Eric Bibb und Habib Koité im Ampere. Das war ein sehr schönes Konzert, sehr relaxed. Afroamerikanisch quasi. Falls es wider Erwarten irgendjemanden interessieren sollte, gerne mehr…
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Barcelona
Tja, was soll ich sagen? Barcelona ist die geilste Stadt der Welt, der FC Bayern ist der geilste Club der Welt. Wenn der FCB in Barcelona spielt, muss man da eben hin. 3 Tage tolles Wetter und nette Menschen.Die Einlasskontrolle war eine Zumutung. Der Vorfrau haben sie einen Lippenstift abgenommen (wurfgeschossgefahr trotz Fangnetzen im 3. Oberrang ). Superaggressive Ordner, Ironmen mit Riesenschäferhunden, die auch mal Leute mit ner Bratwurst angesprungen haben. Sehr angespannte Stimmung – aber nur bei den Ordnern und Polizei. Die Barcafans sind feine Menschen, wir haben dann gemeinsam gefeiert, als wir dann mal aus der Blocksperre raus waren. Die Stimmung im Block war phänomenal. Die „who the fuck is Barcelona“ Gesänge waren nicht unbedingt meins, etwas respektlos, finde ich. Ansonsten aber gesungen und getanzt (auf jedem Fußballplatz) und ich hoffe, man hat uns auch im TV gehört. Ohne Bayern war da gar nix los
Und das Spiel habt ihr ja selbst gesehen. Barcelona beherrscht. Halleluja! Ohne Zitterminuten wie beim BVB.
Mal sehen, wie lange das Adrenalin noch anhält
Everlast Unplugged – Backstage
Vorgestern war ich beim alten Mann Everlast. Unplugged – 2 akustische Gitarren und eine Reibeisenstimme. Er hat ja manchmal noch diese Rapper-Macho-Attitüde, aber mittlerweile mit einem Augenzwinkern. Hat viel mit uns geredet, es gab ne Menge Dialoge bei denen er auf das eingegangen ist, was das Publikum gerufen hat. Sehr schön, sehr intim. Und der Rasta da links spielt eine göttliche Gitarre
Seeed – Olympiahalle
Plan B im 59:1
Thai Frühlingsrollen
Der Holden Bruder ist mit einer Thailänderin verheiratet. Da habe ich mich nach dem Urlaub mal zum Kochen eingeladen. Es gab als Vorspeise Thai-Frühlingsrollen, als Hauptgerichte Schweinefilet (jeder Bayerische Metzger wird da ausrasten. Feinstes saftiges Schweinefilet, das dann in dünne Scheiben geschnitten in der Sonne angetrocknet und dann bis zum Knusprigen frittiert wird ), Hühnchen Süßsauer und Tom Kha Gai. Ich präsentiere heute einmal das eigentlich sehr simple Rezept für sehr sehr leckere selbstgemachte Frühlingsrollen.
Zutaten:
250g Rinderhack
3 Karotten
Glasnudeln
1 Päckchen Frühlingsrollenteig aus dem Asia-Shop
Austernsauce
Mushroom-Soya-Sauce
(Achtung! Eines der abgebildeten Lebensmittel kommt NICHT in die Frühlingsrolle, sondern in den Koch)
In einer Pfanne mit Öl werden das Rinderhack und die fein gehackten Karotten angeschwitzt, dann kommen die kurz in Wasser eingelegten Glasnudeln dazu (gute Glasnudeln sind von Anfang an nicht total strohtrocken und hart, sondern ein wenig flexibel. Also hier auf die Qualität achten. Dann ca. 10 Min. einweichen. Sie sollten noch etwas Biss haben, wenn man sie in ca. 5 cm lange Streifen geschnitten hinzugibt). Alles durchrühren und mit den Saucen, Pfeffer und Salz würzen.
Dann fieselt man vorsichtig eine Scheibe Teig vom Stapel, legt sie mit der Ecke in Richtung Bauchnabel vor sich und feuchtet sie mit etwas Wasser an, gibt 1-2 gehäufte Esslöffel der Fleischmischung dazu und faltet das ganze wie folgt:
Den letzten Zipfel nochmal mit Wasser anfeuchten und drüberkleben.
Dann ab damit in heißes Öl und so lange frittieren, bis sie leicht goldgelb sind. Mjam!
Keith Richards – Autobiographie eines Dinosauriers
Ich bin jetzt zu 90% durch mit der Autobiographie Life! von Keith Richards. Das war mein erstes über die virtuelle Münchener Stadbibliothek geliehenes e-Book. Leider habe ich es nicht in der verfügbaren Leihbibliotheks-Zeit geschafft, die letzten 150 der 670 Seiten zu lesen und musste mir deswegen – weil die nächste Verfügbarkeit des e-Books im Mai liegt – das Taschenbuch bestellen. Das ist aber egal, weil ich jetzt schon, nach den ersten fünfhundertirgendwas Seiten, total begeistert bin und aus diversen Gründen das Buch sowieso gekauft hätte (bzw. gekauft habe)
Richards stammt aus kleinbürgerlichen Verhältnissen des Kriegs-Englands und das erste Fünftel seiner Autobiographie beschäftigt sich mit seiner Kindheit, Jugend, seinem Großvater, seiner Tante (die ihm beide sehr wichtig waren) und seinen ersten Begegnungen mit einer Gitarre. Wenn er da über Pferdekutschen, Schuluniformen und Fliegeralarme schreibt, wird einem erst so richtig klar, wie alt dieser Rock’n’Roll-Dinosaurier eigentlich ist. Sukzessive saugt einen das Buch in eine Welt des frühen Chicako-Blues, die Welt der alten Haudegen und Blues-Protagonisten wie Muddy Waters, BB King, Howlin‘ Wolf & Co. Die Stones sind überhaupt erst entstanden, um diese Musik zu spielen. Mick Jagger und Keith Richards kannten sich zwar aus der Schule, aber KR sprach MJ überhaupt erst an der Bushaltestelle an, weil letzterer einen Haufen aktueller Blues-LP’s unter dem Arm hatte.
Die Karriere von KR und den Stones basiert auf eindrucksvollem Selbststudium. Die frühen Bandmitglieder wohnten zusammen und verbrachten ihre gesamte Zeit mit dem Studium der seinerzeit aktuellen Blues-Heroen. Wie hat der das wohl gespielt? Wie kann man das umsetzen? Jede andere Beschäftigung (Frauen, Geld verdienen …) war sozial geächtet. Ein Leben der totalen Hingabe zum Blues.
KR ist Autodidakt. Man verfolgt irsinnig gespannt seine Fortschritte auf der Gitarre. Das Selbststudium des Instruments, der Ständige Autausch mit bekannten Gitarristen – wie hast Du diesen Lick so hinbekommen? – die „Eingebung“ des Open Tunings (die Saiten total anders stimmen, als auf einer normalen Gitarre üblich), die Sonderanfertigung fünfsaitiger Gitarren auf Anforderung usw. Das Buch fixt den Leser immer wieder an, eine Gitarre in die Hand zu nehmen.
Es fixt den Leser auch immer wieder an, Heroin, Acid, Amphetamine, Morphium, Kokain oder ähnliche Drogen auszuprobieren. Richards war lange lange Zeit ein extremer Junkie und er steht dazu. Seine Drogenerfahrungen klingen nicht einmal besonders bereuuend oder negativ. Politisch korrekt rät er zwar sporadisch vom Konsum ab, aber er schreibt auch relativ klar, dass die Drogen für ihn eine fast schon notwendige Unterstützung für das Songwriting und die Auftritte waren. Die halbe Band war extrem auf Drogen und entsprechend unter intensiver Beobachtung der Exekutive und ein Großteil des Buches befasst sich mit dem Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Musikern und der Staatsgewalt. Die Drogenheroik liest sich sehr interessant, ist aber auch der einzige Grund, warum ich das Buch vor Junior (immerhin fast 15) unter Verschluss halten werde. Schon sehr verklärend, die Darstellung. Da bekommt man fast Lust, mal die Sachen auszuprobieren, die man bislang noch nicht intus hatte…
Am beeindruckendsten ist das Buch immer dann, wenn es um Musik geht. Wie sind die berühmten Songs entstanden? Wo und unter welchen Umständen wurden die wichtigen Alben aufgenommen? Welche Musiker haben die Stones besonders beeinflusst? Richards kennt offensichtlich jeden bekannten Musiker seit 1940, hat mit jedem gespielt, einige eingehen gesehen, hat John Phillips (den Bandleader von den Mamas and The Papas – California Dreaming, If you’re going to San Francisco usw.) persönlich an die Nadel gebracht, mit vielen Stars sehr persönliche Dinge erlebt. Satisfaction hat er im Rausch nachts auf Band aufgenommen und erst am nächsten Morgen auf der Kassette gehört. Exile On Main Street entstand im Keller seiner französischen Exil-Villa (England hatte den Höchststeuersatz u.a. aufgrund der Stones auf 99% gehoben, um die Band aus dem Land zu treiben) usw. Die Geschichten über KR und andere berühmte Musiker sind Legion und irrsinnig spannend.
Ich habe mir den Spaß gegönnt, immer die Songs laufen zu lassen, von denen er gerade schrieb. Das hat die Lektüre doppelt veredelt. Ich höre jetzt die Stones und viele andere Musiker mit anderen Ohren und habe wahnsinnig viel über die Musik zwischen 1960 und 1980 gelernt.
Kaufempfehlung!
Beatsteaks, Max-Schmeling-Halle Berlin
Gestern abend in Berlin
die Beatsteaks
Arnim – die Rampensau.
Holla die Waldfee… Eine pickepackevolle Max Schmeling Halle. Heimspiel. Arnim von der Bühne: „Ick möchte, det morgen inner Zeitung steht, dass det Samstagskonzert ausfallen muss, weilet Dach vonner Max Schmeling Halle wegjeflogen is!“.
Um es kurz zu machen: Das Dach ist weg. Im Orbit! Wall Of Death, Pogo – aber auch die fette Brass Section von Seeed, die immer dann, wenn sie mit auf der Bühne Stand für sehr fetten Sound gesorgt hat.
(wir standen für meine Verhältnisse relativ weit hinten – da war ein Wellenbrecher, der uns aufhielt…)
Das Publikum ging steil wie Zäpfchen und der Band hat es sichtlich Spaß gemacht. Als Zugabe kam u.a. In Bloom von Nirvana (inkl. Verspieler und Huddle auf der Bühne, „so sieht det im Probenraum ooch imma aus“). Der Liveklassiker aus Linie 1 – Schön, auch wenn du weinst“ von zehntausenden Kehlen in echtem Berlinerisch mitgegröhlt (Ankündigung: „woanders sagen wer immer , det jetze n Song aus Berlin kommt. Hier müssen wer jetzt nüscht sagen…“)
Zwei volle Stunden lang Starkstrom.
Am geilsten: Die Band geht von der Bühne, das Licht geht an – alles singt den Einspieler von den Beatles mit. Konzert ganz eindeutig vorbei. Nach 3-4 Minuten stürmt plötzlich die Band wieder auf die Bühne und Armin schreit „wollt ihr noch eenen?“ und sie spielen noch ne Zugabe. habe ich so noch nie erlebt, das Konzert war „offiziell“ wirklich schon durch
Kreuzfahrt des Grauens
Wie schön, wenn man von sich behaupten kann, keine Vorurteile zu haben, sondern feststellen kann, dass man lediglich die Realität richtig einschätzte. Mein Vorurteil: Kreuzfahrten sind für Viele etwas Wunderbares, aber nicht für mich. Die Realität: In Zukunft definitiv ohne mich!
Glaubt nicht, dass ich freiwillig auf diesen Pott ging – man hat mich verschleppt! Familiärer Gruppendruck. Unschlagbares Angebot für Reisebüroangestellte (die Holde). Zu Hause bleiben ja mindestens genauso teuer. Auch mal was für die Familie machen, nicht immer nur Tauchen. Die Kinder wollen auch mal. Und so.
Ort des Grauens: Eines der hässlichsten mir bekannten Kreuzfahrtschiffe: „Mein Schiff“. Nicht „Die Europa“, „die QE2“ oder „die Hanseatic“ –kein stolzer Oceanliner mit Tradition und schlanker Wasserlinie, nicht einmal „Die Mein Schiff“ sondern einfach „Mein Schiff“ (Trivia: der Name ist Ergebnis eines Publikumswettbewerbs in der BUNTE – das Schiff wurde von Ina Müller getauft). Ein schwimmender Schuhkarton mit quadratisch-verbautem Hinterteil (ein sog. „Ducktail“).
Der Name ist Programm. Ein hässlicher Pott mit blauem Anstrich, auf den wahllos graffittiartig Substantive wie „Sonnenuntergang“ und „Wohlfühlen“ geklatscht wurden. 265 Meter Länge, 77.000 BRZ, 2.000 Passagiere, 800 Crew. Ein Hotelbunker mit Auftrieb und Balkonkabinen. Das war übrigens nicht immer so. Die Mein Schiff hieß früher Galaxy und hatte weder Balkone, noch einen Quadratarsch. Das kam alles erst im Umbau dazu – etwa so, als brächte man an einem Ferrari eine Anhängerkupplung und eine Dachreling an.
Der klassische Kreuzfahrer, wie man ihn aus älteren Schwarzweißfilmen noch kennt – distinguierte Herrschaften mit blauem Goldknopf-Blazer, weißen Hosen und Stock im Arsch tagsüber und dunklem Anzug und Besenstiel im Arsch abends – ist eine ebenso betuchte, wie aussterbende Spezies. Mit offensichtlich gigantischem Erfolg werden neue Zielgruppen für das Kreuzfahren erschlossen, deren geringere Pro-Kopf-Kaufkraft durch Menge mal Marge kompensiert werden muss. Deswegen werden die Schiffe immer größer (das derzeit größte Kreuzfahrtschiff, die Oasis of The Seas, ist mit 390 Metern etwa 100 Meter länger, als die Titanic seinerzeit war), transportieren immer größere Menschenmassen und bieten immer ausgefallenere Vergnügungen – von der Kletterwand am Schornstein bis hin zur Panoramasauna mit Blick auf die offene See (wie ich sie auf Meinschiff genießen durfte). Und das Konzept ist mehr als erfolgreich. Nach der AIDA ging die AIDA 2 vom Stapel, die Meinschiff 2 fährt bereits, Nummer 3 ist im Bau. Immer größer, immer breiter, immer mehr Passagiere und noch viel mehr Spaß an Bord, als auf den jeweiligen Vorgängern.
In stillen Momenten wünschte ich mir das noch in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts gängige Mehrklassenkonzept mit seinen separaten Decks und Bereichen zurück, das nun von einem geradezu kommunistisch anmutenden Konzept abgelöst wurde. Jeder darf überall alles tun, was er will. So wird dann in der kuscheligen Lounge auch einmal das Kleinkind von der Scheiße befreit, in den Hängematten toben Horden schreiender Gören, tatternde Rentner und tätowierte Schalkefans belegen alle verfügbaren Liegestühle oder Sitzplätze früh und dauerhaft.
In den Herbstferien bestand der Großteil der Passagiere aus Familien mit gefühlten Hundertschaften nölender Kleinkinder und Nordrhein-Westfälischen Proleten. All-Inclusive-Unteremittelschichturlaub in vermeintlichem Luxusambiente. Selbst der gehobenere Alkohol ist ebenso massenhaft wie kostenlos vorhanden und trägt das seine zur gelockerten Atmosphäre bei. Cocktailalarm. „Mach ma Fotto, Erwin. Dat is allet so schön hier und bring noch Colarum mit, is ja allet Umme“. Selten auch wurde in meiner Umgebung so viel und so rücksichtslos gequalmt, wie in der vergangenen Woche. Ist ja auch ein gewisser Indikator, nicht wahr?
Beschweren darf man sich darüber natürlich nicht! Die Zustände sind absolut prognostizierbar, wenn man einigermaßen geübt im Übertragen des Reisekatalogsprechs in normales Deutsch ist. Begriffe wie „Wohlfühlatmosphäre“ und „Individualrelaxen“ sollten den Individualurlauber, der sich gerne wohlfühlen möchte, da ausreichend warnen. Selbiger Individualurlauber würde es wohl auch strikt ablehnen, eine Woche in einem zwölfstöckigen Plattenbau mit 1.000 Zimmern und 2.000 Touristen zu urlauben, auch wenn dieser aufgrund ausreichenden Auftriebs in der Lage ist, sich auf dem Wasser von Hafen zu Hafen zu bewegen.
Auf einem solchen schwimmenden Vergnügungspark verbrachte ich also die vergangene Woche von Valetta über Piräus, Kusadasi, Mykonos und Catania zurück nach Valetta. Meine erste Kreuzfahrt, seit ich vor einer gefühlten Ewigkeit als kleiner Stöpsel meinen Vater, der Kreuzfahrten verkaufte, auf einigen solchen als stets jüngster an Bord befindlicher Passagier begleitete. Vielleicht resultiert mein Kulturschock auch aus dem direkten Vergleich.
Was sich nicht geändert hat: Du läufst mit einem Cruise Liner (so nennen wir Experten das, weil ein gelegentlich eingestreuter Anglizismus gleich erheblich zur nautischen Authentizität beiträgt) in einen Hafen ein und nimmst gleich spanischen Conquestadores sogleich den gesamten Küstenstrich in Beschlag. Zweitausend Menschen ergießen sich lavaartig über die Hafenmole und sodann über das gesamte Land. In großen Häfen wie Piräus fällt das erst dann auf, wenn 3-4 Schiffe am Pier liegen, in kleinen Häfen wie Mykonos reicht schon ein mittelgroßes Schiff, um den Landgang unerträglich zu machen. Verbringt man als erfahrener Reisender seinen Urlaub in der Nähe eines solchen Hafens, ergreift man sofort die Flucht, sobald sich die Silhouette eines Kreuzfahrers am Horizont abzeichnet. Verbringt man seinen Urlaub hingegen an Bord, hat man wenige Alternativen: Auf dem Schiff bleiben und die Ruhe genießen (wobei es sich um eine sehr relative Ruhe handelt, weil die Landgänge der Passagiere regelmäßig für teils lautstarke, teils geruchsintensive Renovierungsarbeiten genutzt werden) oder sich als Bestandteil der Menschenmasse an Land ergießen.
Wie man nach Lektüre der vorangegangenen Absätze unschwer wird einschätzen können, war ich stets einigermaßen froh, das Schiff einmal verlassen zu können. Aufgrund meiner nunmehr bestätigten, seinerzeit aber noch vollkommen, dem eigentlichen Stamm des Begriffes entsprechenden Vorurteile, hielten wir dank generalstabsmäßiger Planung sofort großen Abstand zu den organisierten Landgängen. Mit geringem Aufwand und etwas Internetrecherche ist es möglich, die hochpreisigen, vom Schiff organisierten Touren individuell und für einen Bruchteil der aufgerufenen Kosten selber zu buchen. Einzig den Ausflug „Mit dem Fahrrad durch Athen“, der auf 12 Teilnehmer begrenzt war, habe ich über das Schiff gebucht. Der war auch sehr schön. Ansonsten ließen wir die Kolonnen der wartenden Reisebusse mit einem süffisanten Lächeln hinter uns und wurden von einem freundlichen einheimischen Guide in Empfang genommen, der sein Bestes tat, um die „crazy cruisers“ zu vermeiden.
An Bord – und speziell zu den Mahlzeiten – sind Geduld, Sprintqualität und Beharrungsvermögen hilfreiche Tugenden. So zum Beispiel, wenn man anlässlich des Frühstücks kein Stahlnapfrührei, sondern ein frisch zubereitetes Omelette ergattern möchte (1 Omelettestation – 2.000 Passagiere). Oder wenn man an einem der beliebten Oberdecktische im Freien (an dem ich gerade diese Zeilen schreibe), geschützt vor der Sonne sitzen möchte (12 Tische – 2.000 Passagiere). Ich werde diesen Tisch, den ich nach stundenlangem Warten und einem Sprint (den ich nur mit unfairen Mitteln gegen die nette ältere Dame gewann, indem ich ihr einen Liegestuhl samt Kleinkind vor den Rollator schleuderte) einmal in Beschlag nehmen durfte, bis morgen abend nicht mehr verlassen! Geduld, Antrittskraft und Beharrungsvermögen! Ich sage es euch!
Der blanke Horror sind die Seetage. Alles, was Beine hat, ist an Deck unterwegs, jeder Millimeter des Schiffes mit halbnackten Körpern gepflastert. In den drei Whirlpools an Deck kochen Kindersuppen. Das blanke Grauen!
Das Essen an Bord ist natürlich gut und reichhaltig. Es gibt ein Buffet-Restaurant mit sehr viel gutem Zeugs, ein etwas feineres gesetztes Restaurant, in dem man aber 2 Stunden braucht, bis man durch die 5 Gänge durch ist (die ersten Menschen stehen da bereits eine Viertelstunde vor Öffnung an, um gute Plätze zu ergattern), eine Tapasbar und 3 weitere Restaurants (Sushi, Steak und Gourmet) in denen man allerdings auf das All-Inclusive noch einmal bis zu 100 EUR (Gourmet) aufzahlen muss, dafür allerdings dem großen Viehtrieb etwas entflieht.
Mein Fazit ist ganz eindeutig: Egal, ob das Konzept „AIDA“, „Mein Schiff“ oder „Wasauchimmer of the Seas“ heißt – all denjenigen von Euch, die sich auf engem Raum zwischen vielen unterschiedlichen Menschen sehr wohl fühlen (Erlebnisbäder, Robbie Williams-Konzerte, Flüchtlingslager) sei eine Kreuzfahrt auf der Meinschiff uneingeschränkt empfohlen. Alle anderen werden sich wohl im Bed & Breakfast wohler fühlen, auch wenn sie dann jedes einzelne Pint im Pub bezahlen müssen. Dat is dann nich allet inklusive, Erwin!
Kraftwerk, Kongresshalle München
BANG BUM TSCHAK
Kraftwerk gab gestern und gibt heute in Summe 3 Konzerte (heute eines um 20h und eines um 00h) anlässlich einer 3D-Installation im Lenbachhaus, die sie konzipiert und realisiert haben. Ich war gestern da.
Erste Überraschung: Vor der alten Kongresshalle (einer mir bis dato unbekannten, aber sehr sehr schönen Location, die komplett im 50er Jahre Stil renoviert wurde) in der das Konzert stattfand, stand gesittet eine lange Schlange Menschen. Kein Gedränge oder Schieben. Waren auch überwiegend ältere Herrschaften, ich habe den Altersschnitt nicht unbedingt angehoben.
Am Eingang bekam jeder Zuschauer eine 3D-Brille. Wir sind dann, einem Tipp folgend, nach oben auf die Galerie. Da standen 4 Projektoren (wir haben gefragt. Stückpreis 80.000 EURO ohne Leuchtmittel…) in deren Nähe hinter dem Mischpult wir uns platziert haben.
Das Konzert war typisch Kraftwerk. 4 Pults für die 4 Musiker, dahinter eine riesige Leinwand, auf die 3D projiziert wurde. Da schwebten dann bei Computerwelt riesige Binärcodes über unseren Köpfen, bei TEE rasten Züge durch die Menge, bei Radioaktivität rotierten Atome in der Luft und bei Spacelab flog selbiges durch die Gegend.
Dabei sind sie nie ihrem langjährigen minimalistischen Stil untreu geworden. Da waren keine Showeffekte nur um des Effektes willen, keine fotorealistischen Eskapaden – so waren bei Autobahn die Fahrzeuge eher kantig, comicartig im 50er Jahre Stil dargestellt – alles war so, wie man es von Kraftwerk kennt und erwartet und wie es sich mittlerweile schon zum Markenzeichen der Gruppe entwickelt hat.
die Bilder können leider das Dreidimensionale nicht so wirklich darstellen
Das war mehr eine Performance, als ein reines Konzert, wobei sie wirklich 2 Stunden und 20 Minuten lang einen riesigen Hit nach dem anderen gespielt haben und der Sound so genial ausgesteuert war, wie man das selten erlebt. Die Tieftöne brachten einem die Gonaden zum Schwingen und die Lautstärke war perfekt. Und wenngleich das auch keine der üblichen Konzertperformances war, bei denen die Schweißtropfen fliegen und die Rampensau die Menge zum toben bringt, war es doch eine sehr sehr intensive Erfahrung