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Stefan Dettl, Kongressgarten

Ich komme gerade von der Wiesn wieder. Nein – ich bin nicht zu spät dran, ich war im Kongressgarten, einer ziemlich zünftigen bayerischen Wirtschaft (die Augustinermaß 5,80) mit einer angeschlossenen kleinen (neudeutsch) Location, die normalerweise für Hochzeiten genutzt wird.

In selbiger kleinen Halle hat heute im Rahmen einer „Minitour“ Stefan Dettl mit einigen Mitmusikern gespielt. Dettl ist der Frontman von LaBrassBanda, einer Funk-Bavarian-Brass-Section, über die ich hier ja schon mehrmals lobend bis begeistert geschrieben habe. Die BrassBandas füllen mittlerweile 3-4 Abende am Stück den Cirkus Krone und treten in NY, Berlin und London auf. Zwar noch in Clubs, aber in Clubs, vor denen man sich dann die Füße plattstehen muss. Und die Bandas stehen kurz vor der Veröffentlichung ihres Dritten Albums und gönnen sich nach Auftritten zwischen Helsinki und Lenggries gerade eine kleine kreative Pause.

Aber was will ein 29-jähriger Vollblutmusiker mit einer kreativen Pause? The Good Die Young, da macht man besser was aus der kurzen verbleibenden Zeit. Das hat sich auch Dettl gedacht und ein Minisoloprojekt ins Leben gerufen. Das Lineup bestehet, anders als bei den eisenlastigen Brassisten aus Gitarre/Gesang (Dettl), Gitarre, Bass, Schießbude, ergänzt durch Posaune (der Posaunist der genialen Zigeuner aus dem Bayerischen Wald) und Trompete.

Das Konzert heute war eine Pre-Tour, die dem Einspielen der im Februar erscheinenden Erstlings-CD diente. Nach (angeblich) 20 Zuschauern in Berlin und einigen wenigen in Hamburg („die hom koa Wort verstondn“) war München ein Heimspiel, der Raum war pickepackevoll, das Publikum gemischt, aber einheitlich bestens drauf.

Eintritt 5 EUR, die Halbe 2,90, das Essen bestens und alles sehr entspannt – blendende Voraussetzungen für ein gelungenes Konzert – und das wurde es dann auch! Die zukünftige CD wurde mit einer hammermäßigen Energie eineinhalbmal vorgespielt (mia spuin ja grod erst zwoa Wochn zamm, do haperts no am Repertoire), man hat richtig gemerkt, wie viel Spaß die Bandmitglieder an der Interaktion miteinander und mit dem Publikum hatten. Überhaupt – das Publikum: Normalerweise vermeidet man ja besser Konzerte in München und geht ins Umland. Der Münchner konsumiert gerne grantelnd. Nicht so heute. Es wurde getanz, geklatscht, gejubelt, wie sonst nur auf der Hochzeit, wenns Brautpaar rausgetanzt wird. Man kannte sich aber wohl auch. Anwesend waren so schätzungsweise 300 Leute, viele standen nach dem Konzert mit Dettl und der Band beim anschließenden Augustiner am Thresen noch und quatschten. Junior hat sich ein Aushang-Plakat geschnappt, um sich die Autogramme der Bandmitglieder zu sichern. Alles sehr locker, sehr easy, sehr geil.

wer will schon auf Konzerte in der Olympiahalle oder im zenith, wenn man im kleinen Rahmen für weniger Geld so viel mehr Spaß haben kann?!

Ich lege mich mal fest: Der letzte Musiker, den ich vor dem großen Durchbruch live gesehen habe, nachdem er sich temporär für ein Soloprojekt von seiner alten Band verabschiedet hat, war Peter Fox. Dettl steht dem nichts nach! Wenn das Bayerische kein Nachteil ist, dann kommt der jetzt ganz groß raus!

Peter Fox, Muffathalle

Nun war er also endlich live da! Mr. Fox mit seinen Stadtaffen aus Berlin.

Einlass 18:30, Beginn 20:00. Wir waren 20:00 da. Die Vorgruppe (über die wir hier gnädig den Mantel des Schweigens decken), 3 Berliner Jungs mit trendigen 90er Jahre Eminem-Kapuzenjacken – 2 am Mikrofon, einer am Turntable – mit viel Yo Yo Yo und so, begann um 21:00. Einzig berichtenswert zu denen war ein Mörderbass, der einem den gesamten Körper in Schwingung versetzt hat.

Überhaupt sollte sich – das nehme ich hier einmal vorweg – der Sound als einer der besten Live-Sounds entpuppen, denen meine verwöhnten Ohren je gehört haben. Hut ab, die Tonmeister waren echte Künstler! Absolut transparent, laut, trotzdem nicht schmerzhaft und die Bässe, die BÄSSE! Wow!

Dann um 21:45 begann endlich PF. Im Hintergrund ein bedrohlich dreinschauender Gorilla

Besetzung: Fox/Gesang, 2 Backgrundsänger (male/fem.), 1 Co-Rap-Affe, Bass, Schlagzeug, 2 Synths, 4 Cold Steel Drumliner. Die Drummer haben eine sehr geile Show abgezogen. Absolut synchrone Bewegungen. Geniales Getrommel!

Wer den kaputten, bekifften Fox mit den schrägen Zähnen aus Seeed-Zeiten kennt (Vergleich: Shane McGowan in seinen besten Zeiten), der musste erstaunt darüber sein, wie clean, frisch und topfit er da auf der Bühne abging. Nicht umsonst heißt es in seinem ersten Track auf der CD „Das ist das Update, Peter Fox 2.0“…

Passend zu den Songs jeweils die Hintergrundbilder. Hier z.B. zu „Meine Stadt hat Fieber“

Wie ich schon in meiner Plattenvorstellung schrieb, halte ich „Schwarz zu Blau“ (die Stunde des Morgengrauens in Berlin wird beschrieben) trotz aller Brutalität für ein Liebeslied. Im Konzert kam es nach „ich Steine, Du Steine“, dem langsamen romantischen Song. Und ich wurde durch Fox bestätigt. Er kündigte es mit den Worten „und nun noch ein Liebeslied“ an!

Fox hat bislang nur eine Solo-CD veröffentlicht. Irgendwann, nach einer guten Stunde kam dann die Ansage, dass man mangels Material noch ein zwei Songs einer anderen geilen deutschen Band spielen müsste. Da kamen dann zwischendurch einige Knaller von Seeed wie „Aufstehn“ oder „Schwinger“. Trotzdem war es mit dem ersten Set bereits nach einer guten Stunde vorbei, wofür sich Fox dann auch artig entschuldigte. Er ließ sich dann aber nicht lang bitten und gab einige Zugaben.
Erst einmal ein Drum Auftritt. Sehr geil, nur Percussion

Zum Abschluss dann Alles Neu und das Dicke B von Seeed. Das Konzert war zu meinem Erstaunen komplett ausverkauft, die Muffathalle bis auf den letzten cm voll und das Publikum (übrigens deutlich älter als bei Farin U. – so um die 25-30) ging ab wie die wilde Luzi!

Alles in allem ein extrem gelungenes Konzert mit genialem Sound und einer geradezu erdrückenden Bühnenpräsenz.

Er kommt im März wieder auf Tour – diesmal ins Zenith. Karten habe ich schon bestellt! *dops*