieder anfangen, den Herren zu preisen. Wehe, unser Haus in Bali liegt auch nur ansatzweise in der Nähe irgendeiner Geräuschquelle. Dann werde ich zum Tier!

Die Nacht war unruhig. Es hat geschüttet wie aus Kübeln und gestürmt wie in der Kulisse vom fliegenden Holländer. Zwischendurch musste ich aufstehen und Handtücher unter die tropfenden Dachstellen legen. Um 04:30 dann die Hähne. Der Vormittag heute war hingegen ruhig. Frühstück, Klamotten in die Tasche packen und sogar noch eine Massage war drin‘.

Dann hieß es ‚good bye, Lake Toba!‘ – der Gedanke, im größten Vulkankrater der Welt in einem Kratersee auf einer Insel zu sitzen, die einst der Kraterboden war, der nach der Eruption nach oben gedrückt wurde, ist schon beeindruckend. Die Tatsache, dass dieser gigantische Vulkanausbruch vor 70.000 Jahren die Temperatur weltweit um 3 Grad gesenkt und entscheidend zur 2. Eiszeit beigetragen hat, ebenfalls.

Mit dem Boot über den Kratersee, in der Hoffnung, dass dort unser gebuchter Fahrer auf uns warten würde. Tat er aber nicht. Ein Anruf im Hotel (über das wir den Transfer gebucht hatten) ergab, dass die es verpennt haben, den Fahrer zu organisieren.  Shit happens. Also wurde vor Ort ein Transfer organisiert. Nach anfänglichem Herumgschleiche und dem Hinweis an den Fahrer, er könne ruhig indonesisch fahren, wurde die Fahrt dann munterer und wir unterschritten die angekünndigte Fahrzeit von 5,5h um eine Stunde. Von den 4,5h Fahrzeit entfielen übrigens 45 Minuten auf die letzten 10 Kilometer in Medan. The Horror.

Sumatra ist sicherlich auch deswegen so untouristisch, weil man für das Reisen sehr viel Zeit braucht und die Infrastruktur einfach grottenschlecht ist. Im Gegensatz zu den letzten durchlöcherten 30km in Bukit Lawang war die Straße heute zwar pures Gold,,,,,, aber man hängt dauernd hinter irgendwelchen abgewrackten LKWs, an denen die Karosserieteile nur noch an durchkorridierten Stahlzügen baumeln und die große schwarze Rußwolken durch den Auspuff blasen.

Der Weg heute führte durch kilometerlange Kautschuk- und Palmölplantagen,  Mopeds umrundeten uns wie X-Fighter den imperialen Schlachtkreuzer. Manche schwer beladen mit Tieren, Lebensmitteln, oder mit einigen Tonnen Bananen. Falls ich je ein Road-Movie drehen wollte – Sumatra wäre die Kulisse!

Im Hotel „Omlandia Deli River“ angekommen, fiel als erstes die herrliche Ruhe auf. Eine grüne Oase in der Millionenstadt Medan. Herrlich. Als zweites fiel das WLAN-Password auf: hdroml88 hier und omlhdr88 dort. Die „88“ kennt man ja aus einschlägigen Kreisen und die Recherche ergab, dass „Omlandia“ eine holländische Studentenverbindung war. Honi soit, qui mal y pense…  Wir reisen ja morgen wieder ab.

Die angekündigte Fahrzeit für die 15 km zum Flughafen morgen sind 1,5 Stunden. Naja. Fahren wir eben früher los.

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25.8. – Sumatra-Bali

Teil 1 – The road movie continues

Und mal wieder ein Reisetag. Für den 40km-Transfer vom Hotel zum Flughafen brauchen wir 75 Minuten. Gebucht ist Citilink, eine Airline, die auf irgendwelchen schwarzen Listen steht und weder bei Flighttrack, noch bei Checkmytrip zu finden ist. Eigentlich aber alles ganz ordentlich hier (famous last Words? Ich schreibe das gerade an Bord). Wir fliegen Medan (Kualanamu) – Bandung (auf Java) – Bali (Denpasar) und haben aktuell 45 Minuten Verspätung. Auf Bali werden wir dann – hoffentlich – abgeholt und sind noch eine ganze Weile bis in den Norden unterwegs. Wenn ich mich richtig erinnere, locker noch einmal 3-4 Stunden.

Das war’s dann also mit Sumatra und damit dem eher abenteuerlichen Teil unseres Trips. Zeit für ein Zwischenfazit: Inklusive der Anreise via Dubai (>1 Tag), den Transfers von Medan nach Bukit Lawang (¾ Tag), von dort zum Lake Toba (1 Tag) und zurück nach Medan (½ Tag) sowie dem heutigen Reisetag waren wir jetzt 5 Tage quasi auf der Straße oder in der Luft. Den Stopover-Tag in Singapur nicht mitgerechnet. In 10 Tagen haben wir 4 Flüge, 5 Transfers und 4 verschiedene Hotels genossen.

Wer jeden Urlaubstag auch als solchen ausnutzen will, ist sicherlich mit einem einfachen Hin- und Rückflug nach Irgendwo besser bedient. Wir haben jetzt vom Minibusfahren auch erst einmal die Nase voll. Andererseits haben wir Gorillas so hautnah gesehen, dass wir vor ihnen einmal Reißaus nehmen mussten, sind durch den Dschungel und ein Höhlensystem geklettert, haben in heißen Quellen und unter Wasserfällen gebadet, auf einer Insel im größten Kratersee der Welt übernachtet, sind mit 125ccm-Mopeds bergauf und bergab gedüst und haben mehr Sachen erlebt, als bei 10 Mallorca-Urlauben. Von Land und Leuten, den Straßen und dem Drumherum ganz zu schweigen.

Vor vielen Jahren in Sulawesi (einer anderen sehenswerten Insel Indonesiens) haben wir ähnliche Erfahrungen gemacht, wurden spontan von Einheimischen zum Festmahl eingeladen und haben an einer Beerdigungszeremonie im Urwald teilgenommen, bei der alle Gäste Schweine und Rinder mitbrachten, die dann in einer eigens erbauten Bambusarena geschlachtet, vor Ort zerkleinert wurden und in Bambusrohren mit Gemüse gegart zur Bewirtung der Gäste dienten.

Für jeden, der einen Funken Marco Polo (für die Jüngeren: Das war so eine Art Indiana Jones, bevor Spielberg geboren wurde) in sich hat, ist Indonesien vor allem abseits der eigetretenen Pfade ein ganz tolles Reiseland. Das Reisen ist günstig, das essen ist gut (also nicht ganz so fein, wie in Thailand, aber immer noch sehr gut) und man kommt auch mit den einheimischen Bussen immer von A nach B und alle Menschen sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Und zwar nicht die Art Hilfsbereitschaft, die dazu geführt hat, dass ich mittlerweile arabische Länder tendenziell vermeide, weil doch oft irgendein Hintergedanke dabei ist, sondern eine ganz herzliche, offene Hilfsbereitschaft, die nicht unbedingt auf ein Trinkgeld aus ist (das man dann natürlich um so lieber gibt).

Teil 2 – Angekommen! \o/

Hallo Bali! Nach einem insgesamt erfreulich problemlosen Flug mit kurzem Stopover in Bandung (bei dem wir sitzen bleiben konnten) sind wir in Bali angekommen und wurden sogar vom Fahrer abgeholt. Denpasar war wie üblich ein einziger Stau. Alleine aus dem Flughafengelände zu kommen, dauerte 20 Minuten. Der Trip hier zur Villa dann noch einmal 3,5 Stunden (die dürft ihr zu den oben genannten Transferzeiten dazurechnen). Puh! Irgendjemand hat mitgedacht und in unserem Ferienhaus Bier in den Kühlschrank gestellt. Halleluja! Und gute Nacht

 

Nimm mein Mixtape, Babe!

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Ich hab alles aufgenommen jeden Song bekommen
Massenhaft CDs gekauft auf manchen war nur ein Hit drauf
Nich so schlimm nich so schlimm das Mixtape muss stimmen
Nimm mein Mixtape, babe
Ich hoffe daß es dir gefällt
Nimm mein Mixtape, babe
Mit Liebe zusammengestellt
Nimm mein Mixtape, babe
Egal wo du jetzt bist
Hör mein Mixtape, babe
Damit du mich nicht vergisst
(c) Olli Schulz und der Hund Marie – Mixtape

Wieder so ein Twitterding. Ein Mixtape der Songs, die du aufgenommen hättest,  als Du 16 warst. Wow. So alt ist meine Tochter gerade geworden. Verdammt lang her… !

Auslöser war das Mixtape auf dem Blog vom Vogel, also das hier.

Jetzt bin ich dann mal in mich gegangen, habe anhand der Songs, die wir damals auf Klassenfahrt gehört haben, zurückgerechnet, was damals so ungefähr gelaufen sein muss und zugegebenermaßen habe ich auch in Bezug auf meine Lieblingsbands ein wenig gegoogelt. Und hier kommt das Ergebnis. Aufgenommen auf  SONY Type II (CrO2) UCX-S 90, weil man die öfter überspielen konnte, als die BASF-Tapes…

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Ich war übrigens streng mit mir und habe nur Songs aufgenommen,  die 1980 auf den Markt kamen, ausgekoppelt wurden oder in Deutschland erschienen, auch wenn ich z.B. erst in diesem Jahr Joe Zawinul und Birdland entdeckt habe und das sicherlich auf diversen 80er Mixtapes von mir aufgetaucht ist. Aber Jazz habe ich eh ganz rausgelassen (war auch nie auf einem meiner Tapes, nur auf Vinyl – heute ist ja Tag des Vinyls… – macht also insofern nix). Also 1980 pur.

1980, als Orwell noch in der Zukunft lag und ich zwischen Punk, New Wave, NDW und Reggae oszillierte…

SEITE 1

The Clash – London Calling

Wenn es (neben den Doors) jemals eine Band gab, die mich dauerhaft und bis heute musikalisch beeinflusst hat, dann waren das die Clash. 12/1979 erschien ihr absolutes Hammer-Album, das sie weltweit in den Orbit katapultierte. Ich könnte hier jeden Song reinschreiben, vor allem auch Guns Of Brixton. Aber London Calling it shall be.

Queen – Another One Bites the Dust

Queen war das erste Konzert meines Lebens. Im April 1978 in der Deutschlandhalle. 1980 war ich noch absoluter Queen-Fan (das gab sich dann aber bald, als sie zu kommerziell wurden).

Pink Floyd – Another Brick in The Wall

So ein Rom-Klassenfahrt-Song. Lief auf der Piazza Navona rauf und runter. Muss hier rein. Überhaupt muss was von Pink Floyd rein. Also dann eben der, war ja auch ihr letztes brauchbares Studioalbum.

Peter Gabriel – Games Without Frontiers

Ein Album, das ich jederzeit ohne nachzudenken auf die einsame Insel mitnehmen würde. Selbst, wenn ich nur 3 Alben mitnehmen dürfte. Jeder Song Gänsehaut. Der hier ist Platzhalter für Intruder, Biko und alle anderen Songs auf der Scheibe. Aber 1980 war das eben DER Song, der die Gänsehaut verursachte.

Bob Marley – Redemption Song

Bob Marley. Reggae überhaupt. Habe ich damals geliebt, liebe ich heute noch. Den Song hier hat Bob Marley live auf der Babylon By Bus Tour in der Waldbühne gespielt. Alleine zur Gitarre. Der war damals noch gar nicht auf irgendeiner Platte verewigt. Ganz groß!

Ideal – Berlin

Weiß ich noch wie heute! Im 3. Programm gab es damals immer so eine Sendung mit Insiderzeugs aus Berlin, da habe ich zum ersten Mal von Ideal gehört. Sofort in den Plattenladen gerannt und die Platte gekauft. War ne große Scheibe, lief aber auf 45. Tolle Band damals, in Zeiten der aufkommenden NDW.

Inner Circle – Summer in the City 

Inner Circle war ja nie so richtig groß, eher so Mainstream. Aber das Album New Age Music, erschienen 1980, war anders. Schräg. Kein Reggae, kaum zuzuordnen. Und den Loving Spoonful-Hit Summer In The City hat (vielleicht mit Ausnahme von Max Werner) nie wieder jemand so geil gecovert, wie Inner Circle (also mal auf KEINEN Fall der Cocker!!)

The Cure – A Forest

DAS Musikvideo überhaupt. Und Erinnerungen an den Ohrring, den Kajalstift und lange Nächte mit einem Gin Tonic im Linientreu.

SEITE 2

OK – ich war nicht halb so cool wie die Songs auf Seite 1 es aussehen lassen könnten. Hier also die dunkle Seite der Macht…

M – Pop Muzik

London, Paris, New York, Munich – everybody’s talking bout Pop Muzik (immerhin hat er München erwähnt). Trotzdem: Geiler Song irgendwie immer noch

Lipps Inc. – Funky Town

Extatisches Rumhampeln auf der Tanzfläche… Rückblickend zugegebenermaßen etwas peinlich…

Bel Ami – Berlin Bei Nacht

Geschuldet sicherlich meiner immerwährenden Liebe zu meiner Heimatstadt, anders kann ich mir das nicht erklären

Diana Ross – Upside Down

Nun war ich immer eher Pogo, als Disco, aber der Song hatte mich damals. Wenn der lief, fing ich an, extatisch zu zucken. Allerdings besaß ich nie einen weißen Anzug mit dünner Lederkrawatte!

George Benson – Gimme The Night

 Wenn ich den heute höre, erröte ich slightly beim Gedanken daran, den Song damals so gemocht zu haben. Benson aber war schon auch ein genialer Jazz-Gitarrist

Gary Newman – Cars

Are friends electric (Düdüdü -Düdüdü – didü – didü -didü – didü – Düdüdü) erschien ja leider erst 1981, deswegen konnte ich das nicht auf mein 80er-Mixtape-packen, aber Cars war ja quasi der gleiche Song, nur früher.

Grauzone – Eisbär

Es gibt ja peinliche NDW-Sachen (Sommersprossen&Co) und es gibt coole. Eisbär läuft schon ab und zu heute noch, wenn das Thermometer mal wieder auf über 30 Grad steigt.

Joy Division – Love will tear us apart

Mixtapes müssen ja auf beiden Seiten mit nem Knaller anfangen und aufhören, damit man sie immer und immer wieder umdreht, oder (bei diesen neuen Tapedecks) auf Dauerschleife laufen lassen kann. Joy Division,ey! \m/

So, das war’s. Das Schlimme ist ja, dass ich wahrscheinlich die Wichtigsten Songs des Jahres schlicht und ergreifend vergessen habe. Aber das, was da auf dem Tape ist, passt im Großen und Ganzen schon. Enjoy!

Ich bin dann mal offline

(oder: wie die Telekom mich für 2 Tage ins finstere Mittelalter beförderte)

(notiert, um zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Stück für’s lokale Bauerntheater weiterentwickelt zu werden)

1. Akt – die dreiste Lüge des Baggerführers

18. März, 08:15

Während des Frühstücks, geht mir eine geniale Replik auf den Tweet eines Freundes durch den Kopf. Zwischen Espresso und Toast greife ich also zum iPad, um eben die 140 Zeichen auf den Weg zu bringen, aber der verdammte Beitrag will sich nicht senden lassen. Also wird als erstes mal das WLAN im iPad deaktiviert und wieder aktiviert. Ohne Ergebnis. Dann also an den Rechner. Der ist auch offline. Den Router vom Strom geklemmt und neu gestartet. Immer noch nix.

Kurze Verschnaufpause. Kenne ich von der Tauchausbildung: Stop – breathe – think – act! Das könnten Netz- oder Providerprobleme sein.

Andere Menschen würden jetzt auf dem Mobiltelefon checken, ob es Providerprobleme geben könnte, aber nicht ich. Ich lebe in der verdammten Kommunikationsdiaspora. Mehr als eine 5.000er-DSL-Leitung gibt es hier am hintersten Fleckchen vom Arsch der Welt nicht, Glasfaser legt hier keiner her (es gab wohl mal den Versuch, aber die Bauarbeiter sind auf dem Weg hier raus verdurstet) und selbst das Mobilnetz ist nur auf der obersten Sprosse einer Auzsziehleiter an diesem einen (mittlerweile mit einem Kreuz markierten) Fleckchen im Garten zu empfangen.

Rufen wir also ganz old school mal beim Provider an, ob der vielleicht mehr weiß. Zum Telefon gegriffen und … das ist so tot wie die Heimkurve der Turner beim Derby.

Stop – breathe – think – act!

Die ver…e Baustelle 2 Häuser weiter. Die baggern da gerade. Die werden doch wohl nicht…. Ich rüber zu den Bauarbeitern: „Kann es sein, dass ihr das Telefonkabel durchgehauen habt?“ Kindlich unschuldiger Augenaufschlag des kleinen Dicken mit dem Filzhut: „Naa, dös hättma bemerkt“. Verstohlenes Kichern der umstehenden Blaumänner. Ich auf dem direkten Weg zum Nachbarn und an dessen Telefon. Auch tot. Ich wieder zur Baustelle und in die Grube geleuchtet. Das durchtrennte Kabel auf den ersten Blick gesichtet. Den Baggerführer daraufhin mit dem etwas strengeren Oberschulratsblick fixiert: „Ganz sicher?? Ist alles Tot hier in der Straße“. Er knickt sofort ein und gesteht „Mir hom aba scho‘ die Telekom informiert“. Frei nach Josef Hader: „neunzg Prozent von de Bauarbeiter, könnens sagen, zu hundert Prozent san des Trotteln.“

Immerhin haben wir das Problem identifiziert, und wie sagt der Volksmund so schön? „Problem erkannt, Problem gebannt“. Wie sich im weiteren Verlauf zeigen sollte, muss dieser Sinnspruch aus der Zeit vor Gründung der Deutschen Telekom stammen.

2. Akt – die harsche Ablehnung der sächsischen Call Center Angestellten

18. März, 09:30

Die Klappleiter im Garten auf die Stelle mit dem Kreuz gestellt, aufgeentert, in der Edge-Hölle die Störungsnummer der Telekom ermittelt und dann bei der Hotline der Telekom angerufen, um den Schaden an der Hauptleitung zu melden. Anrufen ist eine etwas euphemistische Formulierung für die Telefoncomputer-Eingabetortur, die man erst einmal durch laufen muss:

  1. Abwarten des herzlichen, von einer sympathischen Frauenstimme vorgetragenen Begrüßungssprüchleins
  2. Beantwortung der Frage, ob es sich bei der Rufnummer, von der aus man anruft, um die Nummer handelt, um die es geht (nein tut es nicht, weil ich von der Nummer, um die es geht aus nicht anrufen kann)
  3. Eingabe der Nummer um die es nun tatsächlich geht
  4. Eintippen des relevanten Themenfeldes („tippen sie 1 für Vertrag, 2 für Rechnung, 3 für Informationen zu Geräten, … 95 für Störungsmeldungen“)
  5. Abwarten der Information, dass man auch über das Internet ganz tolle Informationen bekommt und Störungen eingeben kann (mein verdammtes Internet geht aber nicht!!!!)
  6. Beantworten der Frage, ob man mit einem Menschen verbunden werden möchte (JA! Schreit mein Herz. JA! JA!: Ecce, Homo! Ja, bitte!)
  7. Wiederholung der Antwort in gemessenerem Tonfall und ohne Lateinische Begleiterklärungen („ich habe Sie nicht verstanden!“)
  8. Mitteilung, dass nun eine kurze Messung vorgenommen würde, die einige Sekunden in Anspruch nehmen könne
  9. Beantwortung der Frage, ob ich mit einem Mitschnitt des Gesprächs einverstanden bin

und dann – endlich – eine menschliche Stimme (mit sächsischem Akzent. Die ganze entnervende Prozedur von 1-8 dient also nur dem Stressabbau, um für das Gespräch mit Sachsenpaula gewappnet zu sein):

„Diedeitschedelegommwasgannschfürsiedun?“
„Ich möchte ein durchtrenntes Telefonkabel melden“
„Gemsemalbiddeihrenummer“
„089…“
kurze Pause
(in entrüstetem Tonfall und plötzlich glasklarem Hochdeutsch:)
„Sie sind ja gar kein Telekom-Kunde!“
„Nein, aber es geht ja auch nicht um meinen Hausanschluss, sondern da ist ein Kabel durchge…“
„Ich kann das nicht aufnehmen!“
„Die ganze Straße ist..:“
„SIE SIND GEEN GUNDE – DANN KANN ICH DAS NICHT AUFNEHMEN!“

Alle Beteiligten ab. Vorhang.

3. Akt – der Vodafonekunde im Telekompelz

18. März, 09:00

In einem kurzen Krisenrat der Kommnikationsamputierten wurde beschlossen, dass ich im Namen meines Nachbarn noch einmal bei der Telekom anrufen solle. Nach erneutem Aufentern auf die Stehleiter und dem zweiten Durchlauf der nun mittlerweile schon vertrauten viertelstündigen Telefoncomputer-Prozedur wurde ich wieder mit einem Mitarbeiter des Kommunikationskonzerns verbunden. „Diedeitschedelegommwasgannschfürsiedun?“. Im zweiten Anlauf – als treuer und langjähriger Kunde – war die Behandlung wohlwollender und ich durfte sogar meinen Satz beenden, dass das Kabel auf der Straße … ihr wisst schon.

Mir wurde mit stolzer Stimme mitgeteilt, dass man sich der Sache annehmen und einen Techniker schicken würde, der die Lage vor Ort prüfe. Mein verzagtes Nachhaken, dass der Prüfungsbedarf sich aufgrund der vorliegenden Beweislage eigentlich ja erübrige, wurde mit dem Hinweis abgeschmettert, dass das nun einmal die Regelabläufe wären. Da kann ja sonst schließlich jeder kommen und einen Kabelschaden vortäuschen!

Immerhin wurde meine Mobilnummer notiert, damit der Techniker sich da melden kann. Die Dame verabschiedet sich mit den tröstenden Worten: „Wenn das wirklich ein zertrenntes Kabel ist, kann das schon mal 2 Wochen dauern“.

18. März, 09:30

Anruf bei Vodafone, um den Fehler auch dort zu melden. Ähnliche Telefoncomputerprozedur, wie bei der Telekom, allerdings hier in immerhin nur 5 Schritten. Nette Mitarbeiterin mit Berliner Akzent (gut, ich gebe zu, dass sie damit bei mir ollem Berliner sofort gepunktet hat), die die Störung aufnimmt und eine Rufumleitung einrichtet. Auf meine Frage, ob man da temporär mit dem Internet irgendetwas machen könne, der Hinweis, dass ich ja einen Firmenkundenanschluss habe und ich doch noch einmal bei der Firmenkundenbetreuung anrufen solle, weil die da mehr Möglichkeiten hätten.

Regiehinweis: Der Hauptdarsteller holt ein Stromkabel, weil der Akku seines iPhone sich bereits bedenklich leert und macht es sich mit belegten Broten und einer Kanne Tee auf der Leiter bequem.

18. März, 10:00

Anruf bei Vodafone – diesmal die -1234 statt der -1212 – um mit der Firmenkundenbetreuung Optionen zu wälzen. Telefoncomputerterror. Als endlich die Mitarbeiterin an der Leitung ist, hebe ich an:

„Ja hallo, ich habe eben schon mit Ihrer Kollegin aus dem Privatkundenbereich gesprochen und die hat mich an Sie verwiesen, und…“
Die Mitarbeiterin unterbricht mich mit den Worten
„Ich möchte sie nicht unterbrechen“ (soweit dazu) „aber sie sind hier wieder in die Privatkundenbetreuung durchgestellt worden. Ich sehe aber, dass Sie die richtige Nummer gewählt haben und stelle Sie gleich mal durch.“
3 Minuten mit der kleinen Nachtmusik und dann – endlich! – die Firmenkundenbetreuung von Vodafone.

Die Dame da (auch mit Berliner Akzent; das Call Center scheint irgendwo in der Hauptstadt zu sitzen) war nun das erste positive Highlight des Tages. Mit zartrauchiger Stimme (kennt ihr noch Susi aus Herzblatt?) teilt sie mein Leid und prüft noch einmal die Leitung („das scheint wirklich ein Kabelfehler zu sein“). Auf mein Internetproblem angesprochen fragt sie, ob ich mobil auch Vodafonekunde sei, dann könne sie mir einfach die Internetnutzung kostenlos und ungedrosselt freischalten. Bin ich leider nicht. Treppenwitz: Mobil bin ich seit Ewigkeiten Telekomkunde. Sie bedauert das ebenfalls und bietet mir an, dass ich mir einen Datenstick eines beliebigen Anbieters kaufen und die Rechnung einreichen soll. Schließlich bietet sie noch von sich aus an, sich den Vorgang auf Wiedervorlage zu legen, um mir Bescheid zu geben, sobald sich etwas täte. Ich verwerfe den kurzen Gedanken, sie anlässlich meines nächsten Berlinbesuchs zum Essen einzuladen und verabschiede mich schweren Herzens.

18. März, 15:00

Der Zustand absoluter Abschottung von der Außenwelt ist ebenso ungewohnt (selbst in entfernten Urlaubsgebieten gibt es mittlerweile an jeder Ecke Free WiFi), wie ärgerlich. Speziell dann, wenn man im Homeoffice arbeitet und auf das Internet angewiesen ist. Gesteigert wird diese Ärgerlichkeit noch dadurch, dass Kunden, die versuchen, einen telefonisch zu erreichen, mit der Ansage „der gewünschte Gesprächspartner ist momentan nicht erreichbar“ abgespeist werden. Das macht nur so einen, sagen wir mal „semiprofessionellen“ Eindruck.

Deswegen ein erneuter Anruf bei der Telekom (Leiter, Telefoncomputer, Sachsenpaula), um zu erfragen, wo denn nun der Techniker bliebe, der sich bei mir ankündigen wolle (in weiser Voraussicht lag das Mobiltelefon die ganze Zeit empfangsbereit auf der Leiter!).

„Der Techniker war schon da und hat den Knotenpunkt durchgemessen. Da wurde nichts festgestellt“
„Das kann aber nicht sein“
„Das sehe ich aber hier so auf dem Computer. Sie sind auch der einzige Kunde in dem Bezirk, der hier eine Störung gemeldet hat. Wir schicken Ihnen morgen zwischen 08:00 und 12:00 einen Techniker vorbei. Da muss aber jemand da sein, damit der an den Hausanschluss kann“.

Regieanweisung: Äußerste Rat- und Hoffnungslosigkeit des Hauptdarstellers. Selbiger ab, um sich mit dem Nachbarn zu beratschlagen.

4. Akt – der nörgelnde Nachwuchs

18. März, 16:00

Auf dem Rückweg vom Krisengipfel mit dem Nachbarn (Motto: geteilte Ratlosigkeit ist halbe Ratlosigkeit) begegnet mir am heimischen Gartentor die Tochter, die mir – das mobile Endgerät am ausgestreckten Arm in die Luft streckend – mit wutverzerrter Stimme entgegenzischt „WAS. IST. MIT. DEM. INTERNET?“.

Nun muss man erklären, dass ich aus rein pädagogischen Gründen dazu übergegangen bin, ab und an  den Zugang des Nachwuchses zum WWW zu drosseln, was einen generellen Ausgansverdacht durchaus rechtfertigen mag – in diesem Fall konnte ich jedoch komplett und in vollem Umfang auf „Nicht schuldig“ plädieren und dies auch noch mit aktuellem Bildmaterial belegen.

„Und wie lange bleibt das jetzt so? Kein Telefon und kein Internet?“
„Sachsenpaula meinte, dass könne bis zu 2 Wochen dauern“

Der Ausdruck der Verzweiflung im sonst so anmutigen Antlitz des Teenagers ist nicht in Worte zu fassen.

Zurück im Garten erblicke ich Junior, der auf meiner Leiter stehend versucht, Kontakt mit der Umwelt aufzunehmen. Mag es denn für mich als selbstständig Arbeitenden ein Problem sein, wenn mich meine Kunden nicht erreichen und ich zur Arbeitslosigkeit verdammt bin – für meine Digital Natives ist es die schiere Katastrophe. Das blanke Entsetzen. Schlimmer als jeder Horrorfilm.

Den restlichen Tag verbrachten die beiden Nachwüchse damit, im Schneidersitz zusammengekauert autistisch den Kopf hin und her zu wiegen und laut zu schluchzen.

5. Akt – Gemeinsam sind wir stark

18. März, 19:00

Der Kommunikationshochsitz auf der Gartenleiter ist mittlerweile sehr begehrt. Ich gebe ihn nur ungern auf und vertreibe mir die Zeit zwischen den Telefonaten mit dem Freistaat Sachen (mir sind die „Home of the Telekom“-Schilder an den Landesgrenzen wohl nur noch nie aufgefallen) auf Twitter:

telekomhilftnicht

Die freundlichen Jungs von @Telekom_hilft verwiesen mich erst einmal auf ein Schadensaufnahmeformular. Nun gut – der Schaden war zwar bereits so um die zehn mal aufgenommen, aber man lässt ja nichts unversucht.

Gerade, als der Ruf der Natur (die Kanne Tee!) mich dann doch einmal zwang, meine Leiter zu verlassen, rief der Telekom Twitterservice tatsächlich zeitnah an. Und nachdem er mich nicht erreichte, doch tatsächlich gleich noch einmal. Zum ersten mal hatte ich den Eindruck, dass mein Problem als (vermeintlicher) Telekomkunde bei der Telekom eventuell doch jemanden interessieren könnte.

Der Telekommitarbeiter sprach gewähltes Hochdeutsch (Twitter ist vielleicht in Sachsen noch nicht so ganz angekommen), zeigte Verständnis für mein Problem und versicherte mir, jetzt auf meiner Schadensmeldung zu vermerken, dass es sich um ein Kabelproblem handle. Problematisch sei, dass ich nach wie vor der einzige Kunde sei, der den Schaden gemeldet habe (zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Schaden bereits in meinem Namen bei Vodafone und im Namen meines Nachbarn bei der Telekom gemeldet. Darüberhinaus erfuhr ich später von der anderen Nachbarin – inkl. Ticketnummer –  dass diese den Schaden bereits Vormittags gemeldet hat. Last not least hatten die Bauarbeiter den Schaden ebenfalls gemeldet).

Mein geplanter Champions League Abend begann nun also damit, dass ich als Ein-Mann-Dreikönigssinger von Nachbarhaus zu Nachbarhaus zog, die Rufnummer der Telekom-Störungsstelle hinterließ und dringend um Anruf bat.

Alles nicht so schön!

6. Akt – Das Exil

19. März, 08:00

Habt ihr schon einmal einen Tag auf einer Ausziehleiter verbracht? Ich wünsche es euch nicht! Du wachst mit schmerzenden Gliedern auf und hast am ganzen Körper blaue Flecken. Noch einen Vormittag da oben den Gezeiten ausgesetzt zu verbringen war keine Option. Kurz entschlossen wurden Laptop und Unterlagen eingepackt und in die Sportkneipe der nahegelegenen Tennisanlage verfrachtet, wo ich beim Besitzer vorsprach und um WLAN-Asyl bat, das mir auch sofort gewährt wurde (da sage noch mal einer, in Bayern hätten Asylsuchende keine Chance!). In ausgesprochen kuscheligem Ambiente konnte ich dann also bis Mittags arbeiten. Schön ruhig war’s

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Um 10:30 klingelte das Handy, das Display zeigte die mittlerweile sehr gut vertraute 0800-Nummer der Telekom Störungsstelle. Der Techniker, der sich vor seinem Besuch ankündigen wollte, meldete sich mit der Mitteilung, dass er jetzt vor Ort gewesen sei. Er habe das Problem jetzt eindeutig identifiziert – in der Straße sei bei Bauarbeiten das Kabel zerrissen worden…

7. und letzter Akt – Bin ich schon drin?

19. März, 12:00

Gegen Mittag wurde es dann im Limones voll – die umliegenden Bürohengste kamen zum Essen. Zu voll zum Arbeiten auf jeden Fall. Also schnell noch die Gelegenheit genutzt, und mal wieder bei 0800-Telekom angerufen, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Die 15 Minuten Telefoncomputer-Ansagen konnte ich bereits rosenkranzartig mitbeten. Freundlich wurde mir mitgeteilt, dass es sich um einen Kabelbruch handele (aha!), man aber darüber hinaus nichts sagen könne, weil das nicht in der Zuständigkeit der Technikerdisposition läge, sondern in der Zuständigkeit der Bauabteilung. Und es sei ja schließlich Freitag Mittag…

Als gebrochener Mann trank ich einen letzten Espresso und verließ den Sportpark, um mir ein nettes stabiles Bäumchen zu suchen, an dem ich mich aufhängen könnte.

Auf dem Heimweg stand 3 Häuser vor dem meinen an der Baustelle … ein Kastenwagen der Telekom. In der Baugrube ein Techniker, der offenkundig auch arbeitete. Mit quietschenden Reifen bremse ich mein Auto, springe aus dem Wagen und umarme den Techniker, der mich aber gleich mit folgenden Worten bremst: „Is schwierig. Kabel zerfetzt“ (zeigt auf das zerfetzte Kabel) „Geht so nicht. Muss Bagger kommen. Hoffentlich heute“.

Nachdenklich fuhr ich die paar Meter weiter, parkte den Wagen und betrat das Haus. Ging es nicht früher auch wunderbar, so ohne Internet und mit einem Bakelit-Telefon, dessen Samtkabel fest in der Wand verankert war? Handelte es sich vielleicht um eine Prüfung des Herrn? Opfert man heute Telefon und Internet, wo früher noch der Erstgeborene herhalten musste?

19. März, 15:06

*Ping!* Ein kurzer heller Glockenklang reißt mich aus meinen Gedanken. Was war denn das? Es klang so vertraut und gleichzeitig so weit weg. 5 Minuten später wieder: *Ping*. Das ist doch… Das ist doch… Ich springe auf und greife mit zitternden Händen mein Tablet. Und siehe da: Neue Nachrichten! Internet!

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Epilog

31 Stunden. Unter dem Strich hat die Telekom angesichts der Tatsache, dass es doch eines relativ hohen logistischen Aufwands bedurfte, um das Problem zu beheben, einigermaßen schnell reagiert. Die Kommunikation in meine Richtung (a.k.a. „Kunde“) war allerdings absolut unterirdisch. Obwohl diverse Schadensmeldungen vorlagen, waren diese nicht bekannt. Obwohl klar ein Kabelschaden gemeldet war, sollte ein Techniker den Hausanschluss prüfen. Nach über 24 Stunden bekomme ich einen Anruf, der mit das mitteilt, was ich am Tag vorher gemeldet habe. Am schlimmsten war die absolute Unfähigkeit irgendeine Art von Auskunft über den weiteren Ablauf zu geben. Hat Nerven gekostet. Gottseidank besitze ich eine Leiter!

Das digitale Dilemma

Der von mir hoch geschätzte Johnny Haeusler hat mit einer Kolumne in Wired viel Staub aufgewirbelt. Kernthese: Verlage, macht eure Websites dicht! Es folgte natürlich ein großer Aufruhr in der Medienwelt. Nachdem das Thema mich ja seit langem verfolgt, habe ich einmal (was ich sonst grundsätzlich nie tue) zur virtuellen Feder gegriffen und einen Kommentar geschrieben. Bittesehr:

Die geschilderte Ausgangssituation kann wohl jeder unterschreiben, der seine Kinder und deren Freunde bei der Mediennutzung beobachtet und/oder selbst viel im Netz unterwegs ist. Da wird schon lange nicht mehr nach dem Motto „ist ja alles so schön bunt hier“ von Website zu Website „gesurft“, sondern es werden ganz gezielt die Häfen angesteuert, in denen man seinen vertrauten Liegeplatz hat.

Letztes Jahr habe ich einige Panels zum Thema „Mediennutzung“ mit Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft durchgeführt und das Ergebnis war ziemlich eindeutig: Viele hatten gar keinen Fernseher mehr, sondern streamten nur noch; die Nachrichten kamen überwiegend über die sozialen Netze (bevorzugt Facebook, bei Studenten auch öfter mal Twitter) ins Haus.

Was deine Ausgangslage darüber hinaus stützt, ist die mittlerweile statistisch belegte Tatsache, dass sich das Mediennutzungsverhalten über die Jahre hinweg kaum ändert. Der insbesondere von Zeitungsverlegern gerne geäußerte Satz „die kommen schon noch ins Alter für die Zeitung“ stimmt schlicht und ergreifend nicht. Wer digital aufwächst, wird auch digital alt! Da kann sich durchaus das bevorzugte Social Network einmal ändern, ein Digital Native wirft aber nicht plötzlich das Tablet in die Ecke und raschelt mit Papierseiten.

Das haben nun nach langem und zähem Sträuben auch die Verleger erkannt und stecken viel Geld und Mühe in den Betrieb ihrer digitalen Angebote, um ihre Nachrichten auch weiterhin an den Empfänger zu bringen – und das auch noch unter verschärften Bedingungen, denn zum einen ist der Wettbewerb immens (so mancher Blogger meines Vertrauens muss sich nicht hinter professionellen Redakteuren verstecken), zum anderen erhalten Verlage für ihre digitalen Angebote nur einen Bruchteil der Vertriebs- und Anzeigenerlöse, die sie aus den guten alten Print-Zeiten gewohnt sind.

Nun sind aber auch Verlage Wirtschaftsunternehmen und müssen mit dem, was sie da tun, Geld verdienen. Und genau das ist der Punkt, wo ich Schwierigkeiten mit der Handlungsempfehlung habe, die Du aus der so treffsicher beschriebenen Ausgangslage ziehst: „Reduziert eure Wertschöpfungstiefe, Verlage! Werdet Zulieferbetriebe!“.

Aus meiner Sicht kann Dein Vorschlag aus folgenden drei Gründen nicht funktionieren:

1. Die Kraft der Marke
Der ideelle und wirtschaftliche Wert einer Nachricht – also sowohl deren Glaubwürdigkeit, als auch das Geld, das sich mit dem Verkauf der Nachricht verdienen lässt – steht und fällt mit der Qualität des Absenders. Wenn dpa, SZ oder Spiegel etwas veröffentlichen, nimmt man das anders wahr, als wenn es aus irgendeiner ominösen Quelle stammt, die sich nicht wirklich nachvollziehen lässt. Das haben gottseidank auch Deine und meine Kinder mittlerweile glasklar erkannt. Unterm Strich geht es also um Kraft der Marke, was Du ja auch selber bestätigst, wenn Du schreibst „Die generelle Funktion von Verlagen und Marken als vertrauenswürdige Absender und Kuratoren wird also keineswegs überflüssig“. Nachdem sie ihr Informationsmonopol verloren haben, bleiben den Verlagen als Kernkompetenzen nur noch ihre ausgebildeten Redaktionen und ihre Marken. Wie sollen sie ihre Marken stärken, wenn sie bestenfalls noch im Co-Branding auftauchen?

2. Der Geiz der Social Networks
Google, Facebook & Co verbreiten zwar liebend gerne den Content anderer Quellen, weil es ihre Reichweite befördert, aber sie zahlen nicht dafür. Und sie sind mittlerweile so stark, dass sie diese Position auch durchsetzen können. Jüngstes Beispiel ist das Einknicken der VG Media (Zusammenschluss der wichtigen deutschen Verlage), die gegen die unentgeltliche Nutzung ihrer Inhalte durch Google vorgehen sollte. Am Ende des Tages haben die Verlage gegenüber Google eine widerrufliche ‘Gratiseinwilligung’ in die unentgeltliche Nutzung ihrer Presseerzeugnisse abgegeben. Begründung: “Die VG Media Presseverleger sehen sich angesichts der überwältigenden Marktmacht von Google zu diesem außergewöhnlichen Schritt gezwungen”. Natürlich brauchen Facebook, Snapchat und Co. den Content der verlinkten Sites – die Abhängigkeit ist gegenseitig. Jeff Bezos hat sicherlich nicht ohne Hintergedanken 250 Mio. $ für die Washington Post auf den Tisch gelegt (die übrigens auch immer noch eine Website betreibt). Aber dass sie, wie Du schreibst „genauso wie die alten Nachrichtenkanäle agieren und in naher Zukunft professionelle Content-Lieferanten bezahlen werden“ halte ich für sehr, sehr unwahrscheinlich.

3. Die Penunze
In Ansätzen funktioniert bezahlter digitaler Journalismus bereits. Es sind ebenso seltene, wie fragile Ansätze, aber immerhin. Der gesichtsbehaarte Chefredakteur wird nicht müde, mit den 200.000 digitalen Abonnenten seiner fragwürdigen Publikation zu prahlen. Das Wall Street Journal hat über 900.000 digitale Subscriber, die jeden Monat 22$ zahlen. Die Paywalls schießen aktuell wie Pilze aus dem Boden. Auch als digitales Werbeumfeld mit hochwertigen Zielgruppen funktionieren die Verlagswebsites. Soll man da jetzt wirklich die Tür abschließen und den Schlüssel wegwerfen?

Ich teile also die von Dir geschilderte Ausgangssituation voll und ganz, komme aber zum genau gegenteiligen Schluss: Verlage, baut Eure Websites aus! Der direkte Kontakt mit dem Leser ist für Verlage überlebenswichtig. Exklusive, gut recherchierte und interessante Nachrichten einfach auf einen Cloudserver mit thesaurierten xml-Dateien zu stellen, würde den Markenwert der Verlage vernichten, die Einnahmen deutlich reduzieren und auf Sicht zum großen Redaktionssterben führen.

Cluburlaub. The Horror!

Nachdem ich mich jahrelang – ach was: jahrzehntelang erfolgreich dagegen gewehrt habe, hat meine Holde nunmehr einen so fantastischen Freundschaftspreis in einem dieser Clubs ergattert, dass ich nurmehr qualitative, jedoch keinerlei quantitativen Gegenargumente mehr aufbringen konnte, und mich letztlich geschlagen gab. Cluburlaub also. Nach einer sehr (!) relaxten Woche auf einem kleinen Schiff entlang der Türkischen Küste (ich kann Schiff und Kapitän nur wärmstens empfehlen und gebe gerne die Kontaktdaten weiter) landeten wir also schlussendlich im Robinson Club Sarigerme.

Meine festgefahrenen Vorurteile: In Clubs gehen dir gutgelaunte Ronald Mac Donalds so lange auf die Nüsse, bis du dir entnervt eine Poolnudel schnappst und die Aquagymnastik mitmachst. Um es vorwegzunehmen: Das war nicht der Fall. Es war nicht so schlimm, sondern anders schlimm.
So ein Club ist ein kleines Stück Deutschland in der großen weiten Welt. Man spricht Deutsch, trinkt deutsch und verhält sich deutsch. So werden bspw. die ersten Handtücher gegen 06 Uhr morgens ausgeworfen – ab 07:30 ist der Strand mit TUI-blauem Frottee gepflastert.
Der typische Cluburlauber sucht sich das Urlaubsziel nicht nach der Attraktivität des bereisten Landes aus, sondern nach dem Sportangebot seines Clubs – oft weiß er nach 2-3 Tagen gar nicht mehr, in welchem Land er sich eigentlich befindet, weil er ausschließlich in Clubs Urlaub macht, und die sehen ja alle gleich aus. Gewiefte Clubberer können allerdings aus den Namensschildchen des einheimischen Putz- und Buffetpersonals immerhin Rückschlüsse auf den Kontinent ziehen, auf dem sie sich gerade befinden.

In „unserem“ Club gab es zweierlei Besucherkategorien:

1.: Die Älteren: Die Älteren waren so zwischen 40 und 70 Jahre alt. Die Männer überwiegend Chefarzt, Steuer- oder Unternehmensberater. Golf und Tennis. Oder Katamaran. Die Frauen jeweils die Ehefrauen der Männer (bei sehr großem Altersunterschied vermutlich Sprechstundenhilfe oder Assistenzkraft).

2.: Die Jüngeren: Extrem durchtrainierte, gutaussehende, smarte Männer in Begleitung von Top-Models in Stringtangas oder Fitnesstrainerinnen in Hot Pants. Der bloße Anblick ließ mich verschämt den Blick auf meine Wampe richten und rot anlaufen. Nicht schön!

Altersunabhängig kleidet der Herr sich durchgängig in unglaublich sympathiegeladene Marken wie Hollister, Camp David, Ralph Lauren oder Abercrombie&Fitch. Wichtig jeweils der aufgestellte Polohemdkragen. Die Marken der von den Ladies getragenen Stringtangas konnte ich ohne Lesebrille leider nicht identifizieren.

Der Cluburlauber fährt in den Club, um im Urlaub keine Sehnsucht nach dem heimischen Fitness-Center aufkommen zu lassen. Unser Club hatte 9 Stockwerke und erinnerte ein wenig an die sozialistischen Prachtbauten entlang der Frankfurter Allee. Neben den Wohnetagen gab es eine „Wellfit-Ebene“, eine „Body und Soul Ebene“, eine „Spa Ebene“, eine „WWF Mudwrestling & Fight Club Ebene“, eine Bogenschießanlage, 20 Tennisplätze, ein riesengroßes Wassersportcenter und eine Poolnudelcorner. Dumm nur, wenn man, wie wir, am falschen Tag anreist und die entsprechenden Einweisungskurse verpasst. Dann darf man nämlich weder am Bogenschießen, noch am Wassersport teilnehmen und muss 2-3 Tage warten, bis der nächste Kurs beginnt. Cluburlaub ist Fitnesstraining bei 40 Grad im Schatten! Und anschließend: Essen!

Das Essen! Die vielen verbrannten Kalorien wollen ja wieder irgendwie zurückkehren. Deswegen kann man im Club den ganzen Tag essen: Frühstück von 7:00-11:00, Mittagessen ab 12:00 im Hauptrestaurant, an der Poolbar und an der Strandbar, dann der Nachmittagssnack, das Abendessen, der Mitternachtssnack. Buffets so groß, dass sie sich am Horizont verlieren. Schade nur, dass das Hauptrestaurant im 4. Stockwerk des Plattenbaus liegt und Charme und Akustik einer Aussegnungshalle hat. Will man in einem der kleineren Restaurants unter freiem Himmel essen, zahlt man zum eh schon happigen All Inclusive-Preis noch einmal um die 25 Euro (pro Person) dazu. Selbst auf die zum Hauptrestaurant gehörige Terrasse kommt man nur, wenn man eine Flasche Wein ordert (und bezahlt), obwohl recht gute Weine im Preis inbegriffen sind.

Überhaupt: „All Inclusive“ ist nur so eine Halbwahrheit. Nicht nur bei den Restaurants zahlt man auf, wenn man es netter haben möchte, auch die morgendliche Radtour wird nur gegen Geld angeboten. Surfboards und Katamarane darf ich zwar kostenlos leihen, aber nur wenn ich einen offiziellen VDWS-Schein vorweisen kann. Falls nicht, muss ich einen Kurs mitmachen, der mich wieder ca. 200 EUR kostet. Fährt einer der „Robins“ vom Wassersportzentrum mit einem aus, so kostet das 30 EUR. Und zwar nicht für den Kat, sondern pro Person! Trainerstunden beim Tennis kosten happig extra. Ein kostenloses Gruppentraining gibt es nicht. Usw. Usw. Nutzt man diese kostenpflichtigen Angebote ausgiebig, kommt schnell noch mal ein vierstelliger Betrag auf den „All Inclusive“ Preis oben drauf.

Ein Bericht über einen Cluburlaub wäre natürlich vollkommen unvollständig ohne eine kurze Bemerkung über das Abendprogramm. Die freundlichen Animateure sind ja alle auch Tänzer, Schauspieler, Sänger und Akrobaten und jeden Abend wird eine Show aufgeführt. Wir waren nur bei einer Show, die war aber erstaunlich gut (angelehnt an Stomp, Blue Man Group & Co). Nach Beendigung der Showtime wird auf dem „Schachbrett“ (die türkische Übersetzung gefiel mir besser: „Dans Pisti“) der Clubtanz vor- bzw. aufgeführt. Den kann man nicht beschreiben. Den muss man gesehen haben. Ich werde das jetzt morgens in der Firma einführen, fürs Wir-Gefühl.

Nach dem Clubtanz ist man dann dem freundlichen sächsischen Chefanimateur Patrik ausgeliefert. Club heißt ja Wir-Gefühl, deswegen ist es absolut nicht vorgesehen, sich der Party zu entziehen und irgendwo nett ein Glas Wein zu trinken, mit den Kids Karten zu spielen oder zu lesen. Vielmehr soll man sich rund um die Tanzpiste scharen, auf der jeden ! verdammten ! Abend ! irgendwann Helene Fischer mit „Atemlos durch die Nacht“ gespielt wurde. Psychoterror!

Fazit: Wer gerne reist, um Land und Leute kennen zu lernen, wer auch einmal mit unvorhergesehenen Geschehnissen umgehen kann und möchte, wer kleine, schnuckelige lokale Restaurants und Cafés kennen lernen möchte, der ist im Club falsch. Wer gerne Sport treibt, isst und jeden Abend Party machen möchte, es dabei schön warm haben will und auf jeden Fall Deutsche Sitten und Tugenden nicht daheim lassen möchte, der ist im Club sicherlich gut aufgehoben.

Istanbul united

Weil es überall ja derzeit nur um Fußball geht, schreibe ich gegen den Trend einmal eine Filmrezension. Derzeit laufen nämlich die Filmfestspiele in München, und da war ich heute bei der Deutschlandpremiere von Istanbul United, einem Film von Farid Eslam und Olli Waldhauer

Ein Dokumentarfilm über Kameradschaft in schwierigen politischen Zeiten, über Hass zwischen rivalisierenden Gruppen, über den türkischen Frühling, Taksim und die Protestbewegung. Und über Ultras. Ein beeindruckender Film.

Die erste halbe Stunde des Films zeigt fast nur Bilder aus den Kurven der 3 großen türkischen Vereine Besiktas, Galatasaray und Fenerbahce, das Zusammenhaltsgefühl, die gemeinsamen Emotionen, Corteos, Fangesänge. Man sieht nie etwas vom Spiel, die Kamera ist immer mitten in der Kurve zwischen den Ultras. Führende Mitglieder der jeweiligen Ultragruppierungen werden vorgestellt und berichten über ihren „Werdegang“ vom Kind, das mit dem Vater zum Fußball ging hin zum fanatischen Fan.

Die zweite halbe Stunde zeigt den ungebremsten Hass zwischen den Anhängern der Vereine. Krasse Aussagen und Zitate. Ein türkischer Sportjournalist berichtet über eine Messerstecherei zwischen Ultras, bei der ein 17-Jähriger ums Leben kam. Üble Jagdszenen auf den Straßen werden gezeigt.

Und dann der eigentliche Aufhänger des Films – die Proteste auf dem Taksim Platz und im Gezi Park. Das menschenverachtende, faschistoide Vorgehen der Polizei und des (immer noch regierenden) Türkischen Ministerpräsidenten Erdogan. Die Filmemacher waren live dabei und haben in den Tränengaswolken gefilmt.

Und dann ein kleines Wunder: Die drei verfeindeten Fangruppen marschieren gemeinsam auf dem Taksim ein und unterstützen die Protestierenden. Schulter an Schulter. Tränengas- und Polizeiprügelerfahren. Ein typischer Fangesang aller drei Vereine wird immer wieder skandiert: „Nehmt Eure Helme ab, werft eure Schlagstöcke weg, und dann sehen wir, wer gewinnt!“. Ein bisschen wie bei John Wayne, wenn die Kavallerie einreitet. Echte Gänsehautmomente. Gegen die Feindschaft der Vereine in Istanbul sind Schalke und BVB ein Liebespaar – und dann singen die gemeinsam.

Nun, das Ende der Geschichte ist ja bekannt. Herr Erdogan hat seine Truppen forciert und die Demokratie vom Taksim vertrieben – aber in der Türkei hat sich etwas verändert. In den Stadien wird von allen Anhängern immer wieder „Überall ist Taksim, überall ist Widerstand!“ skandiert.

Der Film endet mit dem ersten Derby zwischen Besiktas und Galatasaray nach dem Protest, ein Derby, das im Chaos endete. Besiktas lag mit 1:2 im Rückstand, es war die dritte Minute der Nachspielzeit, als der Galatasaray-Spieler Felipe Melo ein Foul beging und die Rote Karte sah. Während das Publikum Slogans der Gezi-Protestbewegung brüllte, stürmten Hunderte mit Plastikstühlen und Fahnenstangen das Spielfeld. Spieler und Schiedsrichter flüchteten in die Kabinen. Polizei zog auf und schoss (wieder einmal) mit Tränengas. Die Besiktas-Ultras („Carsi“) sind die einzigen der drei Fangruppierungen, die sich offiziell zum Gezi-Protest bekannten und werden von Erdogan seitdem als Terroristen verfolgt. Der im Film gezeigte Capo wurde mit als erster verhaftet.

Farid Eslam und Olli Waldhauer haben hinterher noch ausgesprochen interessant aus dem Nähkästchen geplaudert. Darüber, dass man schlechterdings nicht mit Gasmasken in Istanbul einreisen konnte und deswegen mit Taucherbrillen und Lackierermasken gefilmt hat. Die Brillen halfen, die Masken nicht. Man hört im Film öfters mal Eslam hinter der Kamera kotzen. Man gewöhne sich aber mit der Zeit an das Tränengas, sagte er. Regisseur Eslam musste selbst filmen, weil der istanbuler Kameramann am ersten Tag bereits verhaftet wurde und dann vier Tage hinter Gittern saß. Auf die Frage aus dem Publikum, ob die Polizei denn nicht versucht hätte, zu verhindern, dass die Gewaltszenen gefilmt werden meinte Waldhauser trocken: Doch, wir sind eben sehr viel gerannt in den Tagen vor Ort.

In der Q&A-Runde berichteten die beiden Filmemacher auch über ihre jeweilige Motivation, den Film zu machen. Eslam (deutschstämmiger Türke, der allerdings nie in der Türkei lebte) ging es darum, die Protestbewegung aus einer ungewöhnlichen Perspektive zu zeigen. Waldhauer ist hardcore Fußballfan (eines Kölner Vereins) und ihm ging es darum, die Geschichte aus Sicht der Ultras zu zeigen (als die Moderatorin der Fragerunde dann berichtete, dass er FC-Fan ist, erklärte sich mir auch der FC-Wimpel, der am Arbeitsplatz des Galatasaray-Capos hing 😉 ).

Last not least: Das Publikum passte zum Film. München United. Die Cosa Nostra saß friedlich hinter der Schickeria.

Wer sich für gute Dokus (nagutttäh – und vielleicht ein kleines bisschen für Fußballszene) interessiert, sollte da hingehen. Der läuft im Herbst hier an!

Kreuzfahrt des Grauens

Wie schön, wenn man von sich behaupten kann, keine Vorurteile zu haben, sondern feststellen kann, dass man lediglich die Realität richtig einschätzte. Mein Vorurteil: Kreuzfahrten sind für Viele etwas Wunderbares, aber nicht für mich. Die Realität: In Zukunft definitiv ohne mich!

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Glaubt nicht, dass ich freiwillig auf diesen Pott ging – man hat mich verschleppt! Familiärer Gruppendruck. Unschlagbares Angebot für Reisebüroangestellte (die Holde). Zu Hause bleiben ja mindestens genauso teuer. Auch mal was für die Familie machen, nicht immer nur Tauchen. Die Kinder wollen auch mal. Und so.

Ort des Grauens: Eines der hässlichsten mir bekannten Kreuzfahrtschiffe: „Mein Schiff“. Nicht „Die Europa“, „die QE2“ oder „die Hanseatic“ –kein stolzer Oceanliner mit Tradition und schlanker Wasserlinie, nicht einmal „Die Mein Schiff“ sondern einfach „Mein Schiff“ (Trivia: der Name ist Ergebnis eines Publikumswettbewerbs in der BUNTE – das Schiff wurde von Ina Müller getauft). Ein schwimmender Schuhkarton mit quadratisch-verbautem Hinterteil (ein sog. „Ducktail“).

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Der Name ist Programm. Ein hässlicher Pott mit blauem Anstrich, auf den wahllos graffittiartig Substantive wie „Sonnenuntergang“ und „Wohlfühlen“ geklatscht wurden. 265 Meter Länge, 77.000 BRZ, 2.000 Passagiere, 800 Crew. Ein Hotelbunker mit Auftrieb und Balkonkabinen. Das war übrigens nicht immer so. Die Mein Schiff hieß früher Galaxy und hatte weder Balkone, noch einen Quadratarsch. Das kam alles erst im Umbau dazu – etwa so, als brächte man an einem Ferrari eine Anhängerkupplung und eine Dachreling an.

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Der klassische Kreuzfahrer, wie man ihn aus älteren Schwarzweißfilmen noch kennt – distinguierte Herrschaften mit blauem Goldknopf-Blazer, weißen Hosen und Stock im Arsch tagsüber und dunklem Anzug und Besenstiel im Arsch abends – ist eine ebenso betuchte, wie aussterbende Spezies. Mit offensichtlich gigantischem Erfolg werden neue Zielgruppen für das Kreuzfahren erschlossen, deren geringere Pro-Kopf-Kaufkraft durch Menge mal Marge kompensiert werden muss. Deswegen werden die Schiffe immer größer (das derzeit größte Kreuzfahrtschiff, die Oasis of The Seas, ist mit 390 Metern etwa 100 Meter länger, als die Titanic seinerzeit war), transportieren immer größere Menschenmassen und bieten immer ausgefallenere Vergnügungen – von der Kletterwand am Schornstein bis hin zur Panoramasauna mit Blick auf die offene See (wie ich sie auf Meinschiff genießen durfte). Und das Konzept ist mehr als erfolgreich. Nach der AIDA ging die AIDA 2 vom Stapel, die Meinschiff 2 fährt bereits, Nummer 3 ist im Bau. Immer größer, immer breiter, immer mehr Passagiere und noch viel mehr Spaß an Bord, als auf den jeweiligen Vorgängern.

In stillen Momenten wünschte ich mir das noch in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts gängige Mehrklassenkonzept mit seinen separaten Decks und Bereichen zurück, das nun von einem geradezu kommunistisch anmutenden Konzept abgelöst wurde. Jeder darf überall alles tun, was er will. So wird dann in der kuscheligen Lounge auch einmal das Kleinkind von der Scheiße befreit, in den Hängematten toben Horden schreiender Gören, tatternde Rentner und tätowierte Schalkefans belegen alle verfügbaren Liegestühle oder Sitzplätze früh und dauerhaft.

In den Herbstferien bestand der Großteil der Passagiere aus Familien mit gefühlten Hundertschaften nölender Kleinkinder und Nordrhein-Westfälischen Proleten. All-Inclusive-Unteremittelschichturlaub in vermeintlichem Luxusambiente. Selbst der gehobenere Alkohol ist ebenso massenhaft wie kostenlos vorhanden und trägt das seine zur gelockerten Atmosphäre bei. Cocktailalarm. „Mach ma Fotto, Erwin. Dat is allet so schön hier und bring noch Colarum mit, is ja allet Umme“. Selten auch wurde in meiner Umgebung so viel und so rücksichtslos gequalmt, wie in der vergangenen Woche. Ist ja auch ein gewisser Indikator, nicht wahr?

Beschweren darf man sich darüber natürlich nicht! Die Zustände sind absolut prognostizierbar, wenn man einigermaßen geübt im Übertragen des Reisekatalogsprechs in normales Deutsch ist. Begriffe wie „Wohlfühlatmosphäre“ und „Individualrelaxen“ sollten den Individualurlauber, der sich gerne wohlfühlen möchte, da ausreichend warnen. Selbiger Individualurlauber würde es wohl auch strikt ablehnen, eine Woche in einem zwölfstöckigen Plattenbau mit 1.000 Zimmern und 2.000 Touristen zu urlauben, auch wenn dieser aufgrund ausreichenden Auftriebs in der Lage ist, sich auf dem Wasser von Hafen zu Hafen zu bewegen.

Auf einem solchen schwimmenden Vergnügungspark verbrachte ich also die vergangene Woche von Valetta über Piräus, Kusadasi, Mykonos und Catania zurück nach Valetta. Meine erste Kreuzfahrt, seit ich vor einer gefühlten Ewigkeit als kleiner Stöpsel meinen Vater, der Kreuzfahrten verkaufte, auf einigen solchen als stets jüngster an Bord befindlicher Passagier begleitete. Vielleicht resultiert mein Kulturschock auch aus dem direkten Vergleich.

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Was sich nicht geändert hat: Du läufst mit einem Cruise Liner (so nennen wir Experten das, weil ein gelegentlich eingestreuter Anglizismus gleich erheblich zur nautischen Authentizität beiträgt) in einen Hafen ein und nimmst gleich spanischen Conquestadores sogleich den gesamten Küstenstrich in Beschlag. Zweitausend Menschen ergießen sich lavaartig über die Hafenmole und sodann über das gesamte Land. In großen Häfen wie Piräus fällt das erst dann auf, wenn 3-4 Schiffe am Pier liegen, in kleinen Häfen wie Mykonos reicht schon ein mittelgroßes Schiff, um den Landgang unerträglich zu machen. Verbringt man als erfahrener Reisender seinen Urlaub in der Nähe eines solchen Hafens, ergreift man sofort die Flucht, sobald sich die Silhouette eines Kreuzfahrers am Horizont abzeichnet. Verbringt man seinen Urlaub hingegen an Bord, hat man wenige Alternativen: Auf dem Schiff bleiben und die Ruhe genießen (wobei es sich um eine sehr relative Ruhe handelt, weil die Landgänge der Passagiere regelmäßig für teils lautstarke, teils geruchsintensive Renovierungsarbeiten genutzt werden) oder sich als Bestandteil der Menschenmasse an Land ergießen.

Wie man nach Lektüre der vorangegangenen Absätze unschwer wird einschätzen können, war ich stets einigermaßen froh, das Schiff einmal verlassen zu können. Aufgrund meiner nunmehr bestätigten, seinerzeit aber noch vollkommen, dem eigentlichen Stamm des Begriffes entsprechenden Vorurteile, hielten wir dank generalstabsmäßiger Planung sofort großen Abstand zu den organisierten Landgängen. Mit geringem Aufwand und etwas Internetrecherche ist es möglich, die hochpreisigen, vom Schiff organisierten Touren individuell und für einen Bruchteil der aufgerufenen Kosten selber zu buchen. Einzig den Ausflug „Mit dem Fahrrad durch Athen“, der auf 12 Teilnehmer begrenzt war, habe ich über das Schiff gebucht. Der war auch sehr schön. Ansonsten ließen wir die Kolonnen der wartenden Reisebusse mit einem süffisanten Lächeln hinter uns und wurden von einem freundlichen einheimischen Guide in Empfang genommen, der sein Bestes tat, um die „crazy cruisers“ zu vermeiden.

An Bord – und speziell zu den Mahlzeiten – sind Geduld, Sprintqualität und Beharrungsvermögen hilfreiche Tugenden. So zum Beispiel, wenn man anlässlich des Frühstücks kein Stahlnapfrührei, sondern ein frisch zubereitetes Omelette ergattern möchte (1 Omelettestation – 2.000 Passagiere). Oder wenn man an einem der beliebten Oberdecktische im Freien (an dem ich gerade diese Zeilen schreibe), geschützt vor der Sonne sitzen möchte (12 Tische – 2.000 Passagiere). Ich werde diesen Tisch, den ich nach stundenlangem Warten und einem Sprint (den ich nur mit unfairen Mitteln gegen die nette ältere Dame gewann, indem ich ihr einen Liegestuhl samt Kleinkind vor den Rollator schleuderte) einmal in Beschlag nehmen durfte, bis morgen abend nicht mehr verlassen! Geduld, Antrittskraft und Beharrungsvermögen! Ich sage es euch!

Der blanke Horror sind die Seetage. Alles, was Beine hat, ist an Deck unterwegs, jeder Millimeter des Schiffes mit halbnackten Körpern gepflastert. In den drei Whirlpools an Deck kochen Kindersuppen. Das blanke Grauen!

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Das Essen an Bord ist natürlich gut und reichhaltig. Es gibt ein Buffet-Restaurant mit sehr viel gutem Zeugs, ein etwas feineres gesetztes Restaurant, in dem man aber 2 Stunden braucht, bis man durch die 5 Gänge durch ist (die ersten Menschen stehen da bereits eine Viertelstunde vor Öffnung an, um gute Plätze zu ergattern), eine Tapasbar und 3 weitere Restaurants (Sushi, Steak und Gourmet) in denen man allerdings auf das All-Inclusive noch einmal bis zu 100 EUR (Gourmet) aufzahlen muss, dafür allerdings dem großen Viehtrieb etwas entflieht.

Mein Fazit ist ganz eindeutig: Egal, ob das Konzept „AIDA“, „Mein Schiff“ oder „Wasauchimmer of the Seas“ heißt – all denjenigen von Euch, die sich auf engem Raum zwischen vielen unterschiedlichen Menschen sehr wohl fühlen (Erlebnisbäder, Robbie Williams-Konzerte, Flüchtlingslager) sei eine Kreuzfahrt auf der Meinschiff uneingeschränkt empfohlen. Alle anderen werden sich wohl im Bed & Breakfast wohler fühlen, auch wenn sie dann jedes einzelne Pint im Pub bezahlen müssen. Dat is dann nich allet inklusive, Erwin!

Flatraten in Togo

Immer mehr endemische Tierarten in bis dato von der Natur fein abgegrenzten Biotopen sind ja durch sogenannte Bioinvasoren bedroht. Fremde Tierarten, die teils absichtlich eingeführt wurden (wie die Karnickel in Australien), oder die sich teils im Bilgewasser der großen Pötte eingeschlichen haben und dann die heimischen Krebse und Fischlein schlicht verdrängen.

Ähnliches passiert seit Jahren mit der deutschen Sprache. Wir bekommen morgens unseren Wake Up Call, futtern mittags fröhlich unseren Hämbörger, rechnen nachmittags Business Pläne und chillen abends in der Lounge. Wenn ich mal wieder drohe aus der Haut zu fahren, weil Junior wieder mal mit Strafarbeit und Verweis vor der Tür steht, kommt überigens auch regelmäßig ein gelangweiltes „chill mal!“.

Schön und gut. Das ist aus meiner Sicht alles noch kein wirklicher Grund zur Beunruhigung. Sollte Herr Sarrazin Recht behalten, dann gibt es ja auf Sicht sowieso kaum noch Deutsche mit deutschem Hintergrund und wir reden irgendwann eine muntere Melange aus Türkisch, Arabisch und Englisch. Check? Check!

Aber gestern, auf dem Weg zur Wiesn, mitten in München (zugegebenermaßen im Untergrund) sah ich große Plakate der Marke BASE (sprich Bäyz), die übrigens der deutschen Firma E-Plus gehört, die wiederum aber schon seit einer Weile in holländischem Besitz ist (das nur am Rande). Da wurde in großen Lettern mitgeteilt, dass man bei BASE die besten Flats bekäme. So etwa:

Man lese das unvermittelt als Deutschsprachiger einmal laut. Bei Base bekomme ich die besten Flats. Kopfschuss, oder? Ich fand schon vor einiger Zeit das muntere Flatraten als Nachfolger von Robert Lemkes Beruferaten interessant und dachte einen kurzen Augenblick lang, dass die Flatraten ein friesischer Volksstamm gewesen seien. Aber die Flatraten sind jetzt dann ja auch ausgestorben. Verdrängt von den Flats. Flats? Flats! Das ist das Geräusch, das ein Eier-/Pfannkuchen macht, der beim Versuch des coolen Wendens mittels aus der Pfanne mit einem Ruck in die Luft werfens, eine unvorhergesehene Flugbahn einnimmt und auf dem Fußboden landet. Flats! Aber doch bitte kein Produkt, das man kaufen kann. Flats ist der Sohn der Mutter Tarif und des Vaters Gebühr. So eine Art Kevin Patrick der Produktfamilie. Brauchen wir sowas? Armes Deutschland.

Und wenn ich schon mal dabei bin: Ist euch eigentlich aufgefallen, dass immer mehr Produkte in Deutschland aus Westafrika kommen. Vom Golf von Guinea, genauer gesagt, aus dem schönen kleinen Staat Togo. Schaut mal genauer hin. Bei Starbucks (!) zum Beispiel, aber mittlerweile auch bei Rackl’s Backstube, gibt es den leckeren Kaffee Togo. Ich wusste bislang gar nicht, dass dort auch Kaffee angebaut wird. Aber nicht nur das – beim Frisör, verzeihung, beim Coiffeur und beim Hairstylisten gibt es für 10 EUR den Cut Togo (der Afrikaner ist ja bekannt für seinen filigranen Umgang mit der Friseurschere – oder ist es ein Cut a la Togo? Kommt der Afrolook wieder?). Und bei Mac Donalds und Burger King (Bürgerkönig) werden wir gefragt: „Hier essen oder Togo?“ (wegen der Mehrwertsteuer übrigens, die im einen Fall 7%, im Anderen 19% beträgt. Also bitte immer schön „Hier essen“ sagen, dann mindert Ihr die Rendite von diesem US-imperialistischen Bratlingkonzern). „Hier essen oder Togo?“ werden wir also gefragt… Ich meine, bis ich in Togo bin, ist der Fleischklops doch schon kalt und schimmelig. Wie kommen die auf sowas?

Ich glaube, ich mach mir jetzt erst mal einen schönen Kaffee Togo und chill mal!