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20 Jahre Beatsteaks, 3. Juli 2015, Wuhlheide Berlin

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Ich steh auf
Leg mich gleich wieder hin
Es ist zu heiß, um es wirklich geil zu finden
Ein Schritt reicht, gleich tropft Schweiß vom Kinn
Pack mein Sack in Eis und da bleibt er drin
Die Stadt dreht ab, schreit nach Wind
Man ist platt, wenn man draußen Zeit verbringt
Alle Frauen halb nackt in tightem String
Wenigstens ein Fakt, von dem ich begeistert bin

Dickes B, an der Spree, der Winter tut gut, der Sommer tut weh. Die Sonne knallt, die Mülltonnen qualmen, unter den Linden heißt unter den Palmen.

37˚ In der Hauptstadt – und das Geburtstagskonzert „20 Jahre Beatsteaks“ in der Wuhlheide. Mehr geht nicht! (Außer vielleicht: Sich im Dezember schweren Herzens dagegen zu entscheiden, mal wieder extra für ein Beatsteakskonzert nach Berlin zu reisen, dann zufällig doch zum Zeitpunkt des Konzertes in der Hauptstadt zu sein und noch Tickets zu ergattern).

Mit Open Air Konzerten ist das ja immer so ein Vabanquespiel. Man kauft üblicherweise Monate vorher ein Ticket und malt sich ein tolles Konzert bei sommerlich lauen 27˚ aus, um dann mitten im Juli bei 4˚ und Dauerregen knietief im Morast zu frieren (fragt mich mal bei Gelegenheit nach AC/DC im Olympiastadion…). Dass bei einer so stabilen Schönwetterlage, wie sie sich derzeit über der Republik festgesaugt hat, auch noch ein Freiluftkonzert stattfindet, ist so etwa wie ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl.

Und dann die Wuhlheide! Berlin ist ja in der privilegierten Situation, alles doppelt zu haben. Da war die Mauer mal für was gut. Zwei Unis, zwei Opern, zwei Zoos und zwei Amphitheater: Die Waldbühne (22.000 Plätze) und die Wuhlheide (17.000 Plätze) und als Sahnehäubchen oben drauf, eine Nummer kleiner, aber ebenso charmant, noch die Zitadelle Spandau (10.000 Plätze). Deutschlandweit gibt’s da nur noch die Loreley (offensichtlich konnten die Nazis brauchbare Venues für Open Air Konzerte bauen). In Großstädten wie München, Hamburg oder Köln sucht man derlei hingegen vergeblich. Seit die Waldbühne 2009 vom Senat exklusiv an CTS Eventim verpachtet wurde, wurde sie hinsichtlich Quantität und Qualität der Konzerte von der Wuhlheide überholt. Der Oberschöneweider nörgelt auch nicht so viel am Konzertgeräusch herum, wie der Westender.

tldr; ? Die Wuhlheide ist geil!

Leider ist Oberschöneweide gastronomisch noch nicht so richtig entwickelt, so dass es einiger Recherche bedurfte, bis wir um die Ecke vom S-BHF Karlshorst das sehr empfehlenswerte Gundelfinger mit seinem kleinen Biergarten als Vorglühlocation entdeckten.

In der Wuhlheide angekommen, spielten bereits Wanda als Opening Act, da haben wir ganz offensichtlich nix entscheidendes verpasst. Auf der Bühne herumgockelnde Österreicher zu Mainstreamklängen – wer’s mag…

Als 2. Opener kam dann eine Band mit dem sperrigen Namen „AnnenMayKantereit“.

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Ich erwartete einen esoterischen Liedermacher mit Wuschelkopf und bekam stattdessen Gänsehaut. Drei Jungs aus Köln, Ton Steine Scherben für’s neue Jahrtausend. Der Sänger mit einer Stimme, die irgendwo zwischen Rio Reiser und Tom Waits liegt. Unglaublich, dass der erst Anfang 20 sein soll. Die Stimme ist jedenfalls Mitte Vierzig! Kommt auch nicht so oft vor, dass das Publikum von der Vorgruppe eine Zugabe fordert. Von denen wird man mit Sicherheit noch mehr hören.

Und dann endlich die Beatsteaks, oder „Die wunderbare Genesung des Arnim Teutoburg-Weiß“. Selbiger hat sich nämlich Ende Juni einen Bänderriss im Knöchel zugezogen, aber darauf verzichtet, die Tour abzusagen. Gemessenen Schrittes kam er am Gehstock auf die Bühne und setzte sich mit der Gitarre auf einen Barhocker.

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Beim zweiten Song war das mit dem Sitzen vorbei und er stand am Gehstock.

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Und nach dem zweiten Song flog der Gehstock in die Ecke and Arnim the Rampensau was back. Zum  beispiel auf der PA, oder rechts von der Bühne, oder links davon. Jedenfalls zu Fuß und ohne Gehhilfe. Das Adrenalin!

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Über diese wunderbare Symbiose aus Band, Geburtstag, Wuhlheide, Berlin, Wetter und Publikum nur soviel: Es war fantastisch! Da wurde spontan ein Happy Birthday vom Publikum angestimmt, die von Arnim geforderte La Ola hörte einfach nicht mehr auf, jeder Song wurde mitgesungen.

Ziemlich viel Pyro vor dem ersten Wellenbrecher und irgendwann ein zärtlich ins Mikro gehauchtes „Du da, mit der Fackel – ick liebe Dir“.

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Nach 1,5 Stunden dann das „offizielle“ Ende des Konzertes, aber die Band machte schon klar, dass sie gleich wiederkommen würden. Noch 2 Zugaben, die Rausschmeiß-Musik geht an, Arnim kommt nochmal auf die Bühne und meint trocken: „Um Elf drehnse uns hier den Strom ab, aber bis dahin rocken wir das hier“ und in der Tat, der letzte Song verklang um Punkt 22:59. Die Band blieb noch auf er Bühne, freute sich, hatte Spaß, winkte ins Publikum und verabschiedete sich mit den Worten: „Bis morgen abend hier – oder Übermorgen früh Beim Bäcker nebenan“. Ein Heimspiel eben. Ich beneide alle, die zum zweiten Konzert auch noch gehen konnten!

 

Kleine Orientierungshilfe für heimatsuchende Neuberliner

Diesen Beitrag schrieb ich vor einiger Zeit für eine Freundin, die nach Berlin zog. Vielleicht hilft er ja auch dem/der einen oder anderen Neuberliner(in) bei der Orientierung

Kieze sind in Berlin sehr wichtig. Berlin spiegelt die föderale Bundesrepublik in seinen Bezirken wieder. Jeder Bezirk hat so etwas wie einen eigenen Ortskern mit eigenen Geschäften, manchmal einer Fußgängerzone, oft einem Springbrunnen und gelegentlich den unvermeidlichen Malls. Innerhalb der Bezirke gibt es dann wieder Kieze, das sind so 3-4 Straßenblöcke mit einer eigenen Sub-Subkultur und mindestens 3 Eckkneipen mit Molle und Korn oder Futschi bis 13:00 für 1 Eur.

Bis auf die Bewohner der absoluten Innenbezirke fährt der Berliner „in die Stadt“, wenn er sich in einen der inneren Bezirke begibt, die Spandauer sind eigentlich keine Berliner und dokumentieren das damit, dass sie „nach Berlin“ fahren, sobald sie Spandau verlassen.

Folgender Farbcode soll Dir dabei helfen, Dich mal grundsätzlich zurechtzufinden, wobei Du immer im Hinterkopf haben musst, dass nicht der (farblich markierte) Bezirk, sondern der Kiez das eigentlich ausschlaggebende Kriterium ist. Jule wohnte z.B. im Wedding und fand es gut da, obwohl es eigentlich ein Problembezirk ist. Ich habe auch nicht genau die Bezirksgrenzen markiert, denn das nördliche „kreuzberger“ Neukölln Höhe Herrmannplatz ist eigentlich gut zum Wohnen, ebenso wie der ganz südliche und südöstliche Wedding.


Rot sind die „inner Circle“ Partybezirke. 1.000 Kneipen überall, viel Szene und Künstler und so, aber z.T. auch extreme Gentrifizierung und Juppiezuzug. Das merkt man leider an den Mieten! Mitte selbst ist eher Geschäftsbezirk, sehr zentral, die Mitte eben, aber nicht wirklich sexy. Prenzelberg ist die Partymeile für die Touristen. So eine Art zentraleuropäische Kao San Road. Die Szene zieht gerade wieder da weg, weil die Preise steigen. Oder um es mit Rainald Grebe zu sagen: „Die Mieten hier sind bezahlbar, denn ich kann sie ja zahlen“. Friedrichshain ist die Partymeile für die Einheimischen, gefällt mir sehr gut. Leider ist die Gentrifizierung aber dort auch schon In vollem Gange. Mein Favorit hier ist die Grenze zwischen Kreuzberg und Mitte. Südlich von der Museumsinsel. Friedlich, aber trotzdem ganz viel Infrastruktur. Alles in Fußnähe. Kreuzberg selbst finde ich nach wie vor sehr geil. Die Szene kehrt gerade wieder hierher zurück, weil die Mieten bezahlbar sind – Ich persönlich würde (wieder) nach Kreuzberg ziehen. Die Türken sind gut etabliert in der 3. Generation, tolle Kneipen. Kreuzberg unterteilt sich in 36 (mehr Szene) und 61 (etwas bürgerlicher).

Gelb sind die Problembezirke mit einer Tendenz zu abendlicher Straßenunterhaltung durch Messerstechereien. Dort ziehen gerne einmal marodierende Horden von Arabern (Neukölln) oder Glatzen (Marzahn) durch die Gegend. Da würde ich nicht hinziehen. Allerdings ist der nördliche Zipfel von Neukölln, den ich rot markiert habe, gerade dabei, in zu werden. Da kommt es jetzt sehr auf den richtigen Straßenzug an, wenn man da hinziehen will.

Hellblau sind die alten Westberliner Innenstadtbezirke, als noch die Mauer stand, ist die Szene in Kreuzberg gewesen und im hellblauen Bereich war das restliche Berlin unterwegs. Gutbürgerlich, Altbauwohnungen, Eckkneipen, Theater, Programmkinos, aber eben alles andere als „hip“. In Tiergarten sitzt die Regierung, entsprechend teuer kann es da sein. In Charlottenburg gibt es das KaDeWe, entsprechend wenige Parkplätze. Charlottenburg und Schöneberg sind die alte City, als noch die Mauer stand. Da gibt es tolle Altbauwohnungen, meist mit Alt-68ern bewohnt, die sich die Mieten da leisten können.

Zartrosa sind Wohnbezirke mit Infrastruktur. Relativ zentral, aber sterbenslangweilig. Ich bin zwar in Wilmersdorf geboren, würde da aber nicht wieder hinziehen. Im Musical „Linie 1“ gibt es ein schönes Lied über die Wilmersdorfer Witwen.

Hellgrün ist Pampa. Nada. Da kann man wohnen, aber ansonsten auch nicht viel. Speziell Reinickendorf und Pankow haben fast schon wieder dörfliche Infrastrukturen. Steglitz ist zum wohnen ganz OK, aber total nichtssagend. Tempelhof ist eher urban, so ein typischer lower middle class Wohnbezirk. Die nördliche Ecke von Tempelhof, der Zipfel zwischen Kreuzberg und Schöneberg ist allerdings ganz schön zum Wohnen.

Die FU liegt im hier dunkelgrün markierten Zehlendorf, genauer gesagt im sehr noblen Villenviertel Dahlem. Das ist ein sehr bürgerlich gutsituierter Bezirk, da wird immer CDU gewählt, dicke Autos, im Grunewald ist Holzauktion, Badeseen. Reiner Wohnbezirk. In Zehlendorf gibt’s nahe der Uni auch Studentenwohnheime, die ganz OK sind. In der Nähe der FU gibt es keine echte Szene. Du musst also als erstes mal die Entscheidung treffen, ob Du einen kurzen Weg zur Uni haben willst und dafür Abends etwas länger unterwegs bist, oder ob Du in der Szene wohnen willst und dafür etwas früher aufstehst. Die Verkehrsmittel in Berlin sind klasse, Du kommst also immer gut von Überall nach Überall hin.

Dann gibt es noch Spandau. Tja, Spandau. Vermeide Spandau einfach, außer zu den Open Air Konzerten in der Zitadelle.

In die Ost-Berliner Randbezirke würde ich nicht gehen. Zu denen kann ich auch wenig sagen, da bin ich zu selten.

Das ist jetzt natürlich alles sehr sehr grob. Du wirst in jedem Bezirk, sei er auch noch so gelb markiert, sehr schöne Ecken finden. Orientiere Dich grob an den vielen Parks, Kanälen und Plätzen. Da wohnt es sich sehr schön. Ich habe bspw. mal in Neukölln am Herrmannplatz gewohnt. Da zuckt erstmal jeder zusammen, aber das war direkt gegenüber vom Jahnpark, da würde ich jederzeit wieder hinziehen.

Meine Favoriten noch mal zusammengefasst: Kreuzberg, nördliches Neukölln, Friedrichshain, nördliches Tempelhof und Schöneberg. Viel Spaß beim Suchen!