Manu Chao auf dem Tollwood

Ich gehe seit mehr Jahren auf Konzerte, als Justin Bieber alt ist. Ich habe ein halbes Jahrzehnt vor und hinter Konzertbühnen gearbeitet. Ich habe Bob Marley live gesehen und Queen, Dire Straits und Clash, die Pogues, als Shane noch Zähne hatte, die Chili Peppers, bevor man sie kannte und Nirvana, als Kurt die Schrotflinte noch im Keller hatte. Die Zahl der von mir besuchten Konzerte ist Legion. Aber so etwas wie heute abend Manu Chao markiere ich mir rot im Kalender und falte das Ticket ehrfürchtig zusammen und lege es vorsichtig in die letzte CD (ein Dreck, dass es keine LP-Hüllen mehr gibt! Man muss jetzt falten!).

Manu Chao hat meine Finger angefeuchtet, mit Hochdruck in eine Starkstromsteckdose gerammt und dann auf 11 gedreht (this one goes to eleven!). Ich alter Sack stand heute 120 Minuten lang vor der Bühne und habe mir die Seele aus dem Leib getanzt. In einem Zelt voller Leute, die aus der ganzen Republik angereist sind, weil Manu Chao in Deutschland nur 2 Konzerte gibt. Leute, die alle Texte auswendig kennen, was mir deswegen verborgen bleibt, weil ich kein spanisch spreche und mein Französisch sich auf „a la pression“ beschränkt. In München singen Hunderte (wie viele passen eigentlich ins Tollwood-Zelt?) aus voller Kehle jeden Song nach 2 Sekunden mit. Auf fucking Spanzösisch!!!!!

Ich schimpfe ja gerne mal aufs Münchener Schickimickipublikum, das stimmungsunfähige. Heute neige ich mein Haupt in Ehrfurcht. Ein gutes Konzert funktioniert mit einer tollen Band. Ein denkwürdiges Konzert funktioniert nur, wenn dazu auch noch ein tolles Publikum kommt!

Zur Band kann ich hier nicht so richtig viel schreiben, was ich nicht zur Erscheinung der jeweiligen CD’s schon im entsprechenden Thread monologisiert habe. Manu Chao lässt sich in keine Schublade stecken. Er singt seine Texte auf spanisch, französisch und englisch. er spielt einen Song als spanischen Mariachisong mit Gitarre an, wechselt dan in einen relaxten Reggaerhythmus, macht daraus einen Pogo-Punksong, dann eine Polka und beendet das Ganze als Chanson. Unmöglich, das zu beschreiben!

Das Line-Up bestand (anders als auf der letzten Live CD Bayonnarena) nur aus ihm selbst, Gitarre, Schießbude und Bass. Schon vor dem Konzert dachte ich mir „Hui, dieser Roadie hat eigentlich besseres verdient, als als Roadie zu arbeiten, so wie der spielt“ und wunderte mich darüber, dass viele ihm zujubelten, Naja. Der Roadie war der Drummer der Band, der einfach keinen Roadie braucht/hat/will. Das ganze übliche Getue mit den gefakeden Zugaben, die schon auf dem Zettel stehen, der vorher auf die Bühne geklebt wird, mit Licht an, Licht aus, ewigem Wartenlassen des Publikums, all das hat Manu Chao nicht nötig. Vor der letzten Zugabe gab es eine Beratung auf der Bühne, was man jetzt wohl spielen möge.

Die Jungs waren ganz offensichtlich total begeistert von diesem Publikum, spielen 80 Minuten in einer Hammergeschwindigkeit, dann rennt Manu von der Bühne, die anderen spielen weiter, gehen dann auch. Während das Publikum schon „Zugabe“ skandieren will, kommt er wieder und wirft gekühlte Wasserflaschen in das Publikum (ja, es war ziemlich warm!). Dann steht er alleine da vorne und klatscht mit und freut sich wie ein Kind, dann kommen die anderen wieder udn sie spielen weiter. Dreimal wollten die von der Bühne, sind aber nicht runtergekommen, weil das Publikum einfach weitergesungen hat, dann haben sie sich ihre Instrumente geschnappt und den jeweils letzten Song weitergespielt, dessen Refrain das Publikum noch skandierte. Die Wasserwerfnummer haben sie dann auch jedes mal gebracht.

Ich habe leider nie die Grateful Dead live gesehen, aber denen eilte ein ähnlich legendärer Live-Ruf voraus, wie heute Manu Chao. Ich habe die Karte auch deswegen ersteigert, weil ich das nicht so recht glauben wollte, was denen für ein Live-Ruf vorauseilte. ich krieche zu Kreuze!

Und wenn ihr all das nicht glauben wollt, dann glaubt mir nur, dass ich alter Sack 2 Stunden lang bei über 30 Grad rumgehüpft bin wie ein Schamane bei der Geisteraustreibung.

[/fanboy]

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